Velbert. Darf man in Velbert bald Gras kaufen? Ein Arzt erklärt, warum die Legalisierung heikel ist. Ein Apotheker sagt, wie er Cannabis verkaufen würde.
Die Ampel-Koalition plant offenbar, Cannabis zu legalisieren. Das heißt, Bürgerinnen und Bürger in Velbert könnten bald in Apotheken oder Coffee-Shops Gras kaufen, um sich einen Joint zu drehen. Bisher ist lediglich der Konsum erlaubt, Verkauf und Besitz stehen unter Strafe. Gesundheitsexperten in Velbert bewerten die Legalisierung allerdings kritisch. „Aus einer medizinischen Sicht nehme ich da die Kontraposition ein. Es ist der falsche Weg“, sagt Professor Dr. Eugen Davids, Ärztlicher Direktor in der Psychiatrischen Fachklinik der Evangelischen Stiftung Tannenhof, in der unter anderem in Langenberg suchterkrankte Menschen behandelt werden.
Er und sein Team kümmern sich im Jahr um „mehrere hundert Patienten“ in Zusammenhang mit Cannabis.„Bei Menschen, die Cannabis konsumieren, können drogeninduzierte Psychosen, Depressionen und Angststörungen auftreten“, sagt er. Vor allem Jugendlichen schadet laut Davids der Konsum. Er kenne Studien die zeigen, dass nach der Legalisierung von Cannabis in Colorado mehr Verkehrsunfälle passiert sind. Zudem seien dort mehr Menschen in Kliniken wegen Cannabiskonsum eingewiesen worden.
Warum Gesundheitsexperten in Velbert die Legalisierung von Cannabis ablehnen
Patienten, die an einer Cannabis-Psychose leiden, denken blockiert und durcheinander, sagt Davids. Sie haben Probleme, überhaupt noch Struktur in ihren Tagesablauf zu bekommen und verlieren den Anschluss zu ihrem Umfeld. Wer Cannabis konsumiert, erleidet häufiger und früher eine Psychose als abstinente Personen. Das gilt vor allem, wenn Menschen das Rauschmittel täglich und über einen langen Zeitraum einnehmen. Und wenn der THC-Gehalt des Cannabis hoch ist.
Doch angenommen, Cannabis wird tatsächlich legalisiert und in Apotheken verkauft – wie stellen sich Apotheker in Velbert die Abgabe konkret vor? Patrick Fitzon aus der Apotheke Zum Schlotschmet ist nicht per se gegen eine Legalisierung. Allerdings nur, solange der gesetzliche Rahmen stimmt. Er verkauft schon heute Cannabis in seiner Apotheke, auf Rezept für Schmerzpatienten. „Die sind austherapiert, da hat kein anderes Medikament gewirkt.“
Wer früh beginnt zu kiffen, muss langfristig mit kognitiven Einschränkungen leben
Fitzon stellt sich vor, dass auch der Verkauf für den Rausch streng reglementiert sein müsste. Die Apotheke als Ausgabeort hält er für geeignet. So könnte man besser das Alter der Käuferinnen und Käufer kontrollieren. Und: Wie häufig und welche Menge jemand einkauft. Konkret plädiert er für ein Mindestalter von 18 Jahren.
Immer wieder weisen Medizinerinnen und Mediziner darauf hin, dass Cannabis-Konsum bei Jugendlichen die Entwicklung des Gehirns stören kann. Wenn Menschen früh anfangen zu kiffen, normalisiert sich später in ihrem Leben ihr IQ nicht wieder. Wer die Droge regelmäßig konsumiert, verliert laut Studien bis zu acht IQ-Punkte.
Anders als Fitzon hält die Apothekerin Ute Schanze Cannabis für zu gefährlich, um es zu legalisieren. „Für mich, die in einem Heilberuf tätig ist, ist das eine Einstiegsdroge. Wer einmal mit dem Kiffen anfängt, landet später nicht selten bei den harten Sachen.“ Schanze hat das in ihrem persönlichen Umfeld häufiger mitbekommen. Aus ihrer Sicht wäre eine Legalisierung dem „Wohle der Menschen“ nicht zuträglich.
Apothekerin: Es sollen nur Leute Gras kaufen dürfen, die vorher beim Arzt waren
Sollte es zur Lockerung der Gesetze kommen, wünscht sie sich eine ähnliche Handhabung wie bei der Ersatzdroge Methadon. Schanze teilt es an Suchtkranke aus, sofern sie dafür ein Rezept haben. „Auch Cannabis sollte nur gekauft werden, wenn es vorher von einem Arzt verschrieben wurde“, sagt sie. Ein weiterer Vorteil sei, dass man als Apotheker Aufklärungsgespräche anbieten und vor den Risiken warnen könne.
Die Polizei in Mettmann möchte sich zur geplanten Legalisierung nicht äußern. Sie sagt, sie halte sich an Recht und Gesetz, verfolge somit Delikte in dem Bereich, solange es der Gesetzgeber verlangt. Politisch wolle man nicht Stellung beziehen. Polizeigewerkschaften äußern große Bedenken an den Legalisierungsplänen der Ampel-Koalition.
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