Wattenscheid. . Dienstältester Schauspielverein Wattenscheids hat eine reiche Geschichte. Aus dem „Freundschaftsbund Edelweiß“ wurde die „Laienspielgilde“.
Das waren noch Zeiten: Drei „Junggesellenbrüder“ namens Stiller beschlossen an einem frostigen Februartag, den „Freundschaftsbund Edelweiß“ zu gründen. An anderen epochalen Ereignissen des Jahres 1919 misst sich die heutige Volksbühne Wattenscheid nicht, und ausschließlich Junggesellen finden sich auch nicht in ihren Reihen. Zum runden 100. Geburtstag gibt sich der „dienstälteste Schauspielverein“ der Alten Freiheit jugendlich und frisch und schenkt sich selbst – und seinem Publikum – drei Komödien an einem Abend. Mit Dario Fo hat sie sich als Autor den Nobelpreisträger von 1997 ausgewählt.
Die Freunde der Kleinkunst waren begeistert
Schauplatz war damals die Gaststätte „Recke“ an der Schulstraße, die auch über eine Bühne für gut angenommene „bunte Theaterabende“ verfügte. Später wurde das „Haus Langenbeck“ daraus, heute ist dort das asiatische Restaurant an der Swidbertstraße. Die Freunde der Kleinkunst waren begeistert, kurz nach den Schrecken des Ersten Weltkrieges wieder gut unterhalten zu werden und die Mitgliederzahl unter den Laienschauspielern wuchs bis auf 120, 400 Förderer standen dahinter.
Der Verein gönnte sich eine wandlungsfähige Bühne mit Hilfe der Schreinerei Peters, damals in der Braugasse, und schuf in Eigenarbeit einen Fundus von Kostümen und Requisiten. Auf dem Programm standen Schwänke, aber auch Klassiker.
Ein vorläufiges Ende im Bombenhagel
Wie wohl alle Vereine hatte auch der Freundschaftsbund unter dem Nationalsozialismus zu leiden, wurde umbenannt in „Laienspielgilde Wattenscheid“, das Repertoire um Stücke, die nicht ins Bild des Regimes passten, bereinigt. Die Spieler selbst wurden zu „Kraft durch Freude“-Arbeiten an der Freilichtbühne und der Waldbühne rekrutiert. Alles fand ein vorläufiges Ende im Bombenhagel, der das Vereinslokal, den Fundus, Kulissen und Kostüme vernichtete.
Drei Aufführungen in der Widar-Schule
Aller guten Dinge sind drei: Die Volksbühne Wattenscheid bringt ihren 3-Komödien-an-einem-Abend dreimal, am Freitag, Samstag und Sonntag auf die Bühne der Widar Schule, Höntroper Straße 95. Und zwar am 8. und 9. März um 19.30 Uhr, am 10. März um 16 Uhr, Einlass ist jeweils eine Stunde vorher.
Karten für zehn Euro gibt’s im Vorverkauf in der Buchhandlung van Kempen, Saarlandstraße 7, und in der Podologischen Praxis Wieland, Schulstraße 30.
Auftrag, in der wieder aufgebauten Freilichtbühne zu spielen
Allerdings startete der Verein gleich 1945 als „Volksbühne“ neu und bekam von der Stadt Wattenscheid ab 1947 den Auftrag in der wieder aufgebauten Freilichtbühne zu spielen. „Wenn der Hahn kräht“ hieß die erste Komödie. Ab 1951 kam mit dem „Tapferen Schneiderlein“ das erste Märchen, mit dem „Rübezahl“ das erste Stück für die mittellosen Arbeiterkinder in den Sommerferien.
In die Vollen will die Volksbühne mit ihrem Jubiläums-Komödienabend in der Widar Schule gehen. „Gerade die Farcen und Possen von Dario Fo, zeitgenössischer Literatur-Nobelpreisträger, haben es uns mit ihren absurden Figuren angetan. Es geht deutlich frivoler, hintergründiger und bissiger zu, das macht uns einfach riesengroßen Spaß“, erläutert Regisseur Oliver Schnelker.
Kindertraum zum Beruf gemacht
Der Profischauspieler ist Mitbesitzer des NN-Theaters in Köln und hat seinen Kindertraum zum Beruf gemacht, kommt aber immer gern zu Produktionen der Volksbühne nach Wattenscheid zurück. Immerhin war seine Großmutter Anita Wenden bis zu ihrem Tod 2016 dienstältestes Mitglied seit 1947 und fast 70 Jahre aktiv. Und seine Eltern lernten sich sozusagen auf der Bühne kennen. Schnelker hatte seinen ersten Auftritt mit sechs Jahren und ging mit Anfang 20 zur Schauspielschule nach Köln.
Einakter, die es in sich haben
Die Stücke „Leichen verschickt man – Frauen ziehen sich aus“, „Der Dieb, der nicht zu Schaden kam“, und „Anstreicher sind vergesslich“, Einakter und damit Kurzkomödien, sind deftige Farcen und bestechen durch bissige Verwicklungen ins Absurde. Dario Fo sah im Volkstheater sein Mittel der Wahl als Ort klarer Worte und auch in seinem Kampf gegen die mafiöse und korrupte italienische Oberschicht.
In der Jubiläumsproduktion können sich die Zuschauer auf übertriebene Figuren, mordende Hausfrauen, Polizisten in wallenden Kleidern, Einbrecher und Hochstapler, Wahnsinnige und lebendig gewordene Wachsfiguren freuen.