Bochum-Wattenscheid. . Die 76-Jährige trug ihre Tasche am Rollator. Eine Frau schubste sie, plötzlich war die Geldbörse weg. Seitdem lebt die Seniorin in Angst.

Die Tasche hing fest an den Rollatorgriffen. In Windeseile wurde der Reißverschluss der Tasche geöffnet und die Geldbörse mit 85 Euro, Dokumente und Kreditkarte waren weg. Nennen wir sie Karin Müller, der richtige Name der 76-jährigen Frau ist der Redaktion bekannt. Sie war am Montagmittag in einem Geschäft im Gertrudiscenter unterwegs, wollte einen Kalender kaufen.

© Gerd Bertelmann

Kleidungsstück lag auf dem Rollator

„Ich hatte meine Hand die ganze Zeit an meiner Tasche. Zudem hing sie so, dass ich sie am Bauch spüren konnte. Eine sehr junge Frau suchte etwas an einem Ständer, eine andere kam plötzlich dazu“, sagt die Seniorin. „Dann wurde ich geschubst, ein blaues Kleidungsstück lag plötzlich über meinem Rollator und die zwei Frauen rannten weg. Es ging alles blitzschnell, ich hab’ das gar nicht begriffen.“

Polizei ruft auf: „Augen auf und Tasche zu“

Zumeist gehen Taschendiebe in Teams von mehreren Tätern arbeitsteilig vor. Dabei nutzen sie Tricks oder schlagen nach einem selbst verursachten Gedränge zu. Die Polizei warnt vor verschiedenen Tricks. Hier nur einige:

Beim „Rempel-Trick“ wird das Opfer, meist Frauen, im Gedränge angerempelt oder in die Zange genommen. Der „Drängel-Trick“ wird in Bussen oder Bahnen angewendet. Der Dieb rückt dicht an das Opfer heran, das ihm den Rücken zuwendet und so die Tasche „griffbereit“ anbietet. Beim „Geldwechsel-Trick“ wird das Opfer gebeten, eine Münze zu wechseln. Wenn das Opfer die Geldbörse zieht und das Münzfach öffnet, wird es vom Täter abgelenkt, der die Banknoten heraus nimmt.

Sie wollte noch hinterherlaufen

Karin Müller merkte, dass die Tasche geöffnet war, wollte den Frauen hinterherlaufen, „was natürlich nicht funktioniert, weil ich gehbehindert bin.“ Geistesgegenwärtig ging die Seniorin sofort zur Sparkasse auf der Oststraße, ließ ihre Kreditkarte sperren und machte sich dann auf zur Polizei, um Anzeige zu erstatten. „Dann bin ich ins Rathaus gegangen, wo meine Tochter arbeitet. Sie hat den Schlüssel für meine Wohnung.“

Psychisch und nervlich am Ende

Die Tochter habe sie in den Arm genommen und beruhigt. „Aber sie hat auch ein bisschen geschimpft.“ Denn: Bereits im vergangenen Jahr ist Karin Müller unter ähnlichen Umständen in Gelsenkirchen, Nähe Musiktheater, bestohlen worden. Sie gibt zu: „Auch da hatte ich die Tasche an den Rollatorgriffen hängen.“ Karin Müller: „Der materielle Schaden ist noch zu verkraften, aber psychisch und nervlich bin ich am Ende. Ich fühle mich auch in meiner Wohnung im Moment nicht so ganz sicher.“

Polizei bietet Information besonders für Senioren

Wie sich vor allem ältere Menschen vor Trickdiebstählen und Trickbetrügen schützen können, ist beim Kommissariat Kriminalprävention/Opferschutz der Polizei unter Telefon 0234 / 909 4040 zu erfahren.

Unter der gleichen Rufnummer können auch Termine mit den Seniorensicherheitsberatern vereinbart werden.

Für die Polizei ein typischer Fall

Von einem „ganz typischen Fall“ spricht Polizeisprecher Volker Schütte. „Die Tasche am Rollator oder im Einkaufskorb sind wie eine Einladung für den Trickdieb. Die Senioren sind wehrlose Opfer. Und da gibt es mittlerweile auch keine Ganovenehre mehr.“ Er weiß, dass die Trickdiebe sehr fingerfertig und flink sind. „Es gibt lange schon eine Art von Trainingslagern, die auch im Ausland liegen können, wo solche Diebstähle geübt werden.“ Die Masche des Anrempelns und Schubsens sei üblich. „Das Opfer wird abgelenkt, verwirrt und ist damit so gut wie wehrlos.“