Velbert. Dicht aufgefahren, rechts überholt und andere ausgebremst: 5000 statt 12.000 Euro muss nun ein Essen-Werdener für eine gefährliche Fahrt zahlen.

Nach einer Drängelfahrt auf der Autobahn A 535 auf Velberter Stadtgebiet zahlt ein angeklagter Autofahrer (54) aus Essen-Werden 5000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen. Er vermeidet damit ein Strafurteil und sechs Monate Fahrverbot, das ihn laut eigener Angaben sogar den Arbeitsplatz hätte kosten können.

Der Mann gab in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht in Wuppertal zu, gefahren zu sein. Sein Anwalt ergänzte: „Er hat sich verschätzt. Es war eng und er musste ausweichen, dabei wurde der nachfolgende Verkehr natürlich beeinträchtigt. Es ist doof gelaufen, es tut ihm leid.“ Durch das Geständnis wendet der Mann Geldstrafe von 12.000 Euro ab, die das Amtsgericht zunächst nicht rechtskräftig verhängt hatte. Der Betrag entspricht seinem Einkommen von 80 Tagen.

Gefährliche Fahrt auf der Velberter Autobahn

Der Angeklagte war mit dem Kleinbus aus Wuppertal kommend unterwegs.
Der Angeklagte war mit dem Kleinbus aus Wuppertal kommend unterwegs. © FFS | Hans Blossey

Laut den Zeugenaussagen beim Amtsgericht war der Angeklagte bei dem Geschehen vom März 2018 mit einem hochklassigen und stark motorisierten Kleinbus von Essen kommend Richtung Wuppertal auf der linken Spur gefahren. Dabei sei er so dicht auf ein voranfahrendes Auto aufgerückt, dass dessen Fahrer das Nummernschild des Angeklagten aus dem Heckfenster verschwinden sah.

Der Angeklagte habe rechts überholt und sei vor dem anderen Pkw so wieder nach links eingeschert, dass der habe bremsen müssen. Zu einem Unfall kam es durch Glück nicht. Der Fahrer des ausgebremsten Autos zeigte den Verstoß an.

Angeklagter versuchte zunächst Strafe abzuwenden

Der Angeklagte ist leitender Angestellter ohne Vorstrafen und ohne Einträge im Verkehrsregister, bei dem Kleinbus handelte es sich um einen Firmenwagen. Im Verfahren hatte der Mann zunächst angegeben, es hätten noch zwei Mitarbeiter Zugriff auf das Auto, außerdem seine Angehörigen. Sein Anwalt erläuterte: „Es gibt jemanden aus dem Familienkreis, der sieht aus, wie ihm dem Gesicht geschnitten.“ Der vorsitzende Richter antwortete: Man könne sich durchaus fragen, was ein Zeuge vom Fahrer eines Autos sieht, während er selbst bei hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn unterwegs ist. Andererseits warteten die Mitarbeiter der Angeklagten für ihre Zeugenaussagen bereits auf dem Flur.

Den Ausschlag gab schließlich der Zeitablauf: Die Staatsanwaltschaft verfasste die Anklage 2019, ein Jahr nach dem Geschehen. Das Amtsgericht verhandelte im Februar 2020. Jetzt, fast vier Jahre nach dem Vorfall, brauche es bei einsichtigem Verhalten und Zahlung für gemeinnützige Zwecke keine zusätzliche Strafe mehr, stellte die Staatsanwältin fest. Zusätzliche Verstöße seien keine bekannt geworden.

Ohne Führerschein wäre der Angeklagte arbeitslos geworden

Außerdem lag ein Brief des Arbeitgebers des Angeklagten auf dem Tisch: Wenn er nicht mehr fahren dürfte, wäre er seinen Job los. Sein Anwalt bekräftigte: „So was wird nie wieder vorkommen. Jetzt in der Pandemie ist jeder froh, wenn er Arbeit hat.“ Der Angeklagte hat für die Geldzahlung sechs Monate Zeit, danach stellt das Gericht das Verfahren endgültig ein.

>>> Vereine profitieren

Abhängig von der Schwere eines Verstoßes und vom Hintergrund können Angeklagte in vielen Fällen Strafe abwenden, indem sie für einen gemeinnützigen Zweck zahlen.

Mit der Zahlung müssen Staatsanwaltschaft und Angeklagter einverstanden sein, den Empfänger legt das Gericht fest.

Gemeinnützige Vereine bewerben sich bei den Gerichten, indem sie ihre Arbeit vorstellen. Grundsätzlich kommt auch die Landeskasse als Empfänger einer Geldauflage in Frage.