Velbert. Fünf Wochen vor der Wahl diskutierten fünf Politiker zweieinhalb Stunden lang über ihre Ziele und Visionen. – mal vage, mal konkret. Eine Analyse.

In gut fünf Wochen stehen die Landtagswahlen an. Das hat die Alevitische Gemeinde Velbert zum Anlass genommen, die Kandidaten von fünf Parteien zu einer Podiumsdiskussion einzuladen – und die sind dem Wunsch nachgekommen. Bis zum letzten Platz ist der Saal am Donnerstagabend gefüllt. Vorn sitzen Thomas Sterz (FDP), Esther Kanschat (Grüne), Cüneyt Söyler (SPD), Martin Sträßer (CDU) und Birgit Onori (Linke).

Podiumsdiskussionen vor Wahlen sind schwierige Veranstaltungen – die Kandidaten geben oft nicht allzu viel preis und versuchen mit wenigen Worten noch weniger zu sagen. Auch an diesem Abend ist das nicht anders: „Das C in ‚CDU’ ist mir wichtig“ (Sträßer), „die Kommunen sind das Herz der Demokratie“ (Söyler), „Wir wollen das Pariser Klimaabkommen achten“ (Onori), „Recyceln ist aktiver Klimaschutz“ (Sterz), „Ich will mich für zukunftsfähige Bereiche einsetzen“ (Kanschat).

Moderatoren locken die Kandidaten aus der Reserve

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Von Yvonne Szabo und Sascha Döring

Spannend wird die Diskussion immer erst dann, wenn es eine Frage – sei sie von den Zuschauern oder dem dynamischen Moderatoren-Duo aus Rezan Halis und Yüksel Kolcak gestellt – einen Kandidaten aus der Reserve lockt oder sogar einen kleinen Schlagabtausch provoziert. Nachdem Martin Sträßer zum Beispiel die Bekämpfung des Klimawandels etwas zu sehr für seine Partei beanspruchte und leicht süffisant bemerkte, der Grüne Robert Habeck habe nun in das nicht besonders menschenrechtsfreundliche Katar reisen müssen, um dort einen fossilen Energieträger zu bekommen, konterte Kanschat: „Ich finde es eine Frechheit von CDU und FDP, jetzt so zu tun, als hätten sie den Klimaschutz nach vorn gebracht.“

Politik-Neuling verschafft sich Sympathien bei den Gästen in Velbert

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Rhetorisch erfrischend kam FDP-Mann Thomas Sterz daher, der erst seit wenigen Jahren in der Politik unterwegs ist: Um keine Antwort verlegen und immer mit Bezug zum Fragesteller – so schafft man in der Lokalpolitik Sympathien. Ganz anders die Linken-Kandidatin Birgit Onori: Sie wirkte bei manchen Fragen ungenau vorbereitet und ohne echte Lösungsansätze.

Die Kandidaten bei der Podiumsdiskussion in Velbert

Martin Sträßer, Direktkandidat für die CDU bei der Landtagswahl 2022.
Martin Sträßer, Direktkandidat für die CDU bei der Landtagswahl 2022. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann
Cüneyt Söyler, Direktkandidat für die SPD bei der Landtagswahl 2022.
Cüneyt Söyler, Direktkandidat für die SPD bei der Landtagswahl 2022. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann
Thomas Sterz, Direktkandidat für die FDP bei der Landtagswahl 2022.
Thomas Sterz, Direktkandidat für die FDP bei der Landtagswahl 2022. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann
Dr. Esther Kanschat, Direktkandidatin für die Grünen bei der Landtagswahl 2022.
Dr. Esther Kanschat, Direktkandidatin für die Grünen bei der Landtagswahl 2022. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann
Birgit Onori, Direktkandidatin für die Linken bei der Landtagswahl 2022.
Birgit Onori, Direktkandidatin für die Linken bei der Landtagswahl 2022. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann
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Söyler und Kanschat wollen mit Biografie und täglichem Handeln überzeugen

Dass die Regierungsbeteiligung indes den Ampelparteien auch auf lokaler Ebene Aufwind verschafft, war deutlich bemerkbar: Abgesehen von Sterz waren Söyler und Kanschat die Angelpunkte der Diskussion. Nun betonten zwar sowohl der SPD-Mann als auch die Grünen-Frau immer wieder genau die Merkmale ihrer Biografien, die ihr parteipolitisches Profil charakterisieren (Söyler erklärte mehrfach, einem Arbeiterkind wie ihm seien gleiche Bildungschancen wichtig und Kanschat verwies auf ihren eigenen Lebensstil als Vorbild für grüne Denke), ihre Bekenntnisse wirkten aber nicht prätentiös, sondern als tatsächliche Treiber ihres politischen Engagements.

Der Amtsinhaber legt sich selten auf genaue Positionen fest

Rezan Halis und Yüksel Kolcak führten souverän durch die Podiumsdiskussion in Velbert.
Rezan Halis und Yüksel Kolcak führten souverän durch die Podiumsdiskussion in Velbert. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Martin Sträßer von der CDU hingegen, der sich parteiintern in einer Kampfabstimmung gegen Marc Ratajczak und Matthias Bartylla durchgesetzt hatte – nahm bei der Diskussion eine Sonderrolle ein: Als einziger amtierender Landtagsabgeordneter der Runde ist er bei den diesjährigen Wahlen sowohl im Vor- als auch im Nachteil: Im Vorteil deshalb, weil er den anderen Kandidaten Parlamentserfahrung voraushat – im Nachteil, weil die Partei, der er angehört, bei der letzten Bundestagswahl krachend abgewählt wurde. Und so legte sich Sträßer – rhetorisch gekonnt – selten auf genaue Positionen fest: In der Abschlussrunde etwa sagte er nur, er wolle Velbert weiterentwickeln – für eine starke Stadt, starke Wirtschaft und starke Familien.

Was also mitnehmen von diesem Abend? Einen klaren Sieger hat es nicht gegeben, mit der Linken aber einen recht klaren Verlierer. Und die anderen Kandidaten? Die wurden manchmal konkret, blieben manchmal vage. Vielleicht sollte das letzte Wort einfach Moderatorin Rezan Halis gehören: „Geht wählen, Leute.“

>>> Landtagswahl am 15. Mai

Am 15. Mai wird abgestimmt: Dann entscheidet sich unter anderem im Wahlkreis 40 – Mettmann IV (zu dem auch Velbert gehört), wer in den Landtag einzieht.

Neben den in der Podiumsdiskussion vertretenen Parteien stellen auch Piraten Martin Schwarz), Bündnis C (Marcel Stubbe), AfD (Josef Ehrentraut) und das Internationalistische Bündnis (Horst Dotten) Direktkandidaten.