Recklinghausen. .

Aus Italien oder Spanien kennt man die Bilder. Trauernde stehen oder knien vor Mauern, zünden Kerzen an oder legen Blumen nieder. In kleinen Kammern werden die Urnen beigesetzt.

Es gibt klare Regeln im deutschen Bestattungsrecht. Wie und vor allem wo man sich im Jenseits bettet, ist nicht frei wählbar. Allerdings auf die Form der menschlichen Überreste kann man Einfluss nehmen. Immer mehr Menschen ist der Gedanke an eine Beerdigung – daran, im Erdreich zu vermodern – suspekt. Und so entscheiden sich immer mehr Menschen für eine Feuerbestattung.

Dem trägt nun auch Recklinghausen mit den Urnenwänden Rechnung. Die ersten beiden hellgrauen Mauern für die oberirdische Bestattung stehen bereits an ihrem Platz. Schlichte, anthrazitfarbene Granitplatten verschließen die Kammern. Auf großen quadratischen Steinblöcken sollen Sitzflächen angelegt und eine Möglichkeit geschaffen werden, um Blumen niederzulegen.

Am Montagnachmittag besichtigte Bürgermeister Wolfgang Pantförder mit einer interfraktionellen Friedhofskommission den Baufortschritt des Kolumbariums. Schon jetzt gibt es 168 Urnenwandkammern, insgesamt soll die Anlage aber auf 480 erweitert werden. Abhängig von der Nachfrage. Knapp 80 000 Euro sollen die Urnenwände kosten. Für Landschaftsbauarbeiten sind rund 67 000 Euro veranschlagt worden. „Wir haben uns in anderen Städten umgeschaut. Dieses Kolumbarium ist eine Weiterentwicklung“, ist Maria Friese (SPD) von der Friedhofskommission sichtlich zufrieden.

Auch interessant

Lange Zeit war diese Variante der Bestattung in der Kreisstadt kein Thema gewesen. „Die erste Anfrage erreichte uns erst vor zwei Jahren“, erinnert sich Ralf Reuter, Sachgebietsleiter für Friedhofswesen der Stadt. Inzwischen sehe die Situation ganz anders aus. Mit dem Bau des Kolumbariums begann man Anfang April dieses Jahres. Der erste Bauabschnitt ist fertiggestellt und schon gibt es Anfragen für die Urnenkammern. Ralf Reuter: „Der Trend geht zu pflegefreien Gräbern.“ Auch andere Friedhöfe könnten künftig mit Kolumbarien ausgestattet werden.

„Auf den Friedhöfen gibt es ein Strukturproblem und die Trauerkultur in der Gesellschaft hat sich sehr verändert“, sagte Wolfgang Pantförder bei der Besichtigung der Baustelle auf dem Nordfriedhof. Unumstritten ist, dass der Anteil der Älteren in der Bevölkerung zunimmt. Somit steigt zwangsläufig auch der Bedarf an Bestattungsmöglichkeiten. Die Pflege jedoch ist für viele eine große Mühe. Angehörige wohnen oft nicht am gleichen Ort oder aber es gibt überhaupt gar keine Hinterbliebenen mehr, die sich kümmern könnten.

In solchen Fällen scheint die Urnenbestattung in einem Kolumbarium eine gute Alternative zum üblichen Grabfeld. Ein weiterer, wichtiger Aspekt sind die Kosten. In Recklinghausen betragen die Gebühren für die 25 Jahre lange Nutzung einer Urnenkammer 2320 Euro. Die Beisetzung einer Urne kostet 96 Euro. Wird die Nutzung der Kammer verlängert, fallen 93 Euro pro Jahr an. Die bei Gräbern notwendige Pflege ist logischerweise nicht mehr nötig.