Neviges. Lackierermeister Marcel Winkler aus Tönisheide bietet „Fahrzeugaufbereitungen“ der besonderen Art an: Er bringt Cessna & Co. auf „High Gloss“.
Fahrzeugaufbereitungen schießen auch in Velbert derzeit wie Pilze aus dem Boden: Es ist ja auch schön bequem, wenn man sein verdrecktes Auto morgens einfach abgibt und es abends staub- und krümelfrei sowie auf Hochglanz poliert wieder abholen kann.
Was aber machen Flugzeugbesitzer, wenn die Maschine vor der neuen Flugsaison wieder wie neu glänzen soll, das Leder des 30 Jahre alten Pilotensitzes einfach nicht mehr schön aussieht und im Cockpit sich langsam Gilb breitmacht? In solchen Fällen ist der Velberter Marcel Winkler zur Stelle. Er ist nebenberuflich Flugzeugaufbereiter mit eigener Firma „High-Gloss-Aircraft“.
Seit 2009 ist der Velberter Marcel Winkler Lackierermeister
Mit Polituren und Lacken kennt sich Winkler bestens aus. „Ich habe beruflich nie etwas anderes gemacht“, sagt der heute 34-Jährige. Nach der 2006 begonnenen und 2009 erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung zum Lackierer folgten Gesellenjahre und 2020 schließlich der Meistertitel.
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So ist der Velberter zu seinem ungewöhnlichen Job gekommen
Im Alltag und Hauptberuf ist Winkler in einem Karosseriebaubetrieb tätig – mittlerweile in seiner Heimatstadt Velbert. Bei seinem früheren Arbeitgeber kam er 2017 das erste Mal mit einer Flugzeugaufbereitung in Kontakt. „Ein Privatpilot fragte dort an, ob wir nicht die Streifen an seiner Maschine nachlackieren könnten“, erinnert er sich. „Konnten wir!“, fügt er lachend hinzu. Das notwendige Wissen eignete sich Winkler extra an. Denn: „Es sind schon zwei verschiedene Welten“, sagt der Lackierermeister. Während Autos glatte Flächen haben, verfügen Flugzeuge über hunderte Nieten, an denen der Lack herunterlaufen kann. Zudem sind Flugzeuge anderen Temperaturschwankungen sowie Witterungsverhältnissen ausgesetzt und Reinigungsmittel müssen speziell für die Luftfahrt zugelassen sein.

Flugzeugaufbereitung erfordert viel Fachwissen
„Es ist viel Wissen notwendig“, sagt Winkler. Es gibt Stellen, die nicht poliert werden dürfen, ins Statik-Port-System, das Fluginstrumente im Cockpit mit Druckinformationen versorgt, darf kein Reinigungsmittel gelangen, Hydraulikschläuche sind mit äußerster Vorsicht zu genießen. „Fehler werden nicht nur schnell extrem teuer, sondern können, wenn sie in der Luft auftreten, auch schlimme Folgen haben“, so Winkler: „Ein Flugzeug kann bei einer Panne ja nicht mal eben rechts ranfahren.“
Marcel Winklers Frau war früher Flugbegleiterin
Der Kunde war damals mit der Flugzeugaufbereitung sehr zufrieden – und Marcel Winkler hatte der erste Flugzeug-Auftrag großen Spaß gemacht. „Flugzeuge haben mich schon immer fasziniert“, sagt er, „meine Frau war früher Flugbegleiterin“. Nach und nach reifte der Gedanke, sich in diesem Bereich selbstständig zu machen, zumal sich in der gut vernetzten Fliegerszene seine gute Arbeit schnell herumsprach.

Farblesegerät und Mischbank sorgen für den perfekten Farbton
2020 wagte er endgültig den Schritt – und hat ihn nicht bereut. Aufträge hatte er mittlerweile schon aus ganz Deutschland. „Da wir hier in Velbert keine Landebahn haben, fahre ich zu den Kunden“, erzählt Winkler lachend. 16 bis 20 Stunden dauert eine dann 2000 bis 3000 Euro teure Aufbereitung durchschnittlich. Dafür rückt der Flugzeugaufbereiter mit vollständigem Equipment an. Mit dabei auch: ein Farblesegerät. „Bei Autos steht in aller Regel den Papieren, um welche Farbe es sich handelt. Bei Flugzeugen gibt es so etwas nicht. Und Weiß ist zum Beispiel nicht gleich Weiß.“ Das Lesegerät kann er dann an den Computer anschließen und eine Mischbank stellt aus rund 80.000 Möglichkeiten die am besten passende Farbmixtur zusammen.
Viele Flugzeuge sind 30 Jahre oder älter
Vor Ort wird das Flugzeug komplett gereinigt, poliert, entfettet – und dann mit der gewünschten Technik (Keramik oder Nano) versiegelt, kleine Lackschäden oder Kratzer bessert Winkler aus – und auch das Cockpit reinigt er auf Wunsch. „So schlimm wie manche Autos sehen Flugzeugcockpits nur selten aus“, sagt er lächelnd. Brötchenkrümel auf dem Boden sind eher die Ausnahme. „Aber viele Maschinen sind halt schon 30 oder 40 Jahre alt und können auch innen etwas Pflege vertragen.“
Highlight: Kunde lud die ganze Familie zum Helikopter-Rundflug ein
Oft begleitet ihn seine Familie – seine Frau und die beiden Kinder. „Die fanden es anfangs noch alles ganz spannend auf den Flugplätzen, mittlerweile unternehmen sie vor Ort lieber etwas anderes“, sagt er. Neulich allerdings, als ein zufriedener Kunde der Familie einen Rundflug mit dem eigenen Helikopter angeboten hat – „da waren sie natürlich Feuer und Flamme“.
Einen eigenen Flugschein hat der Velberter noch nicht
Mittlerweile bekommt Winkler auch Anfragen aus dem Ausland – „kürzlich sogar aus den USA“, berichtet er. Da war ihm die Anreise doch etwas zu weit. „So einen schicken Businessjet“, den würde er gern mal aufbereiten, erzählt der 34-Jährige. Und auch einen eigenen Flugschein machen? Erst einmal nicht – „das ist dann doch ganz schön teuer“. Aber wer weiß: „Man soll ja niemals ,nie‘ sagen“, sagt der Velberter schmunzelnd. „Schön wäre das schon.“
Bis dahin sorgt er erst einmal weiter für glänzende Flugzeuge und zufriedene Kunden.