Das Interesse lässt mit der Zeit nach. Dann gehen Eltern nicht regelmäßig zu den kostenlosen Vorsorgeuntersuchungen.
Marl. „Es geht um eine gesunde Zukunft der Kinder", sagt Dr. Jo Herbst, Chefarzt der Geburtshilflichen Station der Marler Paracelsus-Klinik. „Und nicht um eine Kontrolle der Eltern." Doch das Kindernetzwerk „Marlekin" ist in der Tat beides: Hilfestellung und Aufsicht.
Während die ersten Vorsorgeuntersuchungen großes Interesse bei den jungen Müttern (und Vätern) finden, geht das ab „U 3" dann schon zurück. Zum Bedauern der Hebammen und Kinderärzte: Je früher ein Defizit erkannt werde, um so eher könne man helfen. Und: Es gibt Probleme, die nur in einem bestimmten Zeitfenster korrigierbar sind – oder für den Rest des Lebens bleiben.
Manche Eltern aber gehen nicht regelmäßig zu allen zehn kostenlosen Früherkennungsuntersuchungen bis hin zur Einschulung. Die einen aus Vergesslichkeit, Nachlässigkeit, Gleichgültigkeit. Andere aber auch, um ihre Kinder gezielt der Untersuchung zu entziehen. Letzteres wird schwierig. Denn seit Januar 2009 hat das Land eine Positiv-Meldepflicht für alle Kinderärzte und Hausärzte eingeführt. Ein neues Landesinstitut (Liga) gleicht die Meldungen mit den Melderegistern der Städte ab und erinnert die Eltern. Reagieren diese nicht, dann wird die Information an das Jugendamt weitergegeben. Auch dieses mahnt an. Und dann kommt man kurzfristig und unangemeldet bei den Eltern vorbei. Dr. Herbst: „Man ist dann auch schon mal erschrocken, was man dann vorfindet."
Das Marler Kindernetzwerk hat sich schon lange mit der Frage befasst, wie man die jungen Eltern erreichen kann, erklärt Jugendamtsleiter Volker Mittmann. Die Stadt hat eine Information zusammengestellt, dazu gehört insbesondere ein ausführlicher praktischer Ratgeber „Gesund groß werden". Und das Angebot, die Eltern zu Hause zu besuchen und ihnen Hilfe zu geben und Fragen zu beantworten. Um diese Aufgabe zu bewältigen, fahren die Mitarbeiter einen von Unternehmern gesponserten Pkw. Vier bis sechs Wochen nach der Geburt gibt es diesen „Begrüßungsbesuch". Nach acht Wochen biete das Gesundheitsamt des Kreises nochmals Beratung und Unterstützung an.
Diese Hilfe gibt es über Jahre in Form der Untersuchungen – inzwischen bis zur „U 10". Das sind dann die 12- bis 15-Jährigen. Hier geht es auch schon um Rauchen, Drogen, Gewichtskontrolle und Sexualaufklärung. Dafür haben Marler Gynäkologen spezielle Jugendsprechstunden eingerichtet.
Doch bislang bricht über die Jahre das Interesse stark zusammen, bedauern die Mitglieder von „Marlekin".