Wattenscheid. . Ehrenamtliche kümmern sich um drei Wegekreuze in Wattenscheid. Die Kreuze spenden Trost und verbinden Menschen. Einst haben sie Pfade gewiesen.
Sie laden ein zum Innehalten, zur Besinnung. In besonders schweren Zeiten spenden sie Trost, sind Orte des Gebets, der Bitten. Andere wiederum sind Zeichen des Gedenkens an Verstorbene. Nicht selten sind die teils gut sichtbaren, teils versteckten Symbole verknüpft mit Sagen oder kennzeichneten früher Wallfahrts- und Prozessionspfade. Wegekreuze berühren und beschäftigen auch in Wattenscheid auch heute noch Bürger, die sich ehrenamtlich seit Jahren um ihre Erhaltung kümmern.
Funktion als Wegweiser
Während heutzutage die Funktion als Wegweiser in den Hintergrund getreten ist, bringen die Flurkreuze aufmerksame Menschen nach wie vor zusammen. So zog Bernd Albers – seit fast 60 Jahren fest mit der Propsteikirche St. Gertrud verbunden – während der großen „Stadtputz“-Aktion spontan alleine los, um drei Wattenscheider Wegekreuze (Im Steinhof, Bußmanns Weg, Ridderstraße) und die Barbara-Grotte (Lyrenstraße) zu säubern – und fand dabei Gleichgesinnte: „Ich habe Blumen gerade gestellt, kaputtes Glas und leere Flaschen weggeräumt. Zum Glück war nicht viel vorhanden, dafür habe ich aber Kontakt zu den Leuten gefunden, die regelmäßig kontrollieren.“
Früher schmückten die Ordensschwestern das Kreuz
Seit 21 Jahren hält Anwohnerin Gertrud Hülsheger (84) das Sandstein-Kreuz „Im Steinhof“ in Ordnung und die Geschichte lebendig: „Das Kreuz wurde 1814 errichtet und diente der Gemeinde St. Gertrud viele Jahre bei der Fronleichnamsprozession. Früher kamen die Ordensschwestern des Waisenhauses und schmückten es aus.“ Dann aber übernahmen die Nationalsozialisten die Macht, der Zweite Weltkrieg brach aus: „Im Dritten Reich wurde alles verboten.“ Während der Bombenangriffe spendeten die Kreuze dennoch Kraft, berichtet Albers: „Die Menschen sind bei Alarm vorbeigegangen, legten eine kurze Ruhephase auf ihren Wegen zu den Bunkern ein.“
Botschaft ist zu entziffern
Der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) sei es zu verdanken, dass noch heute das Wegekreuz – laut Gertrud Hülsheger eines der ältesten Wattenscheids – steht: „Sie haben es wieder instand gesetzt, sorgten für das Umfeld. Nur die Inschrift des Sockels konnte man kaum noch lesen.“ Wer genau hinschaut, sich die Zeit nimmt, der kann die Botschaft wieder entziffern: „Gedenck an Cristi Leiden und Sterben und Bete für oben Benannten und Verwanten“, ist dort in alter Schreibweise in Stein gemeißelt.
Kreuz unter Denkmalschutz stellen
Gertrud Hülsheger erzählt, dass es Freiherr Levin Wilhelm Wenge zu Beck, einst Domkapitular von Münster, war, der das Prozessionskreuz vor über 200 Jahren stiftete. Nach dem Tod ihres Mannes Hermann Hülsheger 1998 übernahm sie die Pflege, setzt seitdem Pflanzen, entfernt Unkraut rund um den Sockel, stellt Kerzen auf. Das werde sie solange machen, wie es die Gesundheit zulasse, sagt Hülsheger.
Einen Wunsch hegt die aktive 84-Jährige allerdings: „Zusammen mit dem Heimat- und Bürgerverein Wattenscheid und der UWG haben wir versucht, das Kreuz unter Denkmalschutz zu stellen. Leider bislang ohne Erfolg.“
Pflege ist Familientradition
Familiäre Tradition ist bei den Dreppers die Pflege des Wegekreuzes am Bußmanns Weg. Bereits seit Jahrzehnten, in der zweiten Generation und natürlich noch zu Zeiten der ehemaligen Mühle, kümmern sich die alteingesessenen Wattenscheider um den Zustand der dortigen Landmarke – und wollen diese auch erhalten.
An der Ridderstraße ist es wiederum eine Bewohnerin, die seit vielen Jahren schon für das Kreuz sorgt. Auch sie traf Bernd Albers während des Stadtputzes und kam mit ihr ins Gespräch.
Kreuzgang an Karfreitag
Das Wege- oder „Hohensteinkreuz“, heute „Im Steinhof“ stehend, bildete einst eine der fünf Stationen der Fronleichnamsprozession, an der Gertrud Hülsheger häufig teilgenommen hat. Auch den ehemaligen „Kreuzgang“ am Karfreitag hat die Wattenscheiderin begleitet: „Der Kreuzgang wurde nach vielen Jahren eingestellt, das Kreuz wird aber weiterhin immer zur Osterzeit geschmückt.“