Langenberg. Ein WAZ-Leser hat beobachtet, wie in einer Anliegerstraße alle parkenden Autos ein Knöllchen bekommen haben. Die Stadt erläutert nun den Vorgang.
„Die Stadt Velbert stellt Bürger unter Generalverdacht, bis das Gegenteil bewiesen wird. Eine sehr merkwürdige Auffassung der Rechtsprechung.“ Zu diesem Schluss kommt ein Langenberger WAZ-Leser, nachdem er beobachtet hat, wie Mitarbeitende des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) in einer Anliegerstraße eine Verwarnung an sämtliche parkende Autos geklemmt haben. Die Stadt erläutert nun diese Vorgehensweise, die nicht gegen geltendes Recht verstoße.
Doch der Reihe nach: Der Langenberger war im November in Velbert-Mitte unterwegs. In den Anliegerstraßen Königstraße und „In den Bieerhöfen“ seien alle Fahrzeuge mit einer Verwarnung versehen worden, „unabhängig davon, ob korrekt geparkt oder nicht, unabhängig des Kennzeichens“.
WAZ-Leser befragt Ordnungsamt-Mitarbeiter
Er fragt nach, die Mitarbeitenden des KOD antworten: „Als Begründung wurde durch die Mitarbeiter des Ordnungsamtes angegeben, dass man grundsätzlich davon ausgehe, dass kein Fahrzeug ein Anliegerfahrzeug sei und daher der Halter des Fahrzeugs beim Ordnungsamt sein Anliegen darlegen müsse“, berichtet er der WAZ. Er sei „verschont“ worden, da er habe darlegen können, dass er einer Anwohnerin beim Umzug helfe.
„Ich halte es für ein sehr merkwürdiges Verhalten, erst einmal jedem Fahrzeughalter ein Fehlverhalten zu unterstellen und die normale Beweislast umzukehren“, schließt er seinen Bericht - und fragt sich: „Würde ich dann meine Aufwände für einen eventuellen Nachweis ebenso erstattet bekommen, ich hätte ja nichts falsch gemacht? Muss ich jetzt bei jedem Besuch mich vorab oder nachher beim Ordnungsamt rechtfertigen?“
Außerdem wohne er ebenfalls in einer Anliegerstraße, an der Klippe in Langenberg. „Muss ich jetzt auch damit rechnen, mich regelmäßig beim Ordnungsamt zu rechtfertigen, insbesondere da ich nicht einmal an meinem Fahrzeug ein ME-Nummernschild habe?“
Stadtsprecher erläutert Vorgehensweise
Hans-Joachim Blißenbach ist Pressesprecher der Stadt Velbert. Er hat sich der Beschwerde angenommen. „Nach Abstimmung mit dem städtischen Datenschutzbeauftragten und dem Landesdatenschutzbeauftragten kann ich mitteilen, dass unsere Verfahrensweise bei der Erteilung von Verwarnungen (=Parkverstoß ruhender Verkehr) in Anliegerbereichen, wie ,In den Bieerhöfen‘ und an der Königstraße, nicht gegen geltendes Recht verstößt.“
Lediglich die Mitteilungskarte sei nun leicht angepasst worden. „Sie haben Ihr Fahrzeug leider entgegen den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung abgestellt“, heißt es da. Und weiter: „Über die Art des begangenen Verstoßes, die Höhe des Verwarnungsgeldes und den weiteren Fortgang des Verfahrens erhalten Sie in Kürze eine Nachricht.“
Doch was tun, wenn diese Karte an der Windschutzscheibe klemmt? „Dem zuständigen Mitarbeitenden reicht es aus, wenn der Fahrzeughalter die schriftliche Einwilligungserklärung, in der er sich bereiterklärt, in ein Anliegerverzeichnis aufgenommen zu werden, vorlegt“, erläutert der Stadtsprecher. Im Anschluss erfolge dann ein behördeninterner Abgleich.
Begriff „Anlieger“ hat keine genaue Definition
Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Anlieger“ gibt es laut ADAC übrigens nicht. Der Automobilclub schreibt auf seiner Homepage zu diesem Thema: „Die Rechtsprechung hat jedoch die Bedeutung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Verkehrssitte ermittelt: Anlieger ist, wer ein an der Straße anliegendes Grundstück bewohnt oder zu einer Erledigung aufsuchen muss. Es genügt irgendeine Beziehung zum Anliegergrundstück.“
Dazu zählen eben nicht nur Menschen, die an der betreffenden Straße wohnen. Auch Personen, die jemanden im Anliegerbereich besuchen wollen, dürfen einfahren. Dabei spiele es laut ADAC auch keine Rolle, ob derjenige, den man besuchen möchte, zu Hause ist. „Es genügt die Absicht, ihn besuchen zu wollen. Selbst unerwünschte Besucher sind zum Einfahren berechtigt.“ Gleiches gelte für Grundstückseigentümer, Pächter eines Schrebergartens, Bauunternehmer oder Handwerker.