Neviges. Auf Gut Kuhlendahl in Velbert-Neviges herrscht Hochbetrieb. Spargelbauer Peter Wiemer hat sich mit dem Anbau einst einen Traum erfüllt.
„Im Moment ist das Wetter einfach ideal. Hui, der Grüne hat ja einen richtigen Schuss gemacht.“ Begeistert geht Peter Wiemer in die Hocke, zückt das kleine Küchenmesser. „Für den grünen Spargel reicht das, der wächst ja über der Erde.“ Der weiße Kollege nebenan dagegen, der wird mit dem Spezialmesser gestochen – und auf dem Feld an der Kuhlendahler Straße just seit gestern. „Der Spargel, den wir schon seit April verkaufen, der kommt von den anderen Feldern.“ Das königliche Gemüse wächst auf insgesamt fünf Feldern – zwei sind in Mettmann, je eines in Ratingen und Hilden und eben eines an der Kuhlendahler Straße. Seit nunmehr 20 Jahren lebt er seinen großen Traum: Spargelanbau.
Viele Lokale werden beliefert
Sein königliches Gemüse, ob grün oder weiß, ist so begehrt, dass es dem zweifachen Familienvater so geht wie vielen, die in ihrer Branche erfolgreich sind: „Ich wäre gern viel öfter hier draußen, meistens sitze ich aber im Büro, organisiere, nehme Aufträge entgegen.“ Das Handy bimmelt: „15 Kilo, alles klar.“ Der „Ratskeller“ in Heiligenhaus hat mal eben nachgeordert. Zahlreiche Restaurants aus der Region – darunter auch Haus Stemberg an der Kuhlendahler Straße – beziehen ihren Spargel von Gut Kuhlendahl.
Im Restaurant fehlen Küchenkräfte
„Das ist schon toll, dass die Gastronomie nach den beiden schwierigen Corona-Jahren wieder voll dabei ist, es geht aufwärts.“ Das eigene Spargel-Restaurant direkt auf dem Hof Gut Kuhlendahl konnte Ehefrau Judith jedoch noch nicht wieder öffnen, wie Peter Wiemer bedauert: „Uns fehlen Küchenkräfte, die hatten sich im Lockdown umorientiert. Wir probieren, neue zu bekommen, gar nicht so einfach.“
Die schlanken „Top Models“
Verkauf täglich bis 19 Uhr
Der Spargel auf Gut Kuhlendahl, Kuhlendahler Straße 295, wird täglich direkt auf dem Hof verkauft. Öffnungszeiten: 8 bis 19 Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen.
An den Wochenenden gibt es an dem Verkaufsstand zudem auch Spargelbrot der Bäckerei Polik aus Wuppertal. In dem Dinkel- und Roggenbrot sind kleine Spargel-Stückchen verarbeitet. Das Spargelbrot wird exklusiv für den Verkauf auf Gut Kuhlendahl hergestellt.
Aber das ist zum Glück auch so ziemlich der einzige Wermutstropfen. Alle 16 Saisonkräfte der letzten Jahre seien wieder an Bord, „das ist immer ein richtig großes Wiedersehen“, sagt Peter Wiemer, der mal eben rüber schaut in die Reihe nebenan, wie sich der weiße Spargel so gemausert hat. Vorsichtig lüftet er die Plane, nimmt den Spargelstecher zu Hand: „Oh, hier haben wir ja gleich zwei Top-Models, und da noch eines.“ Sein Kennerblick bestätigt, was sich auch auf den anderen Feldern schon abzeichnete: eine gute Ernte. „Wir erwarten insgesamt so 300 bis 500 Kilo am Tag. In den ersten kalten Tagen Anfang April kamen wir auf den anderen Feldern gerade mal auf 100.“ Aber zum Glück ist es jetzt seit Tagen warm. „Tagsüber viel Sonne, nachts kein Frost. Das ist ideal.“
Kamera erkennt auch die „Halsstruktur“
Da läuft auch in der Halle an der großen Spargelwasch- und Sortiermaschine alles wie am Schnürchen. Sieben Männer haben hier alle Hände voll zu tun – auch wenn der 2008 angeschaffte „Kollege“ ihnen natürlich viel Arbeit abnimmt. Doch bevor die Stangen maschinell gewaschen und nach bestimmten Kriterien sortiert werden, landen sie erstmal für zwei Stunden in großen Wasserbehältern. Hier liegen sie alle kreuz und quer durcheinander, die dicken, die dünnen, mit Macken und makellos. Und alle erstmal dreckig. „Wir weichen das deshalb ein. Was hier aufs Band geht, das wurde gestern gestochen“, so Peter Wiemer. Nach dem Waschgang kennt die Kamera der Sortiermaschine keine Gnade: Da wird unterschieden zwischen Kopf-Öffnung, Halsstruktur, Krümmung und Kopfstruktur, wie im Display zu lesen ist.
Verkauf direkt am Hof
Ob krumm und dünn oder dick und kerzengerade, der feldfrische Spargel ist heiß begehrt, wie Edeltraud Kleinsorge weiß, die seit zwölf Jahren hinter dem Verkaufsstand im Hof steht.: „Manche Leute kommen schon vor acht Uhr morgens.“ Und Peter Wiemer? Der ist immer noch so begeistert dabei und ist froh, 2002 etwas ganz Neues gewagt zu haben. Schon während seines landwirtschaftlichen Studiums in Soest sei ihm die Idee gekommen: Warum keinen Spargel anbauen? „Zum einen esse ich ihn unheimlich gern. Außerdem gab es sowas hier noch nicht.“ Zwei Studienkollegen halfen bei der ersten Anpflanzung mit. „Der nährstoff- und mineralreiche Boden hat sich als sehr gut erwiesen, der Spargel wächst langsam und gleichmäßig.“ Mittlerweile strahle auch Tochter Ida (11), wenn Spargel auf den Tisch komme. Nur Sohnemann Theo (9) ist noch nicht überzeugt, wie Papa lächelnd erzählt. „Da müssen wir noch ein bisschen dran arbeiten.“
Weitere Fotos vom Spargelhof Kuhlendahl auf waz.de/velbert.