Bochum. .

Für den Tod des Geflügelgroßhändlers Klaus Kandaouroff aus Datteln müssen sich jetzt drei Angeklagte vor dem Schwurgericht in Bochum verantworten. Die Männer wollten den Millionär laut Anklage ausrauben. Dann habe sich der tödliche Schuss gelöst.

Als Kellner in einem Restaurant in Haltern am See kannten ihn viele. Da war Mladen P. freundlich und auch zu Scherzen aufgelegt. Auf der Anklagebank vor dem Schwurgericht in Bochum erlebt man den Mann im dunklen Sakko eher schweigsam. Der 43-jährige Kroate, der 46 Jahre alte Michael M. aus Schermbeck und Volker H. (47) aus Haltern müssen sich seit gestern für den gewaltsamen Tod des 80 Jahre alten Geflügelgroßhändlers und Hoteliers Klaus Kandaouroff verantworten.

Die Täter blieben fast ein Jahr unerkannt

Es war der 29. Mai 2010, etwa 22.30 Uhr. Da soll Mladen P. laut Anklage den verhängnisvollen Schuss abgegeben haben. Er und seine Komplizen wollten den Millionär ausrauben, ihn vor seiner Villa in Datteln überwältigen und ihn zwingen, den Safe zu öffnen, so Oberstaatsanwalt Dieter Justinski. Doch soweit ist es nicht gekommen. An der Tür hätten der Kroate und Michael M. den ahnungslosen 80-Jährigen abgefangen, während Volker H. im Auto wartete. Mladen P. habe dem Geschäftsmann die Pistole an den Kopf gedrückt, wollte ihn offenbar in die Wohnung zwingen. Dabei habe sich ein Schuss gelöst. Klaus Kandaouroff starb noch vor seiner Haustür. Die mutmaßlichen Täter flüchteten, blieben fast ein Jahr lang unerkannt.

Sie lebten weiter, als wenn nichts geschehen wäre. Michael M. arbeitete in einem Erziehungsdienst der Jugendhilfe in Marl. Volker H. hing in der Seestadt seinen Träumen nach, wollte einen Motorradtreff aufbauen und ein Muster-Fachwerkhaus bauen. Überhaupt führte er ein bewegtes Leben. Nach der Hauptschule schlug er sich mit Gelegenheitsjob durch, wurde später Berufskraftfahrer, arbeitete als Kabelträger beim WDR. Unter anderem beim Tatort aus Münster „Wilsberg“. Er absolvierte eine Tauchausbildung, wurde nach eigenen Angaben Ende der 90er Jahre Greenpeace-Aktivist und machte bei Aktionen gegen Atomkraftwerke mit. Er erkrankte an Krebs und stieg in den Autohandel ein, überführte Fahrzeuge von Florida nach Kuba. Er saß wegen Diebstahl und Drogendelikten Strafen ab. Bei der Inaugenscheinnahme seines Zweitwohnsitzes, einem Bauernhof in Emden, habe der sich als Cannabis-Plantage herausgestellt.

Michael M. lernte nach der Hauptschule Fleischer und wechselte später als Hilfsarbeiter zum Bau. „Das hat mir mehr Spaß gemacht.“ Danach versuchte er sich als Gastwirt. Machte lange Zeit dies und das und wurde 2002 im Erziehungsdienst für Jugendliche in der Kinderklinik Marl angestellt, wo er bis zu seiner Verhaftung arbeitete.

Erst am 17. Februar dieses Jahres, einige Tage nach einem Fahndungsaufruf in der Sendung XY- ungelöst, kam es zu den Festnahmen. Mladen P. und Michael M. räumten Tatvorwürfe ein. Volker H. habe sich nicht geäußert.

„Es besteht noch reichlich Unklarheit“, sagte gestern der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Mankel. Insbesondere der Verbleib der Tatwaffe ist noch nicht geklärt. Sie will Mladen P. in Datteln am Kanal weggeworfen haben. Gefunden wurde sie nicht.

Waffe kann Aufschluss über die Tat geben

Von der Waffe verspricht man sich Aufschluss darüber, ob der Schuss tatsächlich versehentlich ausgelöst wurde. Möglicherweise wird eine Belohnung für das Auffinden der Waffe ausgesetzt. Elke Kandaouroff, Tochter des Opfers, die mit fest zusammen gepressten Händen auf der Nebenklägerbank saß, zeigte sich nicht abgeneigt. 100 000 Euro Belohnung hatte die Familie bereits für Hinweise, die zur Verhaftung der Täter führen, ausgelobt.

Mankel redete den Angeklagten ins Gewissen und forderte sie auf, konkrete Angaben über Tat und Tathergang zu machen. Mladen P. sprach er direkt an. Dem wird auch vorgeworfen, mit einem Komplizen im Jahr 2006 eine 70 Jahre alte Bochumerin in deren Wohnung überfallen und ausgeraubt zu haben. Die Frau wurde mit einer Taschenlampe brutal zu Boden geschlagen und schwer verletzt. Schmuck und Bargeld in Höhe von 100 000 Euro wurden gestohlen. Der Familienvater aus Kroatien arbeitete seit vielen Jahren in der Gastronomie in Haltern am See. Er soll sich im Rotlichtmilieu bewegt und Spielschulden haben.

Allen drei Angeklagten droht eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Die Anklage lautet zwar nicht auf Mord oder Raubmord, sondern auf „Raub mit Todesfolge“. Aber auch dafür sieht das deutsche Gesetz die Möglichkeit der Höchststrafe vor; die Mindeststrafe sind zehn Jahre. Die Männer werden sich an den kommenden Verhandlungstagen äußern. 20 sind bis Anfang Dezember terminiert.