Velbert. Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam fördern: Damit war eine integrative Kita in Velbert mal Vorreiter. Sie feiert jetzt runden Geburtstag.
Die eine Tür führt geradewegs in die integrative Kindertagesstätte und die andere Tür direkt in die Interdisziplinäre Frühförderung (IFF). Beide Einrichtungen sind an der Steeger Straße unter einem gemeinsamen Dach untergebracht und bilden zusammen das Förderzentrum des Kreises Mettmann in Velbert. Die Kita feiert in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen. Team und Kinder begingen diesen Anlass mit einem großen Sommerfest mit verschiedenen Bastelstationen und einer Aufführung der Mädchen und Jungen.
Förderzentrum Velbert bietet optimale Bedingungen
„Der Kreis Mettmann setzt sich für eine integrative Förderung und gemeinsames Lernen von Kindern ein“, betont Landrat Thomas Hendele. „Mit unserem Förderzentrum in Velbert bieten wir optimale Bedingungen durch die zentrale Lage der Kindertagesstätte, gut ausgestattete Räume sowie eine großzügige Freifläche zum ausgiebigen Spielen.“ Eigentümer der Gebäude ist der Kreis, der sie seinerzeit auch errichtet hat. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit mit der IFF. Diese ist aus einer Ambulanz hervorgegangen, die im November 2021 zu einer festen Einrichtung umstrukturiert wurde.
Auch mobile Einsätze möglich
Seither gehören zu dem rund zehnköpfigen Team mit Logopädin, Physio- und Ergotherapeutin, Motopädin und Heilpädagogin auch eine Ärztin sowie eine Psychologin. Es gibt 65 Plätze; „die Regel ist, dass die Eltern die Kinder bringen und holen, wir können aber auch bis zu 30 Prozent mobil arbeiten“, erklärt IFF-Leiterin Jutta Rechmann. Sie selbst und Ute Scheibert vom Kita-Team sind an der Steeger Straße „Praktikerinnen der ersten Stunde“. Die Kinder kommen aus Velbert, Wülfrath und Heiligenhaus und werden ab der Geburt bis zur Einschulung betreut. Sie bekommen heilpädagogische Förderung und medizinisch-therapeutische Leistungen. Die Bandbreite reicht Rechmann zufolge von klassischen Behinderungen wie Down Syndrom bis zu Entwicklungsverzögerungen, von Schwerstbehinderungen bis zu Verhaltensauffälligkeiten. Die Finanzierung läuft über LVR und Krankenkassen.
Rahmen auf Bedürfnisse zuschneiden
„Wir arbeiten durchgängig inklusiv“, sagt Michel Steffens. Und führt aus, dass es seiner persönlichen Idealvorstellung entspreche, „ein Kind so anzunehmen, wie es ist, und den Rahmen auf dessen Bedürfnisse zuzuschneiden“, statt ein behindertes Kind in eine Gruppe zu integrieren. Nach Auskunft des Stellvertreters der Kita-Leiterin Claudia Platzek gibt es aktuell 62 Kinder in vier Gruppen – davon zwei U 3-Gruppen – mit je zwei Pädagoginnen. In jeder Gruppe wiederum sind mindestens fünf Kinder mit irgendeiner Art von Handikap bzw. spezifischen Förderbedarf. Die Fachkräfte fördern jedes Mädchen und jeden Jungen individuell ganz nach seinen Möglichkeiten und bereiten die Kinder optimal auf die spätere Schulzeit vor. Zu dem gesamten Kita-Team gehören 25 Menschen, allerdings haben nicht alle von ihnen eine Vollzeitstelle.
Einst deutschlandweit Vorreiter
Die Jubiläums-Kita war damals als Vorreiterin deutschlandweit eine der ersten solcher Einrichtungen überhaupt; heute gibt es allein im Kreis Mettmann vier davon. Seit 1982 steht die gemeinsame Förderung von Kindern mit und ohne Behinderung im Fokus der Einrichtung am Rand der Innenstadt. Maßgebliche Wegbereiterinnen waren damals übrigens – auch im Fall der IFF – die bekannte Velberter Juristin Dr. Rosemarie Osenberg und die langjährige Mitarbeiterin der Kreisverwaltung sowie SPD-Politikerin Regina Schmidt-Zadel aus Ratingen. Letztere wurde in 2004 die erste Behinderten-Beauftragte des Landes NRW.
Höhere Standards als üblich
Aufnahme ist ab zwei Jahren möglich
Das Förderzentrum an der Steeger Straße ist seit 2009 Verbundpartner im Familienzentrum „Mitten im Ort“ (MIO).Voraussetzung für die Aufnahme in der integrativen Kindertagesstätte ist, dass das Kind mindestens zwei Jahre alt ist. Kindergartenbeiträge fallen nicht an.Wegen Betreuung und individueller Förderung der Kinder mit heilpädagogischem Förderbedarf sind auch noch ein Antrag beim Sozialamt der Stadt Velbert und eine amtsärztliche Stellungnahme erforderlich.
Ein Aspekt ist Michel Steffens übrigens sehr wichtig hervorgehoben zu werden: „Hinsichtlich der Qualifikation des Personals hat der Kreis Mettmann eindeutig höhere Standards als andere Träger.“ Aber auch die Nähe zählt: „Beide Einrichtungen profitieren voneinander“, ergänzt Jutta Rechmann.