Wattenscheid. . Mit einer Fachtagung will die Awo lokale Unternehmer und Zugewanderte näher zusammenbringen. Großbäckerei-Mitarbeiter berichtet aus der Praxis.

Zukunftsperspektiven für Geflüchtete in lokalen Unternehmen: Um Arbeitgebern die Bedenken zu nehmen, Flüchtlinge zu beschäftigen, haben Bobeq, die Beschäftigungs-und Qualifizierungsgesellschaft der Awo, und das Netzwerk-Projekt „Zukunft plus“ eine Fachtagung im Tryp-Hotel in Wattenscheid angeboten. Rund 80 Unternehmen und Flüchtlinge, die den Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglicht oder gefunden haben, nahmen daran teil.

In Zahlen: Rund 8000 Menschen hat die Stadt seit 2015 aufgenommen. Etwa 6000 von ihnen haben mittlerweile einen gesicherten Aufenthaltsstatus, 2000 sind in Bochum bisher nur geduldet. Das bedeutet, dass sie Arbeit suchen, aber ohne Aufenthaltstitel wenig Chancen haben. Mustafa Calikoglu (Awo): „Die Betriebe sagen, dass sie Leute brauchen. Hat jemand aber nur eine Duldung, muss er warten. Es fehlt die Berechtigung zu arbeiten. Wenn die Menschen einen Job nachweisen können, gibt ihnen das Ausländerbüro eine Aufenthaltsgenehmigung auf Probe.“ Calikoglu kritisiert: „Die Behörden müssen ihren Ermessensspielraum in Anspruch nehmen. Das tun sie aber nicht immer.“

Aus der Praxis berichtet Erhan Göktan von der Bäckerei Bereket.
Aus der Praxis berichtet Erhan Göktan von der Bäckerei Bereket.

„Vorrangprüfung abschaffen“

So gelte in Bochum, anders als etwa im Ennepe-Ruhr-Kreis, die Vorrangprüfung. Das bedeute, so erklärt Constanze Steinweg, Koordinatorin des Projekts „Zukunft plus“ (für den Ennepe-Ruhr-Kreis, Herne und Bochum), dass „in Bochum Arbeitssuchende aus Deutschland oder Zugewanderte aus EU-Staaten vorgezogen werden. Die Vorrangprüfung sollte in Bochum abgeschafft werden“.

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Barrieren überwinden

Aus der Praxis berichtete Erhan Göktan, Kaufmännischer Leiter der Bäckerei Bereket (Jahresumsatz rund 40 Millionen Euro), die ihren Hauptproduktionsstandort in Wattenscheid unterhält. Bei Bereket arbeiten insgesamt 395 Mitarbeiter aus 21 Nationen. 50 Prozent kommen aus der Türkei, 20 Prozent sind Deutsche, der Rest kommt aus vielen unterschiedlichen Ländern wie den Niederlanden, Ghana oder Syrien. Göktan: „Wir versuchen, Flüchtlinge in die Arbeitswelt zu integrieren.“ Dazu seien viele Behördengänge nötig, hier helfe die Awo als Betreuer. Sei die Arbeitserlaubnis dann erteilt, gelte diese immer nur für kurze Zeit, meistens für ein Jahr. Göktan: „Viele Flüchtlinge könnten in Arbeit vermittelt werden. Das Kernthema ist, wie Barrieren zu überwinden sind, um Integration hinzukriegen.“

Das Awo Centrum-Cultur hat für „Zukunft plus“ seit 2016 rund 300 Beratungen durchgeführt. Flüchtlinge konnten unter anderem ins Kolpinghaus Höntrop oder in den CMS-Seniorenstift Höntrop vermittelt werden.

Vernetzung spielt wichtige Rolle

Das Netzwerk „Zukunft plus“ verzeichnet in diesem Zeitraum über 1000 Beratungen und weist eine Vermittlungsquote von 23 Prozent in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen auf. Der Löwenanteil von 63 Prozent der Zugewanderten nimmt an Deutschkursen teil oder absolviert Praktika in Betrieben. Die Vernetzung der Betriebe mit „Zukunft plus“ spiele eine wichtige Rolle bei der Integration und der Arbeitsplatzbeschaffung für Flüchtlinge, so Projekt-Koordinatorin Constanze Steinweg. „Auch die Arbeitgeber können uns kontaktieren und auf unsere Kontakte zurückgreifen.“

Mustafa Calikoglu (Awo): „Durch solch eine Fachtagung wollen wir vor allem Unternehmer ermutigen, Zugewanderten eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben.“