Er trug den Namen Wattenscheid weit über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus in alle Welt, und doch blieb er stets dem kleinen Sprengel, in dem sein kometenhafter Aufstieg begonnen hatte, treu. Klaus Steilmann ist in der Nacht zum Samstag im Kreis seiner Familie gestorben.

Er sei friedlich eingeschlafen, teilen seine Angehörigen mit.

Alle Verdienste Klaus Steilmanns in Worte kleiden zu wollen, hieße, Eulen nach Athen zu tragen. Dass ihn zahlreiche Menschen schlicht und einfach „Boss” nannten, war Ausdruck tief empfundenen Respekts vor einem Zeitgenossen, der stets vorlebte, was er anderen abverlangte. Für ihn gab es stets nur ein klares „Ja” oder „Nein”, kein zögerliches „Vielleicht”. Und so hat Klaus Steilmann, der zwar stets ein moderater, aber nie ein bequemer Gesprächs- und Verhandlungspartner war, mit seiner ausgesprochenen Gradlinigkeit, mit Zähigkeit und ungeheurem Fleiß in Wirtschaft, Sport und Gesellschaft einiges bewegt und viel voran gebracht. Dafür schuldet ihm nicht nur die Wattenscheider Bürgerschaft Dank.

Mit drei Nähmaschinen angefangen

Wenn der „Boss” in gemütlicher Runde ins Plaudern kam, erinnerte er sich immer wieder gerne an die drei legendären Nähmaschinen, mit denen er 1958 den Grundstein für ein Textilunternehmen gelegt hatte, das zum global player aufstieg. In Spitzenzeiten beschäftigte Steilmann 18 000 Menschen im In- und Ausland und erreichte Milliarden-Umsätze. Mit dem Motto „Mode für Millionen, nicht für Millionäre” schrieb Klaus Steilmann eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht.

Treue zum Standort führte mit zum Verhängnis

Die Krise in der europäischen Textilbranche erfasste das an der Feldstraße beheimatete Unternehmen vor zehn Jahren. Dem steilen Aufstieg folgte ein jäher Fall, zum Teil begründet durch Steilmanns Treue zum Standort Deutschland mit relativ hohen Lohn- und Produktionskosten. Die Massenentlassungen, die nicht mehr zu vermeiden waren, trafen den Modemacher bis ins Mark. „Das hat mich tief geschmerzt”, sagte Klaus Steilmann kurz vor Vollendung seines 80. Lebenjahres.

Manches ging ihm gegen den Strich

2006 übernahm der Radici-Konzern das kurz vor der Insolvenz stehende Unternehmen. Auf den nun bevor stehenden Umzug der Firma nach Bergkamen reagierte der Boss mit Unverständnis. Das ging ihm gegen den Strich, auch das tat ihm weh.

In den 70er Jahren stellte sich Klaus Steilmann mit an die Spitze der Eingemeindungsgegner, wie kaum ein anderer personifizierte er als Vorsitzender der Aktion „Bürgerwille” den Protest der Wattenscheider Bevölkerung gegen die drohende und dann 1975 vollzogene Zwangsehe mit der Großstadt Bochum.

Gertrudispreis für den Eingemeindungsgegner

Kauzig und widerborstig dokumentierte der „Boss” seinen Unwillen, indem er seine Fahrzeuge mit dem Essener Kennzeichen „E” ausrüstete. Der Heimat- und Bürgerverein (HBV) würdigte den „Selbstbehautungswillen und das Wattenscheider Selbstbewusstsein” des Unternehmers 1966 mit der Verleihung des Gertrudispreises.

Auch kleinen Leuten schenkte er Gehör

Das Wattenscheider Sportgeschehen ist über die SG 09 und den TV 01 untrennbar mit dem Namen ihres Mäzens Klaus Steilmann verbunden. Soziales Engagement und die Förderung der Jugend waren ihm stets ein Herzensanliegen; auch kleine Vereine, Menschen, die unverschuldet in Not geraten waren, fanden bei ihm Gehör und bekamen seine Unterstützung.

Klaus Steilmann, der Weltbürger aus Wattenscheid, blieb bis zu seinem Tod mit beiden Beinen fest auf dem Boden seiner Heimat. Er wird uns und vielen anderen fehlen.