Velbert. Bei illegalen Grabungen ist das Bodendenkmal von Burg Hardenberg beschädigt worden. Darum buddelten nun ganz legal die Denkmalschützer.
Es muss ein imposantes Bild gewesen sein: meterhohe Festungsmauern, am höchsten Punkt ein mehrstöckiger Turm, von wo aus ein freier Blick auf das Umland möglich war – bis hin zur Isenburg. Heute ist vom einst so mächtig-prächtigen Herrenhaus der Adelsfamilie Hardenberg nichts mehr zu sehen. Eigentlich. Nur die Geländeformation mit Gräben und dem Bergfried deutet normalerweise für kundige Besucher darauf hin, dass hier – zwischen dem heutigen Reiger Weg und der A 535 – einst eine burgähnliche Anlage gestanden haben muss.
In den letzten Wochen war das allerdings anders: Archäologen des LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland haben in dem Waldstück einige Mauern freigelegt, neu vermessen und dokumentiert.
Schäden am Bodendenkmal in Velbert-Neviges zunächst nicht erklärbar
Anlass für die außerplanmäßig durchgeführten Arbeiten waren Schäden am Bodendenkmal, die die Brüder Rolf und Bernd Knoop, die sich ehrenamtlich in der Denkmalpflege engagieren, bei einem Rundgang festgestellt hatten. „Es waren mehrere Löcher gegraben und so Mauern teilweise freigelegt worden“, sagt Dr. Jens Berthold, Leiter der LVR-Außenstelle Overath. „Den Grund konnten wir uns zunächst nicht erklären – ob da jemand archäologisches Interesse hatte, einen Goldschatz gesucht hat oder mehr oder weniger zufällig gebuddelt wurde.“
Die letzte große Grabung an Burg Hardenberg in Velbert hat 1888 stattgefunden
Auch interessant
Berthold beschloss, die vorhandenen Schäden als Ausgangspunkt für eine kleine archäologische Untersuchung zu nutzen. „Das war nach 140 Jahren ja sowieso mal wieder notwendig“, sagt er lächelnd. Denn: Die alte Burg ist auch für die LVR-Archäologen nach wie vor in weiten Teilen unbekannt. Die letzte umfangreiche Ausgrabung habe 1888 stattgefunden – nicht etwa im Auftrag einer Behörde, sondern eines Fabrikanten durch den Barmener Architekten Georg-August Fischer, der auch Initiator für die Rekonstruktion von Schloss Burg in Solingen war.
Von dieser Grabung sei jedoch wenig überliefert worden, so Berthold. Und die angefertigte Grundriss-Skizze habe man mit Vorsicht genießen müssen. Dass die LVR-Denkmalpfleger nicht längst selbst Hand angelegt haben, sei völlig normal: „Unsere Aufgabe ist es ja nicht, die schönsten Burgen der Region auszugraben, sondern noch Vorhandenes zu schützen und zu pflegen.“ So fand in den 1970er-Jahren lediglich eine Begehung samt Vermessung und kleineren Grabungen, bei denen unter anderem Pfeilspitzen entdeckt wurden, statt.
Das LVR-Team arbeitete rund 30 Tage in Handarbeit im Bereich der Burgruine in Neviges
Rund 30 Tage buddelte ein fünfköpfiges Team um LVR-Volontärin Anna-Lena Roeder auf dem 247 Meter hohen Bergsporn und im Bereich der früheren Befestigungsanlagen. Ohne schweres Gerät wurde mit kleinen Schaufeln – und auch mal mit der Hand – Mauerwerk freigelegt. „Wir hatten zwei wesentliche Ziele“, so Berthold. Zum einen sollten Dicke und Beschaffenheit der Mauer festgestellt werden, zum anderen geprüft werden, ob die Maße auf dem Grundriss von 1888 korrekt sind. „Darum haben wir nicht wild gebuddelt, sondern gezielt bestimmte Bereiche freigelegt.“
Das Ergebnis der LVR-Experten: „Die Ergebnisse der alten Grabung können weitgehend bestätigt werden.“ Auf dem Bergfried habe demnach ein Turm mit einer Grundfläche von etwa zehn mal zehn Metern gestanden.
