Neviges. Der Friseursalon Schröder schließt nach 50 Jahren. Das macht vor allem einen Kunden traurig, der auf ungewöhnliche Weise seine Treue zeigt.

Wer in den Friseursalon von Bernd Schröder kommt und vom Chef persönlich bedient wird, der sagt meistens nur zwei Worte: „Wie immer.“ Friseurmeister Bernd Schröder hat sich seit Jahrzehnten auf Herrenhaarschnitte spezialisiert, für die Damen sind seine Mitarbeiterinnen zuständig. Er sei immer Friseur mit Leib und Seele gewesen, habe sich nie etwas anderes vorstellen können, beteuert Bernd Schröder. Doch irgendwann müsse ja mal Schluss sein, mit 72 Jahren dürfe man wohl in Rente gehen: Ende des Jahres 2021, genau gesagt Heilig Abend, schließt er nach 50 Jahren seinen Laden an der Elberfelder Straße 41, mitten in der Fußgängerzone zum letzten Mal ab.

Als Modell mit zur Prüfung gefahren

Friseurmeister Bernd Schröder bedient die Herren, sein Team ist für die Damen zuständig: (vl.) Sandra Strau, Ulrike Hinzen, Ehefrau Brigitte Schröder und Olga Weber. Nach 50 Jahren schließt der Laden Endes des Jahres.
Friseurmeister Bernd Schröder bedient die Herren, sein Team ist für die Damen zuständig: (vl.) Sandra Strau, Ulrike Hinzen, Ehefrau Brigitte Schröder und Olga Weber. Nach 50 Jahren schließt der Laden Endes des Jahres. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Und niemand dürfte darüber so traurig sein wie sein treuester Stammkunde: Peter Neureiter kommt nicht nur vom ersten Tag an alle zwei bis drei Wochen zum Schneiden, er stellte sich auch immer wieder als Modell zur Verfügung, wenn wichtige Prüfungen anstanden. Und das schon, als Bernd Schröder noch in der Lehre steckte. Schief gegangen ist das nie, auch bei der Meisterprüfung überzeugte Bernd Schröder die Innung mit einem gekonnten Haarschnitt an seinem Lieblingsmodell. „Ja, stimmt, ich bin damals auch mitgefahren nach Düsseldorf“, erinnert sich Peter Neureiter schmunzelnd. Und ganz klar, für ihn sei nie ein anderer Friseur in Frage gekommen. „Wir kennen uns ja auch seit Kindesbeinen, unsere Eltern haben damals in einem Haus gewohnt.“

Gelernt bei „Schneidewind“

Stammkundin aus Essen

Friseurmeister Bernd Schröder ist immer donnerstags, freitags und samstags in seinem Salon an der Elberfelder Straße 41, 02053 2223. Eine Stammkundin kommt seit Jahrzehnten jeden Samstag aus Essen, immer pünktlich um 8.30 Uhr.

Die Öffnungszeiten lauten: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 9 bis 18 Uhr, Samstag von 8 bis 13 Uhr. Montags ist geschlossen.

Schon als Kind wusste Bernd Schröder genau, was er später werden wollte. Nicht Rennfahrer oder Fußballspieler wie seine Spielkameraden. „Ich hab immer gesagt: Friseur. Etwas anderes kam überhaupt nicht in Frage. In unserer Familie hatten Onkel und Tante zwei Friseurgeschäfte, so ist das wohl gekommen“, erzählt der gebürtige Nevigeser, seit über 60 Jahren passionierter Tischtennisspieler beim SV Union Velbert. Und so war es klar wie Kloßbrühe, dass er 1963 seine Lehre im Salon „Schneidewind“ in der oberen Fußgängerzone begann – und schon hier seinem Freund Peter Neureiter die Haare schnitt.

Viele Salons in Neviges

„Ich hab dann 1972 meinen Meister gemacht und den Laden übernommen.“ Durch Verkauf der Immobilie an die Volksbank sei er gezwungen gewesen umzuziehen, eröffnete 1978 den Salon Schröder am jetzigen Standort, der Elberfelder Straße 41. „Es gab schon immer viele Friseure in Neviges, so acht bis neun. Aber die haben sich besser verteilt als jetzt, nicht so geknubbelt.“ Allein im Bereich Elberfelder Straße/Wilhelmstraße gibt es zurzeit vier Salons. „Und damals war man sich noch einig mit den Preisen, da ist keiner groß ausgeschert.“ Auch das habe sich geändert.

Das Onduliereisen durfte nicht qualmen

Zwar hatte sich Bernd Schröder persönlich seit 1974 auf Herrenhaarschnitte spezialisiert, doch musste er mit seinem Salon natürlich stets auch bei den Damenfrisuren auf dem Laufenden sein. Wenn der Meister sein Berufsleben Revue passieren lässt, ist das auch ein kleines Stück Kulturgeschichte des Friseurhandwerks. „In den sechziger Jahren haben wir viel toupiert und hochgesteckt, da wollten viele aussehen wie Farah Diba.“ Die ehemalige Kaiserin des Irans habe schon die Mode ganz schön beeinflusst. „Dann kam in den Sechzigern die Dauerwelle auf, wir hatten auch noch Onduliereisen im Salon. Also diese Brenneisen, die wurden mit Gas heiß gemacht“, erzählt Bernd Schröder und fügt trocken hinzu: „Wenn es qualmte, war das schlecht.“

Keine Kahlschnitte bei Meister Schröder

Und ja, die wilden siebziger Jahre, „Vokuhila, vorne kurz, hinten lang, haben wir alles mitgemacht“. Aber wie auch immer die Mode gewesen sei, ob Minipli für feine Fusselhaare oder lange Koteletten: „Das waren noch Haarschnitte. Heute wird ja viel mit der Maschine gemacht, das hat mit Haareschneiden wenig zu tun. So kahl geschoren, wie es heute viele wollen, damit wären wir früher durch die Prüfung gefallen. Das machen wir auch nicht, aber diese Kunden kommen auch gar nicht erst zu uns.“

Es gibt einen Nachfolger

Wenn Bernd Schröder mit 72 Jahren die Schere aus der Hand legt, dann freut er sich auf Reisen mit Ehefrau Brigitte, vor allem auf Zeit für die Familie, auf Zeit für drei Enkel und einen Urenkel. Sein Laden bleibt ein Frisiersalon und wird ab Januar 2022 geführt von einem Bruder des Schneiders Ammar Morad, der seine Werkstatt schräg gegenüber hat. Von den Angestellten des Friseursalons sagt eine ebenfalls Tschüss, nämlich Cornelia Preuss, die seit 43 Jahren hier föhnte, schnitt und Locken drehte. Und Stammkunde Neureiter? Der ist zumindest froh, sich räumlich nicht umstellen zu müssen: „Ich geh da mal hin und guck mir das an.“