Kirchen, Gewerkschaften und die Katholische Arbeitnehmerbewegung kämpfen dafür, dass Menschen in der Woche einen Tag der Ruhe und Entspannung haben. Geschäfte in den Mittelstädten sorgen sich um den Umsatz

DER SIEBTE TAG: RUHE- ODER REGELARBEITSTAG?Vest. "Es schwindet die gesellschaftliche Fähigkeit, einfach nichts zu tun, nichts zu kaufen, nichts Teures und Aufwendiges zu tun", schrieb jüngst eine Wochenzeitung zum Thema "Rettet den Sonntag."

"Stimmt", sagt Detlef Völkering, Bezirksvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) im Kreis Recklinghausen. Der Verband kämpft schon seit 30 Jahren für den einen Ruhetag in der Woche. Mit der Erweiterung der Ladenöffnungszeiten täglich bis 22 Uhr fühlt sich der Verband in seiner Forderung bestärkt. "Warum müssen die Leute noch sonntags einkaufen?", fragt Völkering.

Es ist nicht nur der kirchliche Sonntagsschutz ("Sechs Tage sollst du deine Arbeiten verrichten, aber am siebten Tag sollst du ruhen") , der die KAB umtreibt. "Jede hochstehende Kultur hat einen Tag der Ruhe und Besinnung", so Völkering. "Wenn wir die Familie hoch halten, dann sollten Familien sonntags im Wald und nicht in der Einkaufsstraße spazieren gehen."

Erhebungen im Einzelhandel sprechen sich klar für die Sonntagsruhe aus. Der Einzelhandelsverband als Vertreter der Kaufleute plädiert für vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr. Denn: Mehr Öffnungszeiten bedeuten nicht gleichzeitig mehr Umsatz. Völkering: "Der lange Donnerstag hat nicht zu mehr Umsatz, sondern zu einer Umsatzverlagerung geführt." Ein erster Schritt gegen den Sonntag als Regelarbeitstag sei eine einheitliche Öffnungszeit der Läden. "Dann wissen die Leute konkret, wann sie einkaufen können."

Die Regelung, dass ausgerechnet Wallfahrtsstädte (z. B. Haltern am See) sonntags ihre Geschäfte öffnen dürften, sei "schizophren". "Da wurde ein Konstrukt gebaut, das aus der Vergangenheit stammt."

Superintendent Peter Burkowski verweist auf die aktuelle Kampagne der Evangelischen Kirche "Gott sei Dank, es ist Sonntag". Die Kirche habe bei der Debatte um die Erweiterung der Ladenöffnungszeiten eine ablehnende Position vertreten.

Für das Adventsgeschäft schließt Andrea Becker eine neue Dimension nicht mehr aus. Die Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks im Kreis Recklinghausen: "Wir halten es für denkbar, dass wir an den Adventssonntagen zu Streiks aufrufen werden." Auslöser dafür ist die nach ihren Worten von den Arbeitgebern geplante "doppelte Bestrafung". "Sie sagen, wenn schon die Öffnungszeiten ausgedehnt sind, brauchen die Angestellten keine Zuschläge mehr dafür." Das will sich die Gewerkschaft nicht bieten lassen und erklärt sich in diesem Punkt für kompromisslos.

Christa Schubert, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei Karstadt Recklinghausen, hält verkaufsoffene Adventssonntage grundsätzlich für überflüssig. "Wir haben sechs Mal die Woche von 9 bis 19.30 Uhr, seit November sogar bis 20 Uhr geöffnet." Daraus ergäben sich angesichts der dünnen Personaldecke schon Probleme genug. Trotzdem sieht sie auch eine gewissen "Zwangslage". "Natürlich müssen wir in Recklinghausen am 2. Dezember öffnen, weil es auch die meisten anderen machen." Wichtig ist der Betriebsrätin aber, das ihre Kolleginnen und Kollegen freiwillig an dem Sonntag erscheinen. Laut Tarif gibt es sonntags einen Aufschlag von 120%.