Erste Erwähnungen Mitte des 12. Jahrhunderts – genutzt bis ins 14. Jahrhundert
Erstmals erwähnt wurde die Familie Hardenberg im Jahr 1145, Berthold geht davon aus, dass die ersten Befestigungen auch aus dieser Zeit stammen – und die Gebäude dann bis ins 14. Jahrhundert genutzt wurden, bevor die Familie ins Tal zog. Genau nachweisen lasse sich das natürlich nicht mehr – zumal es neben den Mauern so gut wie keine anderen Funde – wie beispielsweise Scherben – gebe.
Glänzende Bergkristalle haben vermutlich „Schatzsucher“ angelockt
Auch interessant
Gefunden haben die Archäologen allerdings den Grund, warum Unbekannte im Bereich des Bodendenkmals Löcher gegraben haben. „Zumindest einen sehr wahrscheinlichen Grund“, so Berthold. Denn überall sei man auf Bergkristalle gestoßen. Diese seien offenbar in Massen in den Mauerbauwerken verarbeitet worden. So vermutet der LVR-Außenstellenleiter, dass die glitzernden Kristalle, die aber keinerlei Wert haben, Mineraliensammler oder „schatzsuchende Familien“ angelockt haben. „Ich gehe davon aus, dass diese nicht wussten, dass sie damit ein Bodendenkmal beschädigen“, so Berthold. Es gebe bislang vor Ort ja auch keine Hinweise auf das Denkmal.
Graben im Wald ist illegal: Hohe Bußgelder sind möglich
Dennoch: Erlaubt ist das Buddeln im Wald nicht. Darauf weist Stadtförster Peter Tunecke von den Technischen Betrieben Velbert – dem Eigentümer des Waldes – hin. Die Wälder dürfen zur Erholung betreten werden, so Tunecke, darin buddeln und Gefundenes mitnehmen, aber definitiv nicht. Ebenso ärgert den Förster, dass der Bereich immer wieder illegal von Motorrädern befahren werde. „Das schädigt allgemein den Wald und das Bodendenkmal speziell“, so Tunecke, der das mit umgelegten Baumstämmen verhindern will.
Auch Denkmalpflegerin Lea Holota-Fernau von der Stadt Velbert verweist darauf, dass die Beschädigung eines Bodendenkmals mit hohen Bußgeldern geahndet werden könne. Es handele sich um ein kulturelles Erbe, das geschützt werden müsse.
Die Mauerreste von Burg Hardenberg sind nun wieder unter der Erde verborgen
Darum werden die Mauerreste auch künftig nicht zu sehen sein. Die Grabungslöcher wurden bereits verfüllt. „Frost und Bewuchs würden sie sonst in kürzester Zeit schädigen, so Berthold. Künftig soll jedoch eine Hinweistafel am Wanderweg, der in den Grünen Pfad eingebunden wird, auf das Bodendenkmal und den früheren Stammsitz der Familie Hardenberg hinweisen.
>>> LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland ist ein dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) unterstelltes Amt.
Als unabhängiges Fachamt ist das Amt speziell für Bodendenkmäler zuständig, also unbewegliche oder bewegliche Denkmäler, die sich im Boden befinden oder befanden.
Das können neben Befestigungsanlagen beispielsweise auch Gräberfelder, historische Kanäle und Stollen oder auch Fossilienlagerstätten sein.
In Velbert-Neviges gibt es neben der Burgwüstung Hardenberg vier weitere Bodendenkmäler, unter anderem die Wallanlagen östlich des Schlosses und der Hohlweg – ebenfalls östlich von Schloss Hardenberg.