Velbert. Das Tierheim Velbert bekommt Unterstützung von der mobilen Tierarztpraxis Velbert, die zweimal pro Woche vor Ort ist und sogar operiert.

Es hätte so ein schöner Morgen werden können. Jetzt aber ist Freddy unzufrieden mit der Gesamtsituation. Erst muss er in einer Box warten – und dann soll er auch noch auf den Behandlungstisch. Spontan beschließt der Kater: „Nicht mit mir“ – und unternimmt einen Fluchtversuch. Was er dabei nicht bedacht hat: Die Tür des Behandlungszimmers im Tierheim ist geschlossen. Verdammt. Aber allzu leicht will er es Tierärztin Kim Wackermann und ihrer Kollegen Dr. Marina Braun dennoch nicht machen. So dreht Freddy einige Runden durch das Zimmer und fährt auch die Krallen aus, bis er wieder auf dem Behandlungstisch landet.

Nun kann die Behandlung beginnen – nach der Narkose träumt Freddy vielleicht von wilden Mäusejagden auf dem Feld – oder von einer Extraportion Futter im Napf. Währenddessen saniert Dr. Marina Braun die Zähne des Katers. Klingt wie beim Zahnarzt für Zweibeiner. Ein Maulspreizer erleichtert die Arbeit der Ärztin, die das Team der mobilen Kleintierpraxis Velbert einmal pro Woche unterstützt und donnerstags in der Regel auch im Velberter Tierheim behandelt.

Fahrten in Tierarztpraxen sind zeitaufwendig und stressig

„Es hat sich einiges bei uns verändert“, sagt Ralf Hennig, der stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins Velbert-Heiligenhaus. In der Vergangenheit musste das Tierheim-Team die Bewohner – egal, ob Hund, Katze oder Meerschweinchen – für viele Behandlungen in eine Tierarztpraxis oder -klinik bringen. Ein großer zeitlicher Aufwand – und für manch ein Tier auch stressig.

Tierheim Velbert ist sehr zufrieden mit den neuen Tierärzten

Darum sei man sehr glücklich, so Hennig, mit der mobilen Tierarztpraxis aus Velbert nun eine „perfekte Lösung“ gefunden zu haben, die Zwei- und Vierbeiner entlastet.

Trotz der netten Tierärztinnen im Tierheim Velbert hält sich die Begeisterung von Kater Freddy in Grenzen.
Trotz der netten Tierärztinnen im Tierheim Velbert hält sich die Begeisterung von Kater Freddy in Grenzen. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Als Kim und Dr. Felix Wackermann 2022 mit ihrer mobilen Praxis an den Start gingen, wollten sie das eigentlich nur nebenbei machen – weil Freunde und Bekannte immer wieder fragten, ob sie sich nicht „mal eben“ einen kranken Hund oder die appetitlose Katze anschauen könnten. Schwierig – ohne medizinisches Equipment und ohne Medikamente.

In der mobilen Tierarztpraxis Velbert steht das Telefon selten still

Aus dem „nebenbei“ ist längst mehr geworden: „Zeitweise stand das Telefon nicht still“, sagt Kim Wackermann, die auch als Zootierärztin arbeitet. Das Tierheim in ihrer Heimatstadt zu unterstützen, war für das Tierärzte-Paar trotz des vollen Terminkalenders dennoch „Ehrensache“: Sie seien bei einer Veranstaltung des Tierheims angesprochen worden, erinnert sich Felix Wackermann – und dann habe man nicht lange überlegt.

Tierärzte Kim und Felix Wackermann kommen notfalls auch in der Nacht

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Und so sind die Wackermanns – unterstützt von Chirurgin Dr. Marina Braun – aktuell zweimal pro Woche im Tierheim, dessen Behandlungszimmer sie so aufgerüstet haben, dass dort auch kleinere Operationen möglich sind. Dienstags ist der Untersuchungstag – auch für die Neuzugänge im Tierheim, donnerstags finden die aufwendigeren Behandlungen statt. „Aber“, sagt Tierschützer Hennig, „in Notfällen können wir sogar nachts anrufen – das schätzen wir sehr“.

Effektives Arbeiten sorgt für niedrigere Rechnungen für das Tierheim

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Während Fundkater Freddy nun auch noch von den beiden Tierärztinnen kastriert wird, berichtet Felix Wackermann von den Unterschieden, ob man Tiere von Privatpersonen oder Tierheimtiere behandelt: „Private Tierbesitzer sind oft sehr emotional und aufgewühlt – so dass wir viel Zeit für Beratung und Aufklärung benötigen. Hier im Tierheim arbeiten alle sehr professionell und effektiv, so dass wir in der gleichen Zeit mehr Tiere behandeln können.“ Die Pflegerinnen und Pfleger notieren im Vorfeld in einem Behandlungsprotokoll, was aus ihrer Sicht zu tun ist oder was ihnen aufgefallen ist. Effektives Arbeiten ist insofern wichtig, dass die Bestandsbetreuung in Tierheimen laut Gebührenordnung nach Zeit in 15-Minuten-Intervallen abgerechnet wird.

Tapfer lässt sich Hündin Lora von Tierärztin Kim Wackermann (r.) und ihrer Kollegin Dr. Marina Braun (l.) im Tierheim Velbert an der verletzten Pfote behandeln.
Tapfer lässt sich Hündin Lora von Tierärztin Kim Wackermann (r.) und ihrer Kollegin Dr. Marina Braun (l.) im Tierheim Velbert an der verletzten Pfote behandeln. © FUNKE Foto Services | Christof Koepsel

Die tapfere Hündin Lora hofft auf ein schönes Zuhause

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Freddy hat die Behandlung überstanden. Schon wartet die nächste Patientin: Lora aus der Ukraine. „Tapferes Mädchen“, lobt Kim Wackermann, während sie den Verband an der Vorderpfote der Hündin entfernt. Was genau mit dem Tier im Kriegsgebiet passiert ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Sie wurde von einer Tierschützerin gefunden und nach Deutschland gebracht. „Wir haben sie dann nachts um 4 Uhr in Frankfurt abgeholt“, berichtet Hennig. Lora hat zwei verformte Beine – dazu eine tiefe Schnittverletzung. Diese musste noch einmal aufgeschnitten und dann genäht werden.

Heute steht die Wundkontrolle an. „Das sieht doch schon viel besser aus“, freut sich die Tierärztin. Laut Hennig ist ob der Verformungen aber noch nicht klar, ob alle Beine gerettet werden können – oder ob amputiert werden muss. So hofft Hennig auf Tierfreunde, die Lora ein ebenerdiges Zuhause anbieten können – und Zeit haben, mit ihr zusammen die noch anstehenden Behandlungen (die Kosten übernimmt der Tierschutzverein) zu absolvieren. „Sie hätte auf jeden Fall ein tolles Zuhause verdient“, sagt Ralf Hennig.

>>> Tierärzte im Tierheim Velbert

Die Tierarztkosten belasten den Tierschutzverein Velbert-Heiligenhaus massiv.

Die Tierärzte müssen die Behandlungen nach Gebührenordnung abrechnen – die im letzten Jahr deutlich erhöht wurde. Allerdings kann die Bestandsbetreuung nach Zeit abgerechnet werden.

Das Tierheim ist daher auf Spenden oder Mitgliedsbeiträge angewiesen. Mehr dazu unter: www.tierheimvelbert.de/helfen