Zehn Jahre? 15 Jahre? Schwer zu sagen, um wie viel jünger diese kernige Frau aussieht. „Die Rosi”, wie sie von allen genannt wird, muss das Geheimnis der ewigen Jugend entdeckt haben. 72 soll dieses Prachtexemplar sein. Glauben mag man's nicht.

„Stimmt aber!”, lacht Rosi Kirchhoff und strahlt wie die Sonne, die an diesem Nachmittag in den Saal an der Voedestraße blinzelt. Die, nun ja, Seniorin hat wieder Heimspiel: Als Erfinderin und Leiterin des DRK-Spieletreffs freut sie sich über zwölf Mitspieler, die trotz des herrlichen Wetters den Weg zum Deutschen Roten Kreuz gefunden haben.

Spielerisch, so meint man Rosi Kirchhoff anzusehen, hat diese Powerfrau ihr Leben gemeistert. „Von wegen”, widerspricht die gebürtige Gelsenkirchenerin. Tränen füllen ihre gerade noch fröhlichen Augen, als sie von den Rück- und Schicksalsschlägen erzählt.

Ein Rückschlag: Das war das Scheitern ihrer 1959 geschlossenen Ehe; fortan brachte sie ihre vier Kinder (heute 50, 49, 47 und 47) alleine durch.

Ein Schicksalsschlag: Das war die lebensbedrohliche Erkrankung, die sie vor Jahren heimsuchte und die „Gott sei Dank” überwunden scheint.

„Es gab wahrlich schwere Phasen. Aber auch in den dunkelsten Momente habe ich versucht, dem Dasein etwas Positives abzugewinnen und mir quasi selbst in den Allerwertesten getreten. Mein Motto: Es geht immer weiter!”, ruft Rosi Kirchhoff – und findet ihr ansteckendes Lachen wieder, als sie von ihrem großen Glück kündet. Die vier Kinder: „alle großartig.” Die sechs Enkel: „eine helle Freude.” Das vielleicht größte Glück: ihr zweiter Ehemann Klaus, mit dem sie vor einem Monat Silberne Hochzeit feierte. „Einen besseren, liebevolleren Partner kann man sich nicht wünschen. Wir führen noch immer eine superglückliche Ehe – obwohl, vielleicht weil er neun Jahre jünger ist.”

Ihre Lebensfreude und Dankbarkeit gibt Rosi Kirchhoff allzu gern weiter. Nach einem Aufruf in der Zeitung ist sie seit 15 Jahren begeisterte Seniorentänzerin und leitet beim Roten Kreuz zwei Tanzgruppen. Gleichfalls unter dem DRK-Dach gründete sie vor eineinhalb Jahren den Spielenachmittag für Senioren. Von Kniffeln bis „Mensch ärgere dich nicht”: Ein heimisches Fachgeschäft leistete Starthilfe und stellte verschiedene Gesellschaftsspiele zur Verfügung. Die werden bei den Mittwochs-Treffen (ab 15.30 Uhr) an der Voedestraße bis heute rege genutzt. Bis zu 20 Mitspieler kommen zusammen.

Klar, dass auch Kaffee, Kuchen und ausgiebiges Klönen dazu gehören. „Viele von uns pflegen über das Treffen hinaus regen Kontakt. Das ist ganz wichtig: Die meisten Senioren sind doch allein”, betont Rosi Kirchhoff, die bei den Spielenachmittagen auf die Mithilfe ihres Göttergatten Klaus und ihrer Tochter Barbara Vona (46) zählen kann.

Stricken und Reisen sind die weiteren Hobbys der Wattenscheiderin, die sich mit ihrem Mann in einer Seniorenwohnung an der Vogelstraße wohl fühlt. „Ich weiß aus eigener, leidvoller Erfahrung: Alles kann von jetzt auf gleich vorbei sein”, sagt Rosi Kirchhoff nachdenklich. „Gerade deshalb genieße ich das Leben, so lange es geht.” Mit – siehe oben – gefühlten 62, besser 57 Lenzen hat sie hoffentlich noch viele Jahre Gelegenheit.