Velbert. Stadtwerke-Geschäftsführer Stefan Freitag hat für die Kunden wenig erfreuliche Nachrichten. Der Gaspreis wird sich 2023 mehr als verdoppeln.
Im Kundencenter der Stadtwerke Velbert ist die Verunsicherung der Bürger nicht nur zu spüren, sondern auch in Zahlen messbar: Seit Beginn des Jahres hat sich die Anzahl der Anrufe, Mails und Besuche an der Friedrichstraße 168 verfünffacht, wie Geschäftsführer Stefan Freitag sagt.
Zwar sei auch die Kundenzahl deutlich angestiegen, „aber die Menschen haben auch viele Fragen zur Versorgungssicherheit, möglichen Preissteigerungen und ähnlichen Themen“, so Freitag weiter.
Im Gespräch mit der WAZ Ende Februar hatte Stefan Freitag gesagt: „Nach allem, was wir wissen, halten wir die Gasversorgung in Deutschland für sicher und gesichert. Und alles, was für Deutschland gilt, gilt auch für Velbert.“ Und heute – knapp vier Monate, zahlreiche Schlagzeilen über die „Gaskrise“ und die Ausrufung der Alarmstufe im Gas-Notfallplan später? „Grundsätzlich hat sich an meiner Einschätzung nichts geändert“, betont Freitag. „Sofern wir es heute beurteilen können, ist die Gasversorgung in Velbert sicher. Ich kann die Verunsicherung verstehen, es muss aber niemand in Panik geraten.“
Stadtwerke haben die 2023 für Velbert benötigte Gasmenge eingekauft
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Aus kaufmännischer Sicht, erläutert der Geschäftsführer, sei der Gaseinkauf für das Jahr 2023 abgeschlossen. Heißt: Die Stadtwerke haben sich am Markt die erforderliche Menge gesichert. „Was wir nicht mit Gewissheit sagen können, ist, ob die Menge auch tatsächlich geliefert wird. Was man allerdings sagen kann: Wenn alle gesetzlichen Maßnahmen umgesetzt werden, ist selbst bei einem Totalausfall der Lieferungen aus Russland die Versorgung der Privathaushalte über den kommenden Winter hinweg gesichert.“ Gleiches gelte für kleine und mittelständische Betriebe, so Freitag weiter. Anders sei das möglicherweise bei der Industrie.
Entscheidung über Gas-Lieferstopp liegt nicht bei den Stadtwerken
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Sollte die dritte Stufe im Notfallplan – die Notfallstufe – eintreten, liegt die Entscheidung, wer Gas – oder eben kein Gas mehr – erhält, nicht bei den Stadtwerken, sondern bei der Bundesnetzagentur, erläutert der Geschäftsführer. „Die Entscheidungen würden dann vermutlich vor allem branchenspezifisch getroffen“, ist sich Freitag sicher, dass bereits an einem Kriterienkatalog gearbeitet werde. „Welche Betriebe in Velbert betroffen wären, wissen wir aber tatsächlich nicht.“
Derzeit sind die Stadtwerke Velbert der mit Abstand günstigste Gas-Versorger
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Klar ist hingegen: Die Gaspreise werden auch in Velbert „erheblich steigen“, sagt Freitag – und betont: „Aktuell sind wir in Velbert mit Abstand der preisgünstigste Anbieter.“ Diese Aussage belegt ein Blick in die einschlägigen Vergleichsportale: Ein „gasBERT“-Kunde, der im Jahr 12.000 Kilowattstunden (kwh) für eine etwa 100 Quadratmeter große Wohnung verbraucht, zahlt derzeit rund 105 Euro im Monat – beim nächst günstigsten Anbieter sind es etwa 240 Euro.
Kunden sollten mit 20 Cent pro Kilowattstunde Gas rechnen
„Der Markt ist völlig aus den Fugen geraten“, sagt Freitag. Die Einkaufspreise an den Börsen seien in die Höhe geschossen. Auch wenn die Kalkulation für das kommende Jahr noch nicht abschließend erfolgt ist, sollten Stadtwerke-Kunden als „Faustformel“ laut Freitag mit einem Arbeitspreis von 20 Cent/kwh rechnen. Derzeit sind es 8,36 – also mehr als eine Verdopplung. Und selbst das gelte „nur im besten Fall ohne weitere Besonderheiten, wie zum Beispiel Ausfälle bei den Gas-Großhändlern und damit verbundene notwendige Zukäufe zu höheren Preisen“, sagt der Geschäftsführer und rät Kunden, die Abschlagszahlungen zu erhöhen oder Geld zur Seite zu legen.
„All das ist sehr unerfreulich“, denkt Freitag vor allem an Geringverdiener und Rentner. „Aber wir kommen nicht drumherum. Leider.“ Oder die Preiserhöhung bereits zum 1. November oder später erfolge, sei noch unklar. „Natürlich informieren wir die Kunden dann entsprechend“, so Freitag, der mittelfristig auch nicht mit einer baldigen Preisentspannung rechnet: Da Energie von den Versorgern langfristig eingekauft werde, sei absehbar, „dass die Preise für zwei, vielleicht sogar drei Jahre so hoch bleiben werden.“
>>> Beratungsangebote
Die Stadtwerke werden ihr Beratungsangebot deutlich intensivieren, kündigt Stadtwerke-Geschäftsführer Freitag an – auch in Zusammenarbeit mit Sozialverbänden, um auf mögliche staatliche Unterstützungsleistungen aufmerksam zu machen.
Das Strom- und Gas-Einsparpotenzial in Privathaushalten sei in der Regel begrenzt, bremst Freitag überzogene Erwartungen. In Firmen sehe das oft schon anders aus.
Die Stadtwerke selbst sparen in den Bädern durch Temperaturabsenkung um 2 Grad an den Warmbadetagen und weitere Maßnahmen aktuell zwischen sieben und zehn Prozent Gas ein.