Recklinghausens Stadtarchivar Matthias Kordes erzählt von seinem Einsatz: "Eine einzige braune Brühe"
Recklinghausen. Lange Regalreihen, ordentlich sortierte Kästen mit Dokumenten, alles ist perfekt nummeriert. Stadtarchivar Dr. Matthias Kordes ist zurück an seinem Arbeitsplatz, dem Stadtarchiv in Recklinghausen. „Das Wichtigste ist, dass man weiß, was zusammengehört und wo man etwas findet”, sagt er.
Ein zweites Mal war Matthias Kordes freigestellt worden, um seinen Kollegen in Köln zu helfen. Sie jedenfalls können von Ordnung nur träumen. Auch wenn beim Einsturz des alten Stadtarchivs offenbar weniger zerstört wurde, als befürchtet, sind die Perspektiven düster. „Die nächsten Jahrzehnte werden die Kölner Kollegen mit Puzzeln beschäftigt sein”, sagt Kordes.
Seine Eindrücke sitzen tief. „Es roch permanent nach Kloake”, erzählt Kordes. Wenige Meter von der Einsturzstelle machte er zuletzt seinen Dienst auf dem gegenüberliegenden Schulhof. „Dieses Mal musste ich die Akten mit fließendem Wasser abwaschen”, berichtet Kordes.
Im März entstaubte er noch mit einem Handbesen massenhaft Dokumente. Doch die Einsturzstelle hat sich seitdem verändert. Zunächst war der Archivbestand unter einem hohen Schuttberg begraben. Inzwischen ist daraus ein Trichter geworden, der weit unters Straßenniveau reicht.
„Man konnte sehen, wie sich unten das Grundwasser sammelte”, sagt Kordes. „Eine einzige braune Brühe.” Der Gestank – atemberaubend. Entsprechend übel war der Zustand des verschütteten Materials. „Viele Akten waren nahezu vermodert und in einer puddingartigen Masse zusammengepappt”, beschreibt der Recklinghäuser Stadtarchivar. Katastrophal war beispielsweise der Zustand von Akten aus den 1980er Jahren. „Allesamt aus billigem Industrie- oder Recyclingpapier. Das war ihr Todesstoß.” Erstaunlich für den Experten: Register aus dem 19. Jahrhundert waren erstaunlich gut erhalten. „Die Tinte von damals hält was aus”, sagt Matthias Kordes anerkennend.
Inzwischen ist klar, aus dem Trichter wird nichts mehr geborgen. Die Feuerwehr konnte nicht mehr für die Sicherheit ihrer Leute garantieren. „Archivare und Restauratoren hätten sicher gerne weitergemacht. Aber besser es liegen Akten unter Trümmern als Menschen”, sagt Kordes.
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