Als vor 25 Jahren die Schwangerschaftsberatung ihre Arbeit aufnahm

Von Sibylle Raudies

Recklinghausen. Vor 25 Jahren, als die Sozialarbeiterin Ingrid Klockenkämper die Schwangerschaftskonfliktberatung für die Caritas übernahm, ging es vor allem um Unsicherheiten von Frauen, die nicht wussten, wie sie mit einem (weiteren) Kind zurechtkommen können. Finanziell, in Sachen Lebensplanung, beruflich. . .

Beratung in den Städten

Adressen und Termine

DattelnSchwangerschaftsberatung, Sozialdienst katholischerFrauen, Johannesstraße 4(02363 9100-90)» Haltern am SeeDonum Vitae. Schwangerschaftskonfliktberatung,Bahnhofstraße 36, Dülmen(02594 78 65 55)» HertenSchwangerschaftskonfliktberatung (mit Beratungsschein), Diakonisches Werk

Ewaldstraße 72(02366 10 67 37)» Marlpro familia, Schwangerschaftskonfliktberatung (mit Schein), Bergstraße 11 (02365 474 86)» RecklinghausenFrauen beraten / Donum Vitae, Schwangerschaftskonfliktberatung (mit Schein), Reitzensteinstraße 8 (02361/93 92 90)pro familia, Schwangerschaftskonfliktberatung (mit Schein), Springstraße 12 (02361 26 701)

Viele waren ungewollt schwanger; zum Teil aus Unkenntnis, zum Teil aus Unbedachtheit. – Heute, 25 Jahre später, geht es vor allem um Unsicherheiten von Frauen, die nicht wissen, wie sie mit einem (weiteren) Kind zurecht kommen können. Nicht wenige sind ungewollt schwanger; zum Teil aus Unkenntnis, zum Teil aus Unbedachtheit.

Aus Unkenntnis? Im Jahr 2008, in einer Gesellschaft, in der die Menschen – vor allem junge Menschen – sehr sexualisiert sind. Einer Gesellschaft, in der viele genau wissen, wie sie am besten sexy wirken können, aber nicht, wie sie effektiv verhüten oder wann sie auch mal nein sagen dürfen oder sollten. Das ist ebenso unglaublich wie eine Tatsache. Elisabeth Cramer, die Leiterin der Beratungsstelle: „Ich habe in all den Jahren so Vieles erlebt und kennen gelernt, dass ich immer denke, jetzt weiß ich alles. Und dann kommt doch was Neues.”

Es hat sich nämlich durchaus eine Menge geändert, wenn auch nicht gerade das Wissen um effektive Verhütung bei jungen Mädchen. „Kinder sind leider ein steigender Armutsfaktor. Viele werdende Mütter, die zu uns kommen, haben vor allem Angst, es finanziell nicht zu schaffen. Wir können viel helfen, haben ein gutes Netzwerk mit Unterstützung in fast jeder Form. Aber an den Rahmenbedingungen für Hilfebedürftige bzw. Hilfeempfänger hat sich viel geändert. Es gibt keine Einmalhilfen mehr. Nicht für den Umzug, nicht für Schulkinder, nicht für die defekte Waschmaschine. Das ist dramatisch.”

Der Anteil junger Schwangerer unter 20 Jahren unter den Ratsuchenden ist im Laufe der Jahre stark gestiegen. Im vergangenen Jahr waren zwei sogar unter 14 Jahren, 148 von 940 insgesamt waren jünger als 20. Vor fünf oder sechs Jahren hatte ein Teil der Kindmütter die Schwangerschaft zum Teil sogar noch angestrebt, weil sie hofften, dass mit dem Baby automatisch alles gut wird, sie in die heile Welt der Familien rutschen können. „Das wagt heute kaum noch eine. Die meisten, die zu uns kommen, wissen genau, wie schwer es finanziell mit Kind wird,” erklärt Elisabeth Cramer. Bei der Caritas können sie die Erstausstattung mit Kinderwagen, Anziehsachen usw. bekommen sowie Unterstützung bei Anträgen auf Finanzhilfen von Stiftungen und Hilfsfonds.

Die Gesetzeslage für Schwangerschaftsabbrüche hat sich seit 1983 mehrfach verändert. Für die Beraterinnen – allesamt Sozialarbeiterinnen – war und ist klar: Wir verstehen uns als Anwälte der Mütter und Kinder. Der Zahl der Klientinnen hat die Tatsache, dass die Caritas keine Beratungsscheine mehr ausstellen darf, die zu Schwangerschaftsabbrüchen berechtigen würden, keinen Abbruch getan. Probleme, für die Lösungen gefunden werden müssen haben Schwangere genug.

Allerdings hat die Beratungsstelle auch ihr Angebot deutlich ausgebaut. Nach wie vor steht sie Frauen in der Klinik vor der Fruchtwasseruntersuchung zur Seite, klärt auf über mögliche Komplikationen bei vorgeburtlichen Untersuchungen, was auch heute noch nicht alle Frauenärzte wirklich umfassend tun. Auch die Beratung zu frühen Hilfen für Kinder, die voraussichtlich mit körperlichen Beeinträchtigungen zur Welt kommen, gehört zum Programm.

Deutlich ausgebaut im Vergleich zu früher ist die Sexualberatung für Mädchen und Jungen als Prävention in Schulklassen und Jugendgruppen, wofür es im Team mittlerweile auch einen männlichen Berater gibt.