Langenberg. Zuverlässig liefert der Kabarettist Wilfried Schmickler Gesellschaftskritik. In Langenberg spielte er nun bei Alldie vor ausverkauftem Haus.
Kein Ende in Sicht: Wilfried Schmickler liefert zuverlässig Gesellschaftskritik in feinen bis poetischen Worten, teilweise gesanglich vorgetragen. Seit mehr als 40 Jahren steht er auf der Bühne, jetzt wieder im Alldiekunst-Haus mit seinem Programm „Es hört nicht auf“.
Ausverkauftes Haus
Ausverkauft, alle Plätze belegt und der Applaus anerkennend und dankend. Es gibt sie einfach, die Kabarett-Größen. Wilfried Schmickler gehört dazu. Er braucht nicht viel: Ein Stehpult und ein Tisch mit Stuhl reichen. Eine blaue Fahne mit weißer Taube darauf bildet eine Art Husse um den Tisch. Das internationale Friedenssymbol hängt still und unbewegt, wirkt jedoch wie die unerschütterliche Basis seiner Wortakrobatik rund um Alltagswahnsinn aus Politik, Umwelt, Sport, SUV und Altersheim.
„Abschreiben“ ist ein Thema. Das tut er auch, nennt jedoch Namen des geistigen Eigentums, das er abliest. Alte Bekannte: Armin Laschet und Karl Theodor zu Guttenberg. Abschreiben lassen und Abschreiben. Über zu Guttenberg sagt er: „Erst schreibt er in Deutschland ab, dann in den USA“, stellt Schmickler fest, „dort Investments und Immobilien“. Nun habe er einen neuen Doktor. Er fragt sich woher. „Wahrscheinlich von Dr. Oetker, hat er doch nur Pudding im Hirn.“
Klimawandel als Ballade vertont
Der Klimawandel ist passend als Ballade vertont „Weine nicht, wenn der Regen fehlt, wenn der Pegelstand steigt, sorge dich nicht.“ Es lebten Menschen, die es härter treffe. Schließlich gebe es für Schnee die Kanonen und für die Sonne die Bank. Wir sollten auf die düsteren Visionen pfeifen, denn der Heizkörper hänge an der Wand. Nichts scheint sich zu reimen, nur der Sinn.
Seine tiefe, leicht kratzige Raucherstimme singt sich mit jedem Wort in die Seele, verknüpft die bittere Wahrheit mit Emotionen, die sich intensiver anfühlen als die politischen Worte: „Wenn wir so weiter machen, dann …“ Genau das wirkt, tut weh. Melodiös hinterlegt watschen die Sätze ab.
„Randvoll mit schlechtem Gewissen“
Und genau tut der 68-Jährige sich selbst gegenüber auch, besonders als Autofahrer. Er schimpft besonders auf die SUV-Fahrerinnen, die morgens zum Bio-Bäcker fahren, um handgewalzte Müslibrötchen zu holen, denn dann sei die ganze Karre randvoll mit extrem schlechtem Gewissen.
Er meint „die eigenen Kinder verleugnen die Erzeugerin“ wegen des Wagens. Luxusverbrenner Q8, der Dino lebt. Unterbrechung; Schmickler spricht mit jemandem hinter dem Vorhang. Er solle seinen Wagen wegfahren, wenn es der schwarze SUV sei. Kurze Entschuldigung seinerseits: „Ich benutze den Wagen nur, wenn ich nicht zu Fuß gehe.“
Es wird noch sportlicher. Ein Vergleich sorgt für Amüsement: Geisterspiele seien wie Wahlveranstaltungen im Konrad-Adenauer-Haus. Corona fehlt in den letzten zweieinhalb Jahre in keinem Kabarett-Programm. Schmicklers Beitrag: „Was haben Fußball und der Virus gemeinsam? Hauptsache sie werden übertragen.“
Gegen den Jugendwahn
Das Altersheim mischt der 68-Jährige mit der „Grauen Zelle“ gegen den Jugendwahn auf. Den möchte er in der Spaßgesellschaft brechen. „Wir Älteren müssen die Jugend da anpacken, wo sie am empfindlichsten sind.“ Er schlägt vor: „Gehen Sie bei Rot mal ganz langsam über die Straße.“ Koste Überwindung, die Wirkung sei enorm. Innerhalb von Sekunden breche die Lebensfreude zusammen.
Auch kämpft die Graue Zelle für einen Stuhl im Supermarkt – zum Ausruhen. Auf die Hocker im Stehbistro kämen die Senioren nicht mehr drauf. Das lohne sich nicht, erwiderte der Filialleiter, weil kaum „Alte“ einkauften. Er verrät auch eine Taktik, wie ein Trio das schafft.
Motivierend appelliert er am Ende des Programms: „Seien Sie zivil, aber ungehorsam. Investieren Sie nicht in asozialen Netzwerken. Bleiben Sie bei der Wahrheit. Verfolgen Sie die wichtigen Gebote für Verfreundlichung der Welt.“