Neviges. Der Verein ungarische Hundeseelen in Velbert-Neviges vermittelt Hunde in deutsche Familien. Auch vor Ort leisten die Mitarbeitenden Hilfe.
Ausgelassen tobt Viktoria im einzäunten Garten mit anderen Hunden. Ein wenig zu stürmisch stolpert sie über ihre eigenen Pfoten, verliert ihr Halstuch. Kurz schüttelt sie sich, dann spielt sie mit ihren Artgenossen Jackson und Henry weiter. Auf ihrem Hundehalstuch steht: „Zuhause gesucht.“
Die junge Hündin ist elf Monate alt und wurde in Ungarn gemeinsam mit ihrem Bruder auf der Straße gefunden. Dass sie ins Tierheim Ibrany, im Nordosten Ungarns kam, war ein Glücksfall für sie. Denn seit drei Wochen darf sie auf ihrer Pflegestelle feststellen, wie schön das Hundeleben sein kann.
Um die Hündin kümmert sich Charlene Helbig, die den Verein „Ungarische Hundeseelen“ im vergangen Jahr gegründet hat. Doch nicht erst seitdem engagiert sich die 26-Jährige für den Tierschutz. „Ich engagiere mich schon seit neun Jahren im Auslandstierschutz“, berichtet sie, doch mit ihrem Verein kann sie sich nun auch selbst verwirklichen. Natürlich nicht allein, mit ihr engagierten sich Lisa Hoock, die Charlene über die Vermittlung ihres Hundes Jackson kennen lernte, so wie Franziska Kulpe, Dean Vincent Helbig und Melina Bissinger. Ein junges Team, dass sich da zusammen gefunden hat. Alle sind sie zwischen 20 und Mitte 30 Jahre alt und betreiben den Tierschutz neben ihren Fulltime-Jobs.
Nevigeser Tierschutzverein „ungarische Hundeseelen“ hat bereits 65 Hunde vermittelt
„Auf jeden Fall all unsere Urlaube investieren wir in den Tierschutz“, erklärt die stellvertretende Vorsitzende. Denn alle zwei bis drei Monate geht es nach Ungarn, eine Strecke von 1400 Kilometern, um vor Ort zu helfen, aufzubauen, zu unterstützen. Aber natürlich auch, um die Hunde kennenzulernen, sich mit ihnen zu beschäftigen, um sie einschätzen zu können, an wen sie vermittelt werden können.
Das Tierheim liegt in einer sehr armen Region Ungarns. „Viele Hunde leben hier auf der Straße oder an der Kette“. Die Tiere werden nicht kastriert und „sind, anders als bei uns, keine Familienmitglieder.“ Die ohnehin armen Leute können oftmals die Kosten für ihre Tiere nicht aufbringen. Daher ist die Vermittlungsquote von Tierheimtieren in Ibrany schlecht. Die derzeitig schlechte wirtschaftliche Situation mache es auch den Menschen in Ungarn nicht leichter, mittlerweile sind 200 Hunde im Partner-Tierheim.
„99 Prozent der Hunde werden durch uns vermittelt“, fasst Charlene Helbig zusammen. 65 Tiere sind es bislang. Die Familien, die gerne eine ungarische Hundeseele adoptieren möchten, füllen im Vorfeld einen Selbstauskunftsbogen aus. Auf der Homepage des Vereins gibt es erste Informationen zu den Hunden, die vermittelt werden. Wenn der erste Eindruck stimmt, findet ein Vorgespräch ab.
Ehrlich sind die Tierschützer dabei auch, was für Bedürfnisse so ein Hund mitbringt. „Die meisten ungarischen Hunde sind sehr sozial und hart im Nehmen“, erklärt Lisa Hoock, aber „fast alle müssen bei null anfangen. Sie können nicht oder schlecht an der Leine gehen, müssen lernen, was sie dürfen und was nicht oder aber auch, wie man eine Treppe läuft“. Charlene Helbig ergänzt „aber erstaunlicher Weise werden sie alle sehr schnell stubenrein:“
Der Nevigeser Verein „ungarische Hundeseelen“ sucht Pflegestellen in ganz NRW
Egal ob als Pflegestelle oder als Adoptionsfamilie: „Der Hund braucht seine Zeit zur Eingewöhnung.“ Ob das zu Hause passt, wird mit einer persönlichen Vorkontrolle genau geprüft. So manch eine Pflegestelle wurde dann schon zu einem Für-Immer-Zuhause. „Das ist natürlich schön und schade für uns zugleich.“ Ein Hund findet seine Familie, aber der Verein verliert eine Pflegestelle.
Die Besuche in Ungarn sind nicht nur körperlich hart. „Ich bin als Bürokraft so eine Anstrengung nicht gewöhnt“, sagt Lisa Hoock. Doch auch die Bilder, die sich den Tierschützern bieten, brennen sich oftmals tief ein. „Es wurde mal eine Hundefamilie gefunden, da lag ein angeknabberter, toter Welpe daneben“, erinnert sich Lisa Hoock. Aber auch beim Anblick von Kettenhunden, die tiefe Wunden am Hals haben, muss sie schlucken.
Ein Grund, weshalb das Team weiter kämpft, weshalb Charlene jede Minute ihrer Freizeit in den Tierschutz investiert. „Ich habe es zeitlich bis jetzt nicht geschafft, meinen Führerschein zu machen“, gesteht sie lächelnd. Der Kampf ums Wohl der Tiere geht eben vor und dazu gehört auch viel Organisation. Sei es der Transport der adoptierten Hunde nach Deutschland, oder aber die Suche nach einem Spediteur, der Futter- und Sachspenden nach Ibrany bringen kann. Natürlich aber auch die Suche nach neuen Pflegestellen, Menschen, die sich hier und in Ungarn einbringen wollen, sei es mit aktiver oder finanzieller Hilfe.
Hilfe vor Ort leistet bald wieder Charlene Helbig von den Ungarischen Hundeseelen
Schon in zwei Wochen geht es für Charlene Helbig wieder nach Ungarn. Dann wird sie auch Hunde begrüßen müssen, sie schon seit Jahren im Tierheim sitzen und Welpen, die nichts anderes als das Tierheim kennen. Sie selbst hat sechs Hunde und kann, so gern sie es auch möchte, keinen weiteren aufnehmen. Denn Vernunft und Selbsteinschätzung, das gehört zu einem Tierfreund dazu. Und so hofft sie, dass es viele andere Familien für ihre ungarischen Hundeseelen gibt.
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Wer die Mitglieder und die Arbeit des Vereins kennenlernen möchte, hat beim Weihnachtsfesfest am 10. Dezember dazu die Möglichkeit. Von 13 bis 17 Uhr feiern die „Ungarischen Hundeseelen“ und die Kooperationspartner auf der Hundeauslaufwiese „Leineab“ an der Nevigeser Str. 480 in Wuppertal.
Alle Infos zum Verein und zu den Hunden, die derzeit ein zu Hause suchen, gibt es im Internet bei Facebook in der Gruppe „ungarische Hundeseelen auf ihrem Weg ins Glück oder im Internet auf www.ungarischehundeseelen.de.
Hier stellt sich auch Viktoria vor. Die freundliche, agile und intelligente Hundedame freut sich über Anfragen von Interessenten, die ihr ein ebenerdiges Zuhause bieten können, da sie Schwierigkeiten mit den Gelenken hat.