Wattenscheid-Mitte. . Historischer Altar der Alten Kirche wird endlich restauriert. 1694 kam er nach Wattenscheid. Die Kostbarkeit birgt bis heute ein Geheimnis.

Eingerüstet und ausgeleuchtet präsentiert sich der barocke Kanzelaltar in der evangelischen Alten Kirche. Seit dem 4. März wird das historische Bauwerk aufwendig restauriert. Dabei sind Geduld und Fingerspitzengefühl gefragt.

Der historische Kanzelaltar ist komplett eingerüstet.
Der historische Kanzelaltar ist komplett eingerüstet. © Ingo Otto

Behutsam, mit blauen Handschuhen und Pinsel, retuschiert Martina Kerkhoff das goldene Haar eines Engels. Zuvor wurde der 6,65 Meter hohe Altar „trocken gereinigt“, informiert die Restauratorin: „Staub und Spinnweben wurden entfernt, auch eine wässrige Reinigung durchgeführt, mit Wattestäbchen gearbeitet. Einige Bereiche haben wir wieder fixiert, Risse ausgespänt und gekittet.“ Ein Gemälde, das die Auferstehung zeigt, wird derzeit im Atelier „Kerkhoff und Vogel“ hergerichtet.

V.l.: Presbyter Klaus Martin Schmidt-Waldbauer, Rolf Czarnetzki (stellv. Kirchbaumeister Wattenscheid) und Pfarrer Frank Dressler sitzen vor dem Gerüst
V.l.: Presbyter Klaus Martin Schmidt-Waldbauer, Rolf Czarnetzki (stellv. Kirchbaumeister Wattenscheid) und Pfarrer Frank Dressler sitzen vor dem Gerüst © Ingo Otto

Kirche wurde im Krieg stark beschädigt

Die letzte Reinigung liege bestimmt schon „25 bis 30 Jahre zurück“, schätzt Rolf Czarnetzki, stellvertretender Baukirchmeister der evangelischen Kirchengemeinde Wattenscheid. „Das muss Ende der 1980er, Anfang der 1990er gewesen sein.“ Zudem vermutet Pfarrer Frank Dressler: „Restauriert wurde der Altar wahrscheinlich zuletzt Mitte der 1950er Jahre. Die Kirche wurde im Krieg stark beschädigt, die Fenster stammen etwa von 1957, so dass es in diese Zeit fallen könnte.“

Millimeter um Millimeter arbeitet sich Restauratorin Martina Kerkhoff voran.
Millimeter um Millimeter arbeitet sich Restauratorin Martina Kerkhoff voran. © Ingo Otto

Neben der Optik spielt auch die Statik eine Rolle. Presbyter Klaus Martin Schmidt-Waldbauer erklärt: „Uns ist aufgefallen, dass sich der Schalldeckel nach rechts neigte.“ Mit Mitteln des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe wurde ein Statiker beauftragt, der feststellte: „Der oberste Balken war vermodert, es wurden Risse gefunden. Daher wurde hinter dem Altar ein neuer Stahlträger angebracht.“ Rund vier Wochen werde die komplette Restauration dauern, so Martina Kerkhoff: „Die Arbeit ist sehr feinteilig. Wir setzen zum Beispiel da Punkte, wo die Fassung fehlt und das benötigt Geduld.“

Wattenscheider Geheimnis bleibt bestehen

Mit Geduld und kreativen Lösungen ist die evangelische Gemeinde in Wattenscheid jedoch seit jeher vertraut. Pfarrer Dressler blickt auf die Historie und zieht Parallelen: „1694 wurde der Kanzelaltar geliefert und zusammengesetzt, 1763 wurde aber erst die Kirche eingeweiht. Historiker gehen davon aus, dass er eine ganze Zeit woanders gestanden haben muss. Jemand sagte einmal, es werde wohl immer ein Wattenscheider Geheimnis bleiben, wo diese Kostbarkeit zeitweise verborgen war.“

Arbeiten sollen im April abgeschlossen sein

Der ev. Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid finanziert die Sanierung des Altars, der auf 1660/1670 datiert wird. Die Arbeiten sind denkmalschutzgeprüft und werden Mitte April abgeschlossen sein.

Das Bochumer Atelier Kerkhoff und Vogel ist im Bereich Denkmalpflege, für Museen, Kirchen und private Sammler tätig.

Zeugnis der Ruhrgebiets-Mentalität

Einsatz und Leidenschaft der evangelischen Gemeinde, die trotz ihrer Armut nicht aufgab, von 1676 bis 1763 fast 90 Jahre lang an der kleinen Kirche baute, die anfangs nur über einen Lehmboden verfügte, nennt Dressler „bemerkenswert und ein frühes Zeugnis der Ruhrgebiets-Mentalität. Umso schöner, dass es nun weiter geht.“