Wem die Stunde schlägt, am Sonntag in tiefer Nacht, der kann sich getrost nochmal umdrehen, sein Haupt selig in die Kissen kuscheln, denn die Menschheit spielt Herr über die Zeit. Punkt 3 Uhr werden die Uhren eine Stunde zurückgedreht, die Winterzeit beginnt.

Um Energie zu sparen, wurde die Zeitumstellung einst beschlossen. Nun findet zumindest die FDP, dass diese Entscheidung revidiert gehört.

„Man verschiebt willkürlich die Zeitzählung gegen die Sonnenauf- und Sonnenuntergangszeiten”, erklärt auch Dr. Burkard Steinrücken, Leiter der Volkssternwarte Recklinghausen. „Wir passen die Zeit unseren Bedürfnissen an, aber das ist mit der Einrichtung der Zeitzonen ja sowieso schon geschehen.”

Das Maß aller Dinge ist die wahre Ortszeit. Diese nämlich orientiert sich ausschließlich am Lauf der Sonne, heißt, wenn die Sonne am höchsten steht, ist es 12 Uhr mittags. Nun war vor Erfindung der Zeitzonen auch an Orten, die heute innerhalb einer Zone liegen, zu verschiedenen Zeiten 12 Uhr: „Die Erde läuft auf einer Ellipse um die Sonne, deshalb sind unsere Tage unterschiedlich lang, auch wenn wir so tun, als wären sie alle gleich”, erklärt Steinrücken. Weil aber aus den vielen verschiedenen wahren Ortszeiten ein nicht unerhebliches organisatorisches Problem erwuchs, einigte sich die Menschheit auf Zeitzonen, innerhalb derer die Zeit einheitlich verläuft. „Deshalb weichen wir hier etwa eine halbe Stunde von der wahren Ortszeit ab”, so Burkard Steinrücken. Mittag ist bei uns also um halb eins.

Während der Sommerzeit nun entfernt sich die Zeit wie wir sie kennen um eine weitere Stunde von der wahren Ortszeit. Mittag ist dann also um halb zwei. Dem Obelisken auf der Halde Hoheward in Herten ist das alles übrigens ziemlich schnuppe. In seiner Funktion als Sonnenuhr zeigt er im Sommer wie im Winter immer nur die wahre Ortszeit an: „Und die müssen wir dann eben in unsere bürgerliche Zeit umrechnen”, erklärt Dr. Steinrücken.

Auch wenn es den Obelisken nicht weiter interessiert, uns Menschen kommt die zusätzliche Stunde recht gelegen. Denn wie oft stecken wir im alltäglichen Treiben, mit nichts als dem Wunsch, die Zeit anzuhalten? Zurücklehnen, durchatmen, 60 Minuten sinnfrei verstreichen lassen... Vielleicht in Anwesenheit der Recklinghäuser Waldfee: „Ein magenmilder Früchte-Tee mit Waldfrucht-Sahne-Geschmack”, erläutert Rainer Haake, Inhaber von Haakes Tee- und Kaffeewelt. Jahrelang hat der heute 46-Jährige als Sachbearbeiter einer Krankenkasse gearbeitet: „Irgendwann habe ich mich gefragt, ob es das nun war”, erinnert sich Haake an seinen Berufswechsel. „Ich wollte einfach mein eigener Chef sein, und Tee liebe ich seit meiner frühesten Kindheit.”

Verführerisch duftet sein kleiner Laden an der Heilig-Geist-Straße, wo Zimtstangen, Hibiskusblüten, Ingwer, Mandeln und Kaffeebohnen zu Hause sind. Rainer Haake mag die Mentalität der Teetrinker: „Die nehmen sich Zeit, setzten sich in Ruhe hin, genießen, lassen den Tag Revue passieren.” Eine Lebenseinstellung, die manchem Arbeitstier das Nervenkostüm flicken könnte. Warum also nicht die geschenkte Stunde am Sonntag mit einer Tasse Knusperhäuschen-Früchtetee zelebrieren? Zeit ist ja genug.