Recklinghausen. Ihn kennt das Publikum als einarmigen Kommissar Tauber aus der TV-Serie „Polizeiruf 110”, sie aus zahlreichen Fernsehspielen. Seit über 25 Jahren sind Franziska Walser (57) und Edgar Selge (61) miteinander verheiratet. Jetzt steht das Schauspieler-Paar gemeinsam auf der Bühne.

Am Pfingstsonntag und -montag sprechen sie bei den Ruhrfestspielen Rainer Maria Rilkes „Duineser Elegien”. Vorher sprach WAZ-Redakteurin Elisabeth Höving mit dem Künstlerduo.

Herr Selge, Sie standen schon vor zwei Jahren als „Faust” auf der Festspielbühne. Sie noch nie, Frau Walser.

Walser: Nein, und ich habe mich ganz schön erschrocken, als ich die jetzt zum ersten Mal sah. Das ist ein wirklich großer Raum. Wir werden darum mit Mikroport arbeiten, damit wir uns ganz auf den Text konzentrieren können.

Selge: Und ich komme gerne hierher zurück. Zuletzt war ich vor zwei Jahren mit dem „Faust” hier. Die jetzige Veranstaltung empfinde ich als deutlich riskanter. Wir lesen ja nicht, wir sprechen.

Warum ausrechnet Rilkes schwierige Duineser Elegien?

Walser: Das ist ein Text, der eine Gegenwelt beschreibt. Rilke schafft einen geistigen Raum für Angst und Verzweiflung, er setzt sich mit so elementaren Themen wie Tod, Leben, Sterben, Leere und den Sinn des Lebens auseinander. Es tut mir einfach gut, mich mit diesem Text auseinanderzusetzen und ich denke, das könnte auch anderen genauso gehen.

Selge: Rilke, das ist einfach herrliche Sprachkunst. Kein Gedanke, keine Formulierung ist allgemein oder unverbindlich. Man ist auf jedes Wort, jedes Bild angewiesen. Rilke hat die großen Sinnfragen des Lebens in freien Rhythmen in eine Sprachform gebracht. Mir geht bei diesen Zeilen das Herz auf.

Eine schwierige Aufgabe für den Zuhörer?

Selge: Das ist sicherlich ein Angebot an Menschen, die Sehnsucht danach haben, sich mit den Grundfragen des Lebens auseinander zu setzen. Der Text öffnet sich über die Emotionalität, über Assoziationen. Von den zehn Elegien werden ich die mit den ungeraden, Franziska die mit den geraden Zahlen vortragen.

Walser: Der Text ist durchaus leichter zu verstehen, wenn man ihn spricht. Diese Elegien sind wie ein Brühwürfel. Beim Sprechen öffnet löst sich der Extrakt auf, öffnet sich. Beim Sprechen erdet man den Text.

Wie haben Sie sich auf dieses Projekt vorbereitet?

Walser: Wir beschäftigen uns bereits seit einem Jahr mit den Elegien, haben viel Sekundärliteratur gelesen. Wir werden im Anschluss an Recklinghausen mit diesem Programm auf Tournee gehen, unter anderem nach München, Wien, Prag. Auch Rilke war ja ein Reisender. Dabei werden wir von einem Kamerateam begleitet, das einen Dokumentarfilm drehen wird.

An welchen Dingen arbeiten Sie neben Rilke?

Walser: Ich drehe gerade in Köln an einem Fernsehkrimi, in dem ich eine Querflötistin spiele. Der Dirigent des Orchesters wird ermordet, mehr darf ich noch nicht verraten.

Selge: In diesen Tagen läuft gerade mein neuer Kinofilm „Im nächsten Leben” an. Dort spiele ich einen Sensationsreporter, einen sehr verschlossenen Typen aus der ehemaligen DDR, der unter starkem Erfolgsdruck steht. Außerdem habe ich gerade den WDR-Film „Der verlorene Vater” abgedreht.

Und Sie engagieren sich auch noch im Verein Basta.

Walser: Ja, das ist ein Verein gegen die Diskriminierung psychisch kranker Menschen. Die brauchen unsere Solidarität.

Selge: Und ich bin in meinem Beruf ja selbst ein psychologischer Grenzgänger.