Recklinghausen/Stuttgart/Schleswig. Zwei Familien aus dem Kreis Recklinghausen wehren sich gerichtlich gegen ein Beherbergungsverbot: Eine Familie hat Erfolg, die andere nicht.

Zwei Familien, zwei geplante Urlaube, zwei Entscheidungen: Während eine Familie ihren Herbsturlaub in Baden-Württemberg verbringen kann, wird die andere wohl zuhause bleiben. Aus der Reise nach Sylt wird nichts.

Die beiden Familien, die zufälligerweise beide aus dem Kreis Recklinghausen kommen, haben mit Eilanträgen vor den Gerichten in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedliche Resultate erzielt.

Fall 1: Familie darf nach Baden-Württemberg reisen

Eine Familie aus Marl, die per Eilantrag vor dem Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg das dortige Beherbergungsverbot gekippt hat, tritt nun ihren Urlaub im Kreis Ravensburg an. Das sagte die Anwältin der Familie, Elisabeth Rahe, der Deutschen Presse-Agentur. Die Familie sei bei dem Urlaub in einer Ferienwohnung unter sich und in keinem Hotel, betonte die Anwältin.

Die Antragsteller hatten laut Gericht ab diesem Freitag eine Woche Urlaub im Kreis Ravensburg gebucht. Vergangenen Samstag wurde im Kreis Recklinghausen, in dem die Familie wohnt, dann der wöchentliche Neuinfektions-Wert von 50 überschritten. Seitdem gilt der Kreis als Risikogebiet.

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Die Urlauber argumentierten gegenüber dem Gericht unter anderem, die Vorlage eines negativen Corona-Tests diskriminiere Gäste aus Regionen mit schlechten Testkapazitäten und Familien. Sie hätten es nicht geschafft, ein Testergebnis innerhalb von weniger als 72 Stunden zu erlangen - wobei es nur 48 Stunden alt sein darf. Weiterhin müsse der Test privat bezahlt werden und belaste die Antragsteller mit ihren drei Kindern erheblich.

Beherbergungsverbot ist in Baden-Württemberg ab sofort außer Kraft

Das Beherbergungsverbot ist in Baden-Württemberg damit vorläufig mit sofortiger Wirkung außer Vollzug gesetzt, wie das Gericht am Donnerstag in Mannheim mitteilte. Es können keine Rechtsmittel eingelegt werden.

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Das Gericht sah den Einschnitt in das Grundrecht auf Freizügigkeit als unverhältnismäßig an. Das Land habe auch nicht darlegen können, dass Hotels und Pensionen „Treiber“ des Infektionsgeschehens seien, so dass drastische Maßnahmen nötig seien.

Es sei den Antragstellern auch nicht zumutbar, bis zu 48 Stunden vor Ankunft genommene negative Corona-Tests vorzulegen. Man könne nicht gewährleisten, dass Reisende in so kurzer Zeit einen Corona-Test erlangen könnten.

Fall 2: Familie wollte nach Sylt – Gericht lehnte Antrag ab

Weniger Glück hatte eine zweite Familie, die auch aus dem Kreis Recklinghausen kommt. Sie wollten ab Freitag auf der Nordseeinsel Sylt Urlaub machen und stellten einen Eilantrag gegen das Beherbergungsverbot in Schleswig-Holstein. Das Oberverwaltungsgericht in Schleswig hat den Eilantrag abgelehnt, wie das Gericht am Donnerstagabend mitteilte.

Würde der Vollzug des Beherbergungsverbotes jetzt ausgesetzt, könnten Menschen aus inländischen Risikogebieten zu touristischen Zwecken unkontrolliert nach Schleswig-Holstein kommen, hieß es in der Begründung der Richter. In Anbetracht der am Donnerstag veröffentlichten Zahlen über den Anstieg der Neuinfektionen könne dies zu Gefährdungen für das öffentliche Gesundheitswesen führen, „zumal eine Weiterverbreitung des Coronavirus oft unentdeckt und schwer kontrollierbar erfolge.“

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Die Richter in Schleswig betonten, angesichts des bundesweit rasanten Anstiegs der Infektionen sei die Landesregierung nicht gehalten, zu warten, bis sich die Situation in Schleswig-Holstein in ähnlicher Weise entwickele wie in den inländischen Risikogebieten.

Bei einer Gesamtbetrachtung überwiege das Interesse der Gesamtbevölkerung am Schutz vor einer Weiterverbreitung des Coronavirus gegenüber den Interessen der antragstellenden Familie an einer touristischen Reise. Denn diese habe es in der Hand, durch einen negativen Corona-Test den Urlaub auf Sylt „zeitnah zu realisieren“. Der Testung sei finanziell zumutbar, so die Richter des 3. Senats. (dpa/red)