Langenberg. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat die Wieland-Werke in Langenberg besucht und sich ein Bild vom Wiederaufbau nach der Juli-Flut gemacht.
Schwarze Limousinen auf dem Parkplatz, Männer mit Knöpfen im Ohr und ein Polizeiwagen, der auf dem Ziegeleiweg patrouilliert: Anzeichen für einen ungewöhnlichen Besuch. Und den gab es in der Tat: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) stattete gemeinsam mit seiner Staatssekretärin und MdB Kerstin Griese sowie dem hiesigen SPD-Landtagskandidaten Cüneyt Söyler den Wieland-Werken einen Besuch ab.
Der Minister wollte sich zum einen ein Bild davon machen, wie der Wiederaufbau der Produktionsstätte nach dem Juli-Hochwasser voran kommt und zum anderen die Chance nutzen, mit Werksleitung und Arbeitnehmervertretern ins Gespräch zu kommen.
Führung durch die Werkshallen
Olaf Görtges, Leiter der Business Unit (Geschäftsbereich) „Walzprodukte“, und Werksleiter Manuel Nisch übernahmen die Führung und erläuterten den Politikern, welche Schäden das Werk durch die Überflutung im Juli 2021 erlitten hatte und wie gut die Reparaturen und der Wiederaufbau vorankommen.
Bis zu 80 Zentimeter hoch hatte das Wasser vor einem guten Dreivierteljahr auf dem Außengelände gestanden, in den Hallen waren es auch noch 30 bis 40 Zentimeter. Was aber viel schlimmer war: Die Keller der Werkshallen liefen voll.
Wieland plant Erweiterung
Hier befindet sich viel Technik und Mechanik für die großen Werkzeuge und Maschinen. 7000 Kubikmeter Wasser, also sieben Millionen Liter, mussten abgepumpt werden. Das Wasser beschädigte drei Haubenöfen so schwer, dass diese nicht mehr funktionstüchtig waren. Inzwischen liegt die Produktionskapazität schon wieder bei mehr als 70 Prozent.
Was die Gäste beeindruckte (eine „Riesen-Leistung“, sagte Hubertus Heil): Wieland baut nicht nur wieder auf, sondern will auch erweitern. Den Grund erläuterte Olaf Görtges: „Durch die Flutschäden – auch bei einem Mitbewerber – sind rund 80.000 Tonnen an Produktionskapazität entfallen.“ Das seien immerhin rund 20 Prozent der europaweiten Kapazität. „Und die wollen wir natürlich abdecken.“
Corona, Krieg und Nachwuchsmangel
Um weitere drängende Themen ging es in der anschließenden Gesprächsrunde – vor allem um die Auswirkungen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs sowie die Nachwuchsgewinnung. Was den Minister interessierte: Wie betroffen ist Wieland, wenn Lieferketten unterbrochen oder eingeschränkt werden?
„Wir sind gut aufgestellt“, sagte dazu Olaf Görtges. „Unsere Strategie ist es, eine Legierung an mindestens zwei Standorten zu fertigen. So können wir unseren Kunden eine gewisse Sicherheit bieten.“ Zumal Wieland ganz am Anfang der Kette stehe. Schwierigkeiten gebe es also eher dann, wenn die Kunden Probleme bekämen.
Gut funktioniert habe in der Corona-Krise auch das Instrument der Kurzarbeit, führte der Bereichsleiter weiter aus – und erhielt dafür zustimmendes Nicken der Betriebsratsvertreter. „Bei uns gibt es sowieso nur zwei Möglichkeiten: Kurzarbeit oder Überzeit“, fügte Olaf Görtges an. Und Kurzarbeit habe es bislang erst zweimal gegeben: Nach der Lehman-Pleite 2008 und nun durch Corona.
Gas-Embargo könnte Problem darstellen
Wesentlich kritischer sehen Görtges und Werksleiter Manuel Nisch die möglichen Folgen des Ukraine-Kriegs – vor allem das drohende Gas-Embargo: Da die mit Gas beheizten Öfen im Werk aus wirtschaftlichen Gründen permanent laufen müssen, ist der Bedarf natürlich hoch. „Bei der ein oder anderen Neuinvestition stellen wir zwar schon auf Elektrizität um“, erläuterte Olaf Görtges, „aber das geht natürlich nicht von heute auf morgen“.
„Der Gaspreis ist sogar noch das kleinere Problem“, erläuterte Werksleiter Manuel Nisch weiter. „Ich gehe davon aus, dass die Verfügbarkeit von Gas für uns bei einem Embargo zum Problem wird.“
Neue Konzepte in Arbeit
Beim Blick in die Zukunft ging es vor allem um den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel. „Wir erarbeiten derzeit gemeinsam mit dem Betriebsrat neue Konzepte, um (junge) Leute für unser Unternehmen zu begeistern“, sagte dazu Olaf Görtges.
Auch werde die weitere Automatisierung eine große Rolle spielen – „nicht, weil wir Personalkosten sparen wollen“, sagt der Bereichsleiter „Walzprodukte“, „sondern weil wir das Personal gar nicht erst bekommen.“ Um das zu ändern, müsse deutlich früher angesetzt werden, sagte dazu Minister Hubertus Heil.
Berufsorientierung verbessern
„Berufsorientierung gehört in jede Schule“, forderte er, „und zwar ab der 5. Klasse und in allen Schulformen“. Kinder und Jugendliche müssten schon früh sehen, dass es mehr als nur die drei, vier beliebtesten Berufsfelder gebe. „Und da brauchen wir ein bundeseinheitliches System der Berufsorientierung.“
Und um mehr Mädchen und junge Frauen für technische Berufe zu interessieren, „brauchen wir Rollenvorbilder“. Als Beispiel nannte er etwa Dr. Suzanna Randall und Dr. Insa Thiele-Eich, zwei Frauen, die die ersten Astronautinnen aus Deutschland werden sollen. „Mädchen müssen sehen, dass es völlig normal für Frauen ist, in solchen Berufen zu arbeiten.“
Bilder vom Besuch des Bundesarbeitsministers bei den Wieland-Werken gibt es auf www.waz.de/Velbert.