Recklinghausen. .

Szenen an vestischen Tankstellen: „Habt ihr schon E 10 hier?“, will der verwirrte Kunde wissen. „Nein noch nicht“, antwortet der ähnlich verwirrte Tankwart. Erleichterung auf beiden Seiten: „Na Gott sei dank, dann einmal volltanken bitte.“

Die geplante und mittlerweile wieder auf Eis gelegte bundesweite Einführung des Biokraftstoffes E 10 sorgt auch im Vest für Unsicherheit. Es mangelt an verbindlichen Informationen: Kunden und Tankwarte fühlen sich gleichermaßen allein gelassen. Und wie immer, wenn niemand so recht weiß, was Sache ist, brodelt es in der Gerüchteküche.

„Das ist wie stille Post“, erklärt Ralf Collatz, ADAC-Pressesprecher in NRW. „Jeder hört irgendwas von irgendwem.“ Die Ressentiments in der Bevölkerung sind groß: Verbraucht mein Auto mit E 10 nicht viel mehr Kraftstoff? Ist das wirklich besser für die Umwelt oder wird nicht beim Anbau der Rohstoffe viel mehr Schaden angerichtet, als nachher beim Fahren verhindert werden kann? „Vor allem aber die Frage, ob das eigene Auto E 10 überhaupt verträgt, beschäftigt die Menschen“, weiß Christian Vogel von der ADAC-Geschäftsstelle in Reck­linghausen. Auch die Geschichte vom plötzlichen Motorschaden ist dieser Tage in aller Munde.

Tankwart Werner Gülker fühlt sich überfordert: „Ich habe das Gefühl, dass keiner die Verantwortung übernehmen will“, klagt der Fachmann und wünscht sich klarere Informationen vor allem von Seiten der Mineralölkonzerne: Die Fragen seiner Kunden könne er selbst nur bedingt beantworten, manch einer ziehe das Internet zur Rate: „Aber das Internet übernimmt auch keine Haftung, wenn da was schief geht.“

Sein Kollege Hans-Jürgen Harms sieht es ähnlich: „Die Kunden sind schon sehr skeptisch und verunsichert im Moment, manche wissen gar nicht, was sie machen sollen. Ich kann da erstmal nur raten, sich am besten bei seinem Hersteller zu erkundigen.“

Ein Rat, den auch die Experten beim ADAC geben. „Die Leute sind immer ganz verwundert, wenn sie hören, dass doch nur sehr wenige Autos E 10 nicht vertragen“, so Vogel. „Mann muss den Kunden mitnehmen“, findet auch sein Kollege Collatz. „Von Seiten der Mineralölindustrie muss da einfach mehr kommen, als ein kleines Schild an der Zapfsäule.“ Vernünftige Serviceleistungen statt bunter Reklame, damit auch die Tankwarte wieder sicherer auftreten können: „Aus Angst vor Regress-Ansprüchen haben viele längst die Schotten dicht gemacht.“ Dabei ist vieles nur halb so schlimm.

Der Mehrverbrauch etwa: Zwar habe E 10 einen geringeren Brennwert, der Unterschied betrage aber nach Kenntnis der ADAC-Techniker nur etwa 1,5 Prozent. „Da spielt sich vieles tief unten im Bauch ab. Der deutsche Autofahrer reagiert emotional – aber häufig ohne ausreichend informiert zu sein“, so Collatz.

Wann und ob E 10 das Vest flächendeckend erreicht, steht derweil in den Sternen: „Ich weiß es nicht“, erklärt Hans-Jürgen Harms. „Eigentlich war es bei uns an der Tankstelle für Mitte dieses Monats angedacht, das wird sich jetzt aber wohl verzögern, denke ich. Abwarten.“