Neviges. Über einen Monat ist es her, seit Unbekannte die Figuren des Kreuzwegs neben dem Kloster wieder einmal schwer demolierten. Seither hat Steinmetz Jörg Sasse ganze Arbeit geleistet - und die Jesus-Darstellungen in liebevoller Detailarbeit wieder hergestellt.

Was genau in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni auf dem Kreuzberg des Klosters vorgefallen sein mag, wird wohl nie jemand erfahren. Fest steht nur: Am Morgen danach waren zahlreiche Figuren des ehrwürdigen Kreuzwegs übel zugerichtet. Mit blinder Zerstörungswut müssen die Täter auf die steinernen Darstellungen des Leidenswegs Christi eingeknüppelt haben. Ob mit Baseballschläger oder anderem schweren Gerät, ob aus Langeweile, Überdruss – oder womöglich aus einem religiös motivierten Hass, wie bereits spekuliert wurde: alles unklar.

Mit viel Liebe fürs Detail

Seit zwei Wochen verbringt der Velberter Bildhauer Jörg Sasse viel Zeit damit, die ramponierten Figuren wieder auf Vordermann zu bringen. Die gute Nachricht dabei: Die Stationen des Kreuzwegs werden nicht nur notdürftig wieder zusammengeflickt – im Gegenteil. Mit viel Liebe fürs Detail stellt Sasse die Figuren wieder her. Täuschend echt sollen die neu eingesetzten Teile von den alten kaum zu unterscheiden sein. „Das ist eine Menge Puzzlearbeit”, sagt Jörg Sasse und fügt etwas zerknirscht an: „Aber darin habe ich langsam Übung.”

Bereits zum dritten Mal ist der 42-jährige Bildhauer mit der Instandsetzung der Jesus-Figuren beschäftigt. Von der Johannesfigur einmal abgesehen, sind sämtliche Stationen des Kreuzwegs mittlerweile wieder hergestellt. Wie lang sie sich diesmal halten, bevor der nächste Randalierer naht, steht in den Sternen.

Eine kniffelige Arbeit

Ob abgeschlagene Finger, Nasen, ein Kinn oder Marias Hand, an der ein Daumen vermisst wird: Die fehlenden Teile (die größtenteils geklaut wurden) neu zu modellieren und so an die Figuren anzufügen, als wäre nie etwas gewesen, ist kniffelig. Hierfür hat Sasse aus Naturstein und Quarzsand eine „Steinersatzmasse” zusammen gerührt. „Meine eigene Mischung”, erzählt er. „Daraus kann ich dann die Teile formen.”

Mittels eines Zweikomponentenklebers, der bei diesem warmen Wetter möglichst schnell aufgetragen werden muss, da er fix trocknet, kann Sasse die Körperteile wieder ankleben. Teilweise werden sie auch ans Original angeschraubt. „Das ist wie bei einem Zahnarzt”, meint er. „Bis das Gebiss endlich passt, vergeht viel Zeit.”

Mit bloßem Auge kaum zu unterscheiden

Verblüffend dabei: Die neu eingefügten Finger und Nasen sind von den übrigen Elementen des Kreuzwegs mit bloßem Augen kaum zu unterscheiden. „An manchen Stellen sind sie farblich ein wenig heller”, erklärt Sasse. Spaziergänger können sich da jetzt durchaus ein nettes Spiel draus machen: Wer Original und Fälschung voneinander unterscheiden kann, gewinnt ein Eis.

Mitten im Wald an diesem idyllisch gelegenen Ort zu arbeiten: „Wenn der Anlass nicht so traurig wäre, würde ich sagen: Ich bin gern hier”, meint Jörg Sasse. Während er unermüdlich an den Figuren werkelt, kommen immer wieder Menschen vorbei, denen das Schicksal des Nevigeser Kreuzwegs schwer ans Herz geht. „Neulich war eine ältere Dame hier, die geweint hat”, erzählt er. „Das ging mir dann auch sehr nah.”

Wirksamer Schutz gegen Vandalismus ist unmöglich

Dabei könne man immer nur hoffen, dass der frisch reparierte Kreuzweg diesmal ein wenig länger hält. Die Kosten für die Reparatur trägt das Kloster, das dabei natürlich auch auf Spenden angewiesen ist. Eine Sicherung des Areals (etwa durch Absperrungen) hat sich als unmöglich erwiesen, wirksamen Schutz gegen derlei blinden Vandalismus gibt es nicht. Es ist ein Kreuz mit dem Kreuzweg ...