Velbert zeigt Haltung: Mehr als 2000 Menschen gegen Rechts
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Velbert. Trotz des schlechten Wetters haben in Velbert mehr als 2000 Menschen gegen rechte Politik und für Demokratie und Toleranz demonstriert.
Für tausend Menschen hatte Matthias Gohr die Kundgebung und die Demo des Velberter Bündnisses für Demokratie auf dem Offersplatz für Samstag (3. Februar) bei der Polizei angemeldet. Doch da hatte sich der Vorsitzende der Velberter SPD wohl verrechnet. Denn trotz des scheußlichen Wetters mit Nieselregen gingen sicherlich mehr als 2000 Menschen für eine pluralistische Gesellschaft, für die demokratische Grundordnung und friedvolles Miteinander ohne Hass und Verbreitung von Hetze auf die Straße.
Bündnis für Demokratie Velbert hatte aufgerufen
Aufgerufen zu Kundgebung und anschließender Demo über Friedrich-Ebert- und Friedrichstraße hatte ein Bündnis, das fast alle im Velberter Stadtrat vertretenen Parteien (CDU, Grüne, SPD, Linke, FDP, Piraten, Velbert Gemeinsam und Unabhängige Velberter Bürger) umfasst. Auch Gewerkschaften, Kirchen und Vereine kamen zu der Kundgebung. Viele hatten ihre Kinder dabei.
Viele Bilder: Kundgebung für Toleranz und Vielfalt
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Viele bunte Plakate
Viele der Teilnehmer haben zur Kundgebung selbstgemachte Plakate mitgebracht, denen der permanente Regen allerdings arg zusetzte. „Remigriert Euch ins Knie, Ihr Faschisten“, stand etwas derb auch einem, „Wir können was dafür, wenn wir nichts dagegen tun“ auf einem anderen und „Nazis essen heimlich Döner“ schließlich auf einem weiteren. Eine Gruppe der alevitischen Gemeinde zog mit dem Ruf „Hoch die internationale Solidarität“ zum Kundgebungsort.
Ein Meer von Regenschirmen
Ein Meer an Regenschirmen füllte schließlich den Platz, als Ratsmitglied Artur Busse die Moderation auf der improvisierten Bühne übernahm. Den Reden-Reigen eröffnete Bürgermeister Dirk Lukrafka. Der erste Bürger der Stadt zeigte sich zunächst erfreut, dass so viele Velberter den Weg auf den Offersplatz gefunden hatten. Dies sei ein Zeichen für Zusammenhalt und friedliches Miteinander in der Gesellschaft. In Velbert sei kein Platz für Rassismus und Ausgrenzung. Lukrafka erinnerte daran, dass mehr als 50 Prozent der Menschen weltweit nicht in einer Demokratie lebten, selbst in Europa, sie also nicht selbstverständlich sei. „Wir alle müssen Verantwortung für die Demokratie übernehmen, für sie kämpfen und darauf achten, dass die Menschenrechte eingehalten werden“.
Das Grundgesetz zitiert
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zitierte die erste stellvertretende Bürgermeisterin Esther Kanschat. „Die Würde des Menschen ist unantastbar, niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Die Rechten aber wollten, dass Menschen ausgegrenzt werden. Alle auf dem Platz seien sich einig, dass sie in einer Demokratie in Freiheit leben wollten.
Den historischen Kontext aufgezeigt
Tobias Glittenberg vom Geschichtsverein zeigte die historischen Parallelen der heutigen Rechten zu den Nationalsozialisten auf. Nur wenige Kilometer entfernt von jener Villa am Wannsee, in der die Nazis 1943 die „Endlösung“ der Juden beschlossen hatten, hätten nun Rechte in einer Villa die „Remigration“ ganzer Bevölkerungsteile diskutiert. „Das bedeutet Deportation“, so Glittenberg. Und weiter: „Nie wieder ist jetzt. Schaut nicht weg, habt den Mut euch auszutauschen, stellt Fragen“.
Aus Arbeitnehmersicht
Anschließend ergriff Vassilios Athanassiou, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Mettmann, das Wort und widmete sich der Programmatik der AfD. „Die AfD will das Renteneintritts-Alter erhöhen, Vermögende weniger besteuern und hat ein Frauenbild wie aus dem 19. Jahrhundert“, erklärte er. Die Partei schüre Hass und Neid und versuche Kritiker einzuschüchtern. Für den DGB „steht der Feind rechts“.
Probleme der Menschen ernst nehmen
Gisbert Punsmann, Pastoralreferent der katholischen Kirchengemeinde St. Michael und Paulus in Velbert und Mitglied im Bündnis gegen Antisemitismus, beklagte, dass es in den sozialen Medien Hasskampagnen gegen Gegner rechter Politik gebe und erwähnte die Kampagne gegen Schlagersängerin Helene Fischer. Zugleich attestierte er der Politik, die Probleme der Menschen oft nicht zu erkennen. Punsmann: „Wenn Menschen das Gefühl haben, nicht ernst genommen zu werden, dann steht die Demokratie auf tönernen Füßen“.
Zum Anschluss richteten die beiden Bundestagsabgeordneten und Staatsekretärinnen Kerstin Griese (SPD) und Ophelia Nick (Grüne) Grußworte an die Versammelten, bevor sich der Demozug auf den Weg durch die Innenstadt machte.
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