Neviges. Für die Werkstatt der beliebten Schneidermeisterin Rita Twardowska gibt es einen Nachfolger: Ammar Morad liebt den Umgang mit Stoffen und Mode.

Sie kamen mit Hosen, Blusen, auch mit Gardinen. Wollten mal etwas kürzer, enger oder einfach nur schöner haben. Wie ein Lauffeuer hat sich die Nachricht in Neviges herumgesprochen: Es geht weiter bei Rita, wie die beliebte Schneidermeisterin Rita Twardowska von vielen nur genannt wird. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie sich Anfang des Jahres aus ihrer Werkstatt in der Fußgängerzone (Elberfelder Straße 46) zurückziehen. Wie sehr Rita Twardowska in über 30 Jahren geschätzt wurde, hörte ihr Nachfolger Ammar Morad – „Bitte sagen Sie einfach Ammar“ – an seinem ersten Tag gleich mehrmals. „Junger Mann, Sie treten hier in große Schuhe, die Rita war einmalig“, sagt eine ältere Dame, schiebt dann aber gleich in versöhnlichem Ton hinterher: „Aber schön, dass Sie das hier weitermachen.“

Stammkunden kommen seit Jahrzehnten

Bunte Garne in allen Farben warten im hinteren Raum der Werkstatt auf ihren Einsatz. Ammar Morad freut sich auf viele Kunden.
Bunte Garne in allen Farben warten im hinteren Raum der Werkstatt auf ihren Einsatz. Ammar Morad freut sich auf viele Kunden. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Ammar, der bei allen darauf besteht, bei seinem Vornamen genannt zu werden, will alles im Sinne der Schneidermeisterin weiterführen, auch der Name der Werkstatt bleibt unverändert: „Es bleibt bei Rita“, sagt der 31-Jährige, der bisher in Wuppertal gearbeitet hat und sich sehr auf die neue Aufgabe freut. Dass sich die Kunden gleich am ersten Tag die Klinke in die Hand geben, überrascht ihn selbst. Viele Wochenmarkt-Einkäufer kommen spontan herein. „Machen Sie auch Reißverschlüsse? Ich komme seit 30 Jahren hierher“, fragt eine Dame und verlässt nach der Antwort hochzufrieden das Geschäft. Die nächste Stammkundin ist erst skeptisch und dann ganz glücklich: „Ich habe nur eine Frage: Fertigen Sie auch Kleider an?“ Da strahlt Ammar besonders: „Ja, klar. Das mache ich alles.“ Und immer „pünktlich, sauber und schnell“, wie er betont.

Maßanfertigungen sind seit Steckenpferd

Die Schneiderei an der Elberfelder Straße 46 ist wieder in Betrieb. Sie wird jetzt von Ammar Morad weitergeführt.
Die Schneiderei an der Elberfelder Straße 46 ist wieder in Betrieb. Sie wird jetzt von Ammar Morad weitergeführt. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Maßanfertigungen sind neben dem täglichen Kleinkram wie Hosen kürzen oder Röcke enger machen ein besonderes Steckenpferd des 31-Jährigen: „Ich mag das, mit Stoffen umzugehen, ich habe ja bei einem Designer gelernt. Ich mache auch Abendkleider oder Hochzeitskleider, oder auch Änderungen an Pelzen und Leder.“ Daher freue er sich schon sehr auf zwei neue Nähmaschinen, dessen Anlieferung er täglich erwarte: „Eine davon ist speziell zum Ketteln.“ Also zum Einfassen von Stoffrändern.

Gute Wünsche für Rita

Die Tür geht auf, eine junge Kundin zieht zwei Gardinen aus einer großen Tasche: „Können Sie mir die auf 2,30 Meter kürzen?“ Ammar nickt eifrig, macht sich eine Notiz. Und Moni Zurke, die auf dem Wochenmarkt einen Kleiderstand betreibt, wird ein bisschen wehmütig. „Mit Rita, das war immer ein Ritual. Die hat uns seit 20 Jahren mit Kaffee versorgt. Aber schon gut, dass sie sich jetzt ausruhen kann.“ Und zu Ammar gewandt: „Und dass Sie das hier übernommen haben, das ist richtig toll.“

Sein Sohn ist sein Augenstern

Auch ein Schnellservice wird angeboten

Die Öffnungszeiten lauten: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag: 9 bis 18 Uhr. Mittwoch: 13 bis 18 Uhr; Samstag: 9 bis 13 Uhr. Nach Vereinbarung gibt es innerhalb dieser Öffnungszeiten auch einen Schnellservice, dann wird die Änderung innerhalb eines Tages erledigt.

Bei weiteren Nachfragen Ammar Morad anrufen unter 0177 462 27 16.

Der „Neue“ strahlt. Als er an seinem Arbeitsplatz in Wuppertal gehört hatte, dass diese Werkstatt zu vergeben ist, hat er sich gleich dahinter geklemmt. „Neviges ist so schön. Ich mag das hier, alles schön klein.“ Wenn er nicht gerade die Nähmaschine rattern lässt, kümmert sich Ammar am liebsten um seinen Sohn Marcel (6), wie er mit leuchtenden Augen erzählt. Und hieße die Werkstatt nicht schon seit Jahrzehnten „Rita Twardowska“, dann hätte er sie „Marcel“ genannt.