Langenberg. Comedian Ingo Appelt rast in Velbert-Langenberg durch sein neues Programm. Keiner wird verschont – und das Publikum mischt kräftig mit.

19.17 Uhr in Velbert-Langenberg: Carlo Haak vom AllDie Kunsthaus tritt auf die Bühne, das Publikum wartet. „Ich habe mit Ingo Appelt telefoniert. Er sagte, er stehe im Stau. Sein Navi zeigt ihm an, dass er um 19.07 Uhr da ist. Da habe ich ihm gesagt: Junge, du bist in Essen geboren und weißt, dass freitagabends im Ruhrgebiet viel Verkehr ist und zu Ferienbeginn noch einmal mehr.“ Das Publikum lacht das erste Mal gemeinschaftlich, auch wenn klar wird, dass der Protagonist des Abends, Ingo Appelt, noch nicht im AllDie Kunsthaus angekommen ist. 19.29 Uhr: Achim Peter, Vorsitzender des Kunsthauses, tritt auf die Bühne, macht es kurz: „Er ist da. Herzlich Willkommen, Ingo Appelt.“

Commedian Appelt drückt in Velbert auf die Tube

Nach zweieinhalb Stunden, die der Comedian von Köln nach Langenberg gebraucht hat, drückt Appelt im Kunsthaus endlich richtig aufs Gaspedal und rast durch sein Programm „Startschuss: Auf die Kacke, fertig los!“ als wäre er nicht vor 3 Minuten angekommen und leicht erkältet. Gefühlte Geschwindigkeit an diesem rasanten Abend: 200 Wörter pro Minute. Urkomische Gedankenwendungen, pointierte Absurditäten und wüste Beschimpfungen zeichnen den Wahlberliner aus.

Das Publikum liebt den Proleten, der über alles meckert

Und die Zuschauer lachen. Aber: Er beschimpft nicht nur das Publikum, sondern lässt sich auch beschimpfen. Politisch korrekt äußert sich der Comedian nicht, das Publikum will aber auch den Ur-Appelt, den Arbeiter, den Maschinenschlosser, den Proleten mit den zwei baumelnden Ketten an seiner Jeans. So bekennt er sich beispielsweise zum Song Layla, der verboten wurde, um die Kinder zu schützen. Roland Kaisers alte Schlager waren eindeutig sexistisch, resümiert er. Er meckert über die rotzfrechen, helikopter-gesteuerten Kinder. Später seien wir von ihnen abhängig, sei es, um „das WLAN-Passwort zu erfahren“.

Lange Sätze und viele Fluchwörter

Ständig in Kontakt mit dem Publikum, das ihn auch beschimpfen durfte: Comedian Ingo Appelt hat eben seinen ganz eigenen Stil, für das ihn sein Publikum liebt.
Ständig in Kontakt mit dem Publikum, das ihn auch beschimpfen durfte: Comedian Ingo Appelt hat eben seinen ganz eigenen Stil, für das ihn sein Publikum liebt. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

So verwundert es nicht, wenn er versucht, im Zug den Cocktail „Wifi on ice“ zu bestellen. Seine Art Erziehungsgedanken: Die Kinder bekommen demnächst einen iPhone-Bausatz mit 14.800 Einzelteilen und müssen alles zusammenlöten – dann habe man mehr Ruhe vor den Blagen. Niemals verwundert es, wie er innerhalb von wenigen Augenblicken von Christian Lindner über Satelliten zum Umweltbewusstsein von Kindern über den Kohleausstieg zu Boris Becker gelangt. Dabei spickt Appelt seine nahezu unendlich langen Sätze mit Fluchwörtern – nie peinlich oder unangenehm, eher ein Ruhrpott-Jung. Er durchquert gefühlt alle Gesellschaftsthemen wie in einem Agility-Parcours: geschickt und sehr schnell. Emotional geladen, überwiegend laut, aber auch mit leisen Tönen.

Ohne Tempolimit die Bühne gerockt

Nach der Pause steigert Appelt sein rasantes Programm, in dem er Parodien einfügt; dennoch bleiben Tempo und Witzfrequenz gleich. Nur treten zusätzlich Rudolf Scharping, Rüdiger Hoffman, Herbert Grönemeyer und natürlich Angela Merkel auf, eine Meisterleistung von humorvollem Wort-Galopp. Zwischendurch immer wieder verschiedene Interaktionen mit dem Publikum, überschlagen schafft er zwei bis fünf Lacher pro Minute. Hochgerechnet auf satte zwei Stunden Spielzeit tönt herzerfrischendes Gelächter mindestens 350 Mal durch den alten Supermarkt-Verkaufsraum. Ohne Requisiten, besonderem Licht, Musik, nicht mal mit einem Glas Wasser rockt der 56-Jährige die Bühne, überzieht schon ohne Zugabe. Das wird belohnt mit stehenden Ovationen. Zu Recht. Auch wenn er im Schleichtempo nach Langenberg gekommen ist, steuert er ohne Tempolimit souverän durch den Abend.

>>>Wilfried Schmickler kommt am 13. Oktober

Nächster Gast im Alldie Kunsthaus, Wiemérstraße 3, ist am Freitag, 13. Oktober, 19.30 Uhr, der Kabarettist Wilfried Schmickler mit seinem Programm „Es hört nicht auf.“

Tickets kosten im Vorverkauf 25 Euro, ermäßigt 22 Euro. An der Abendkasse: 28 Euro, ermäßigt 25 Euro. Verkauf auf www.alldiekunst.com