Velbert. Sehr viel Volumen, aber kein Gewicht. Das ist prägend für die Zunahme der Pappverpackungen. Das Altpapier-Aufkommen in Velbert wandelt sich.
2015 war in der Geschichte des Recyclings in Velbert in einer Hinsicht ein Spitzenjahr. Noch nie zuvor in der lokalen Statistik wurden so viel Papier, Pappe und Kartonagen eingesammelt. Es waren genau 75,4 Kilogramm pro Einwohner. Seither ging’s bergab, ist die Kurve kontinuierlich runtergegangen. 2021 sammelten die Technischen Betriebe Velbert (TBV) über die Altpapiertonnen, Depotcontainer und den Presscontainer auf dem Wertstoffhof bloß 5498 Tonnen Altpapier ein. Das sind nur noch 67,35 Kilogramm pro Kopf bzw. 97 Tonnen weniger als im Jahr zuvor. Und das, obwohl stadtweit immer mehr blaue Tonnen aufgestellt werden. Die Gründe liegen tiefer, nämlich im veränderten Konsumverhalten und in Folgen der Pandemie. Genauer: im Onlinehandel.
Blaue Tonne in Velbert freiwillig
„Ich denke, Ursache sind eindeutig die Pappverpackungen“, erklärt Irmgard Olberding die gemessene Entwicklung und beschreibt den Zustand so: „Sehr viel Volumen, aber kein Gewicht.“ Sie schätzt die Volumina von Verpackungen auf 75 bis 80 Prozent des Aufkommens. Man habe 2007 die freiwillige blaue Papiertonne ohne zusätzliche Kosten eingeführt, blickt die Abfallwirtschaftsplanerin von den Technischen Betrieben Velbert (TBV) zurück, um eine bessere Abschöpfung zu erzielen. Damals habe man gedacht, nach etwa drei oder vier Jahren via Tonnen vier Fünftel des Aufkommens abzuschöpfen. Die Rechnung ging aber nicht auf. Es hält sich fast die Waage: 47 Prozent über Depotcontainer und 53 Prozent über Tonnen.
Versandverpackungen nehmen zu
Gesammelt wird über Depotcontainer und Tonnen
In Velbert sind derzeit insgesamt 176 Altpapier-Depotcontainer auf ca. 72 verschiedenen Standplätzen platziert. Die Anzahl der blauen Papiertonnen liegt aktuell bei 12.285 Stück.Standard und mit Abstand am meisten im Einsatz sind die 240-Liter-Tonnen. Es gibt aber auch 120er und kleinere Container auf Rollen mit 1,1 Kubikmeter Volumen.
„In den letzten Jahren hat sich die Zusammensetzung des Altpapiers aufgrund des immer beliebter werdenden Onlinehandels stark verändert. Versandverpackungen aus Papier, Pappe, Kartonage (PPK) sind großvolumiger und nehmen wesentlich mehr Platz ein. Das Gewicht nimmt jedoch kontinuierlich ab“, beschreibt Marius Walther den Wandel. Außerdem würden immer weniger Zeitungen, Magazine und Broschüren gedruckt, die angesichts ihrer Kompaktheit das Gewicht ausmachten, so der Abfallwirtschaftsberater weiter. „Aufgrund des anhaltenden Lockdowns stieg die Anzahl der Online-Bestellungen auch 2021 weiter an. Der Anteil an leichten Papierverpackungen hat wie erwartet zugenommen.“ Das Gewicht sei aufgrund der „geringen Schüttdichte“ von Versandverpackungen deutlich unter der vorherigen Tonnage geblieben. Richtig problematisch werde es, wenn sperrige Kartonagen nicht kleiner gemacht oder einfach daneben gestellt würden.
Faserfäden werden von Mal zu Mal kürzer
Die Aufgabenteilung sieht so aus: Die TBV sammeln ein, übernehmen also Transport und Logistik. Der Kreis Mettmann organisiert Entsorgung und Verwertung. Das Velberter Aufkommen gelangt erst zur Umladestelle der Firma Drekopf in der Röbbeck. Und landet über den großen Entsorger „Alba“ letztlich „zum größten Teil in Neuss und Hürth“, wie Olberding erläutert, sowie in weiteren Papierfabriken: deutschlandweit und geringfügig auch in den Niederlanden. Diese konzentrierten sich zumeist auf Wellpappen, Spezial- und Zeitungspapier, berichtet Walther. „Man hört eigentlich überall, dass die Qualität aufgrund der veränderten Zusammensetzung des Gesammelten schlechter wird. Die Faserfäden können etwa fünf- bis siebenmal recycelt werden. Sie werden immer kürzer.“
Recycling zahlt sich bei Abfallgebühren aus
„Über die Tonnen haben wir in Velbert so gut wie keine Verunreinigungen und deshalb Super-Qualitäten“, lobt seine Kollegin die Situation vor Ort. „Papier ist Mangelware, die Preise sind gut. Je besser wir bei Recycling und Vermarktung sind, desto stabiler sind auch die Abfallgebühren.“ Das Meiste komme über die Kreis-Mischgebühr zurück: „Das bestätigt auch Kreis-Sprecherin Daniela Hitzemann: „Wir machen die Verträge. Und wenn wir ordentliche Preise erzielen, wirkt sich das natürlich gut auf die Gebühren aus.“ Neben dem rein kommunalen Anteil fahren die TBV im Auftrag der Dualen Systeme auch PPK-Verpackungsmaterialien ab. Dafür fließen im Gegenzug Mitbenutzungsentgelte für den PPK-Verpackungsmasseanteil in Höhe von 33,5 Prozent.
Viel weniger Energie und Wasser
Irmgard Olberding zufolge betrug der Altpapier-Verbrauch in ganz Deutschland zuletzt 18,3 Millionen Tonnen, während 23,1 Millionen Tonnen Neupapier hergestellt wurden. Das entspreche einer Einsatzquote von Altpapier von fast 80 Prozent: „Bei der Gewinnung aus Altpapier sind pro Kilogramm 60 Prozent weniger Energie und 70 Prozent weniger Wasser nötig.“