Neviges. Wenn St. Martin am 10. November durch Neviges reitet, dann sitzt er auf einem außergewöhnlichen Pferd – nicht nur, weil „Bo“ besonders hübsch ist
Wenn Pferdefans von Vollblut-Arabern sprechen, bekommen sie glänzende Augen. Schön, feingliedrig, schnell wie der Wind, das sind Eigenschaften, die „Arabern“ zugesprochen werden. Was einem allerdings nicht gerade als erstes einfällt: Nervenstärke. Doch wenn St. Martin beim Laternenumzug der KAB am Mittwoch, 10. November, durch Neviges reitet, gefolgt von vielen Kindern, die begeistert singen, ihre Laternen schwenken, gefolgt vom Spielmannszug der Feuerwehr, der für ordentlich Tschingderassabumm auf den Straßen von Neviges sorgt, dann kann sich St. Martin auf seinem Vollblut-Araber Bo sicher fühlen wie in Abrahams Schoß. Denn Bo, so versichert seine Besitzerin und Trainern Maria Berger-Reichel, ist auch im dicksten Getümmel ein Fels in der Brandung.
Bo mag Action
Martinsspiel vor dem Dom
Der St. Martinszug, organisiert von der KAB, startet am Mittwoch, 10. November, um 17.30 Uhr an der evangelischen Grundschule Ansembourgallee.Am Altenheim vorbei geht es durch die Fußgängerzone zum Mariendom. Vor dem Dom führen Kinder der katholischen Sonnenschule traditionell ein Martinsspiel auf. Mithilfe von Spenden hat die KAB wieder Schulen und Kitas mit Weckmännern versorgt.
„Auf Bo kann man sich immer hundertprozentig verlassen. Er ist sehr sanftmütig, besonders auch zu Kindern“, sagt die 35-Jährige und tätschelt dem Fuchswallach liebevoll den Hals. Ja, Bo, mit 14 Jahren als Vertreter seiner Rasse im besten Pferde-Alter, mag einfach Action. Öde, so ein Foto-Termin, dafür nun raus aus der gemütlichen Box, passiert ja gar nichts hier. Und dann steht da noch jemand dumm rum mit Block in der Hand, was soll das? „Schwenken Sie mal die Bänder, dann wird er aufmerksam“, ruft die Trainerin, die ihren Liebling ein Stück führt. Mal kurz die Ohren gespitzt, der Hals reckt sich – da muss schon mehr kommen, damit Bo in seinem Element ist. Zum Beispiel am Mittwoch, wenn St. Martin an der evangelischen Schule an der Ansembourgallee startet und vor dem Mariendom seinen Mantel teilt.
Liebe auf den ersten Blick
Dann müsse St. Martin nicht etwa Sorge haben, dass Bo der ganze Rummel zu viel wird, er gar ausbüxen will. „Bo ist noch nie durchgegangen, wir sind auch noch nie in irgendwelche brenzligen Situationen geraten“, sagt Maria Berger-Reichel, und nennt auch gleich den Grund für die hundertprozentige Zuverlässigkeit des Pferdes: „Bo weiß, dass ich ihm nie etwas abverlange, was gefährlich ist.“ Und das gebe sie als Besitzerin natürlich auch St. Martin am Mittwoch mit auf den Weg, ist ja klar. Denn Bo, das ist ihr Augenstern. Als sie das Fohlen vor 14 Jahren sah, war es Liebe auf den ersten Blick.
Das Fohlen war gerade geboren
„Ich komme gebürtig aus Viersen, hatte damals wohl Reitbeteiligungen, aber kein eigenes Pferd. Und ich hab immer gern fotografiert. Eine Züchterin rief mich an, zwei ihrer Stuten hätten Fohlen bekommen. Ich sollte Fotos für den späteren Verkauf machen.“ Als Maria Berger-Reichel mit ihrer Spiegelreflex-Kamera anrückte, war es um sie geschehen: „Er war war gerade geboren, etwa fünf Stunden alt, er war wirklich sehr klein, sehr zart. Und ich wusste: Das ist meiner. Drei Tage später habe ich ihn gekauft“, erzählt Maria Berger-Reichel, die ihr Pferd nur ganz selten beim richtigem Namen nennt. „Bonsai sag ich nur zu ihm, wenn ich mal schimpfen muss.“ Seit jenem ersten Tag, als sie ihren Bo zum ersten Mal fotografierte, „da haben wir auch alles zusammen gemacht“.
Behutsam eingeritten
Sehr behutsam habe sie ihn eingeritten, „ich hatte ja auch gar kein Geld, dass jemandem anders zu überlassen“. Ganz sachte habe sie ihn daran gewöhnt, einen Menschen auf dem Rücken zu tragen. „Zuerst hatte ich mich beim Striegeln mal so halb auf ihn gelegt, das machte ihm gar nichts aus.“ Ab dem vierten Jahr wurde es dann langsam ernst. „Ich hatte es mal probiert, also mich richtig drauf gesetzt. Das war zwar ganz gut, aber ich merkte einfach: Der ist noch nicht fertig, da hab ich ihn noch in Ruhe gelassen, Araber sind auch Spätentwickler.“
Dafür hätten die beiden dann später umso mehr Spaß gehabt. „Wir waren von Anfang an viel im Gelände, dann hab ich auch so ein Anti-Schreck-Training mit ihm gemacht.“ Ob Wunderkerzen, plötzlich aufspringende Regenschirme oder zerknallte Luftballons – Bo habe immer Vertrauen zu ihr gehabt. Spaß machten ihm auch die „Reiter-Ralleys“, eine Art Schnitzeljagd mit Pferden. Und beim Feuer-Kurs auf Burg Satzvey – hier gibt’s auch immer Ritterspiele – „da guckte er zwar erst groß, war aber dann okay“.
„Alter Hase“ auf Martinszügen
Auch auf Laternenumzügen ist Bo inzwischen ein „alter Hase“, vor allem für Besuche in der Kita klopft St. Martin häufig bei Maria Berger-Reichel an. Die hatte übrigens vor fünf Jahren heftig um ihren Bo gebangt. „Er hatte sich auf der Koppel das Bein gebrochen, es war zum Glück nicht so arg schlimm. Wir hatten viel Geduld, haben ein Jahr lang gewartet, dann war er wieder fit.“
So, Foto-Session beendet, zufrieden mampft Bo eine dicke Möhre in seinem Außenstall mit viel Luft und Pferde-Gesellschaft. „Er ist wirklich super. So etwas wie St. Martins-Züge kann man natürlich nicht mit jedem Pferd machen.“ Das einzige, was Besitzerin Maria Berger-Reichel St. Martin am Mittwoch mit auf den Weg gibt: „Bo mag Regen nicht so gern. Da wird er schon mal zappelig, als wollte er sagen: Los, mach voran, ich will nach Hause.“