Bochum-Wattenscheid. Aktion “Offene Gärten 2021“: Zwischen Seniorenzentrum und Schule liegt eine grüne Oase. Ulrich Rudzinski ist systematisch vorgegangen.

Die Umgebung ist ungewöhnlich, und doch schon schon wieder typisch für den Ballungsraum Ruhrgebiet. Eingebettet zwischen das Seniorenzentrum, die Realschule und den evangelischen Friedhof in Wattenscheid hat Ulrich Rudzinski sich eine Oase auf 400 Quadratmetern geschaffen. Mit Hilfe von Freunden, Fachleuten, und detaillierter Planung entstand einer der "Offenen Gärten" an der Graf-Adolf-Straße. Und von dieser aus kaum zu ahnen: Wattenscheid grüne Rückseite.

Der Ur-Wattenscheider Rudzinski, ein Bauingenieur, machte sich mit einem Freund und Kollegen ans Werk, den "reinen Spiel- und Tobegarten" für seine beiden Jungs - heute 21 und 22 Jahre jung - umzugestalten. "Alles gerodet", meint er schmunzelnd in Erinnerung an den Rundumschlag vor etwa vier Jahre, "so etwa von Mai bis September".

In Abstimmung mit den Nachbarn in Wattenscheid

Sieben Firmen hat er angesprochen, "alle hatten keine Zeit, da haben wir eben zu zweit fast täglich nach Feierabend und am Wochenende hier gewirbelt". Ein Gärtner kam dann doch noch, hat den Eingangsbereich gepflastert und den Rollrasen gelegt, auf die Gartengrenze kamen Beton-Fertigelemente. "Nach Abstimmung mit sechs Nachbarn", betont Rudzinski.

Die Abstimmung mit dem Grünflächenamt verlief allerdings nicht so reibungslos. "Einen ziemlich toten Birnbaum durfte ich erst 'mal nicht fällen: Ein Hochstamm, der wäre geschützt, hieß es." Als "Ausgleich" pflanzte er eine Glyzinie. Die hat den Vorteil, dass ihe Blätter so leicht und fein sind, dass das Laub im Herbst in einen einzigen Eimer passt.

Ausgewählte Pflanzen für jeden Standort

Die Pergola, auf der heute die Meisen aus der Nachbarschaft danach spähen, wo sie Blattläuse picken könne, sah die Stadtverwaltung zunächst als "genehmigungspflichtiges Bauwerk" an, bis Rudzinski durchbekam, dass es tatsächlich eine Rankhilfe sei.

Bei allen Elementen war Ulrich Rudzinski ganz wichtig, "altersgerecht und pflegeleicht" hat er sein Vorgehen ausgerichtet. So hat der Garten den ganzen Tag über sonnige oder schattige Plätze, und die Pflanzen sind nach eben diesen Vorgaben für ihren jeweiligen Standort ausgesucht.

Auch ein Plätzchen für Gemüse und Kräuter

So finden sich hier Rosen, Hortensien, Pampasgras oder eine riesige Kamelie, die sogar den strengen Winter überstanden hat, obwohl Rudzinski diesmal vergessen hatte, sie warm einzupacken. Das kleine Beet mit Erdbeeren, Gemüse und Kräutern hat auch sein Plätzchen.

Bei der Anlage und der Auswahl hat er Experten gefragt, "denn ich hab' nicht die Ideen", gibt er zu. Er hat schnell entdeckt, dass an Regentagen in Gärtnereien die Ansprechpartner eher Zeit zu Gesprächen hatten. So konnte er den Plan umsetzen, den Garten blickdicht zu gestalten und praktisch das ganze Jahr über immer Blühendes zu haben. Heimische Gewächse sollten es sein, "keine Exoten, kein Stress" war die Devise.

Wasser für die geflügelten Wächter

Den Teich hat Ulrich Rudzinski tief genug für seine Jungs zum Chillen und einige Goldfische angelegt. Der Wasserstein auf der höheren Ebene hinten, auf die gestalterisch alle Linien zulaufen, lockt Raben, Tauben, Drosseln, Finken und sogar Eichhörnchen an.

Die Kolkraben, die nebenan an der Schule in den Platanen nisten, verscheuchen außerdem den Reiher, der hier ein Auge auf die Goldfische werfen wollte. Außerdem bremst ihn ein Netz über dem Becken.

Hintergrund: Eine Idee aus England

Seit dem Jahr 1927 wird die Offene Gartenpforte in England praktiziert, um die Eintrittsgelder sozialen Zwecken zu spenden. "Dieser wunderbaren Idee folgen wir seit 16 Jahren", heißt es als Leitwort bei "Gärten an der Ruhr".

Verborgene Gartenschätze werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, und der Austausch unter Gartenfreunden ist stets fruchtbar. Inspiration, Tipps, Pflanzen, nette Menschen oder einfach nur einen Ausflug ins Grüne und bestimmt noch vieles mehr, das ist das Reizvolle an der Aktion Offenen Gartenpforte.

Trotz aller Widrigkeiten konnten 2020 durch die Gartenöffnungen Spenden von 7.800 Euro für gemeinnützige Zwecke gesammelt werden. In bisher 18 Jahren "Offene Gartenpforte - Gärten an der Ruhr" beläuft sich die Summe auf 115.334 Euro.