Vest. In der Adventszeit sind Samstage Tage des Kaufrauschs. Die Innenstädte sind voll von Geschenke-Suchenden. Den Globalisierungskritikern von Attac ist das ein Dorn im Auge. Sie werben unter anderem in Recklinghausen fürs Innehalten und fordern einen Kauf-nix-Tag.
Die Lichter glänzen, die Glöckchen klingen, das Weihnachtsgeschäft soll beginnen und den Kaufleuten Einnahmen bescheren. Ausgerechnet am umsatzträchtigen 1. Adventssamstag und vor dem verkaufsoffenen Sonntag in Recklinghausen ruft das globalisierungskritische Netzwerk Attac den „Kauf-Nix-Tag” aus. Fragen an Klaus Pedoth, Gründungsmitglied von Attac im Vest.
Sie wollen den Menschen ihren Weihnachtseinkauf vermiesen?
Klaus Pedoth: Natürlich nicht. Wir haben überhaupt nichts gegen Geschenke. Ziel von Attac ist es, die Kunden zum Innehalten und zum Nachdenken zu bewegen. Sie sollen sich dem Konsumterror, der vor Weihnachten ja extreme Ausmaße annimmt, nicht bedingungslos ergeben.
Innehalten und Nachdenken – worüber genau?
Pedoth: Es geht uns um bewussten Konsum. Um einen Käufer, der um seine Macht als Konsument weiß. Wer gezielt einkauft, kann durchaus auf Händler und Produzenten einwirken. Man kann sein Geld sinnvoll einsetzen und etwa am fairen Handel teilnehmen, der den Produzenten auskömmliche Preise garantiert, so dass Arbeiter ihre Familien ernähren und Bildung für ihre Kinder bezahlen können.
Was hat der Kunde davon?
Pedoth: Wer beim Kauf auf Qualität im umfassenden Sinne achtet, bekommt gesunde Ware, die ökologisch und sozial verträglich hergestellt ist. Warum das wichtig ist, liegt wenige Tage vor dem Weltklimagipfel in Kopenhagen auf der Hand. So einzukaufen, ist im Moment etwas teurer, was aber dadurch mehr als ausgeglichen wird, weil man nur noch kauft, was man wirklich braucht.
Wie erklären Sie das Mitbürgern, die keine Arbeit haben oder mit Hartz IV auskommen müssen?
Pedoth: Stimmt, da wird es schwierig. Aber diese Gruppen unserer Gesellschaft sind nicht die Zielgruppe des Kauf-Nix-Tages. Wer gerade genug zum Überleben hat, muss wohl wirklich nach dem billigsten Angebot gucken, was aber, wie gesagt, nicht zwangsläufig das günstigste ist. Wenn man sich mit superbilligen T-Shirts vergiftet, kann das auf Dauer ganz schön teuer werden.
Kauf-Nix ist also eine symbolische Aktion?
Pedoth: Nicht nur. Wer sich einen Tag oder eine Woche mal konsequent fragt, was er wirklich braucht, was er unbedingt kaufen muss, der wird bald feststellen, dass man auch ohne schnellen Konsum weiterlebt. Wenn im Wohnzimmer schon ein Fernseher steht, dann braucht man nicht unbedingt noch einen fürs Bad, bloß weil eine neue Plasma-Technik angeboten wird oder die Mattscheibe neue Rekordmaße hat.
Aber die Wirtschaft braucht doch Konsum, damit sie die Krise überwindet?
Pedoth: Noch einmal: Es geht Attac nicht darum, den Konsum schlechthin zu verdammen. Wer sich überlegt, was er kauft, wer dabei auf Qualität und die Rahmenbedingungen achtet, der gibt unterm Strich wahrscheinlich nicht weniger Geld aus. Er tut es nur anders, bewusster. Gerade zu Weihnachten werden zahllose Geschenke gemacht, hinter denen wenig Überlegung steht. Manchmal wäre eine Eintrittskarte für eine Kulturveranstaltung oder eine Spende für eine gute Sache, die dem Beschenkten am Herzen liegt, viel besser angelegtes Geld.