Velbert. Im Jahr 2003 startete das Umbauprogramm für den Stadtteil Birth. Wie aus dem sozialen Brennpunkt von einst ein normales Wohngebiet geworden ist.
Es war einmal ein Stadtteil in Velbert, abseits der Innenstadt. Obwohl schön im Grünen gelegen, wollten dort viele Velberter nicht wohnen, denn Birth war als Problemviertel, als sozialer Brennpunkt verschrieen und abends trauten sich dort viele Menschen nicht auf die Straße. Doch das ist mittlerweile Geschichte. Grund dafür ist vor allem ein beispielhaftes Projekt, das vor 18 Jahren gestartet ist: Das integrierte Handlungskonzept Birth/Losenburg, das in das Programm Soziale Stadt NRW aufgenommen wurde. Jetzt liegt der Abschlussbericht des Projektes vor.
Von Anfang an dabei
Von Anfang an dabei ist Hans Küppers, Vorsitzender des Bürgervereins Birth. „Unsere Vereinsmitglieder baten uns damals, die Treffen früher am Nachmittag stattfinden zu lassen, weil sie Angst hatten im Dunkeln nach Hause zu gehen“, erinnert sich Küppers. Spätestens da war klar, dass im Stadtteil etwas geschehen musste. „Der städtische Fachbereich 3 (Stadtentwicklung) und der damalige Bürgermeister Stefan Freitag schafften es, die unterschiedlichsten Organisationen und Vereine, die mit dem Stadtteil etwas zu tun hatten, unter einen Hut zu bekommen“, so Küppers weiter. Da waren das Planungsamt, das Stadtteil-Management des SKFM, die Technischen Betriebe, Wohnungsbaugesellschaften, Kindergärten, Kichen und Schulen sowie Sport- und Bürgervereine sowie die Geschäftsleute vor Ort.
46 Millionen Euro
Über die Jahre flossen 46 Millionen Euro in die beiden Stadtteile Birth und Losenburg und das macht sich bemerkbar. Es gab fünf verschiedene Handlungsfelder. 4,6 Millionen Euro flossen in den Bereich Städtebau und Verkehr. Es wurde ein Fußweg von Birth in die Losenburg angelegt, auch ein Naturerlebnispfad wurde geschaffen. Es wurden neue Fußgängerüberwege und Zebrastreifen eingerichtet. Die Grünflächen vom Birther Kreise über das Schulzentrum bis zum Rinderbachtal wurden umgestaltet, die öffentlichen Spielplätze und die Schulhöfe attraktiver gemacht. Familien und Kinder halten sich hier wieder gern auf.
Optisch besserer Eindruck
Das Gros der Fördermaßnahmen – nämlich 39 Millionen – ging in den Bereich Wohnen. Gemeinsam mit den ansässigen Wohnungsbaugesellschaften wurden Häuser energetisch und optisch saniert, so dass der Stadtteil bereits auf den ersten Blick einen viel freundlicheren Eindruck macht, auch die Grünanlagen wurden neu gestaltet. Was sich nicht mehr retten lies, wurde abgerissen. Es entstanden Neubauten – auch Einfamilienhäuser – , die neue Bewohner ins Viertel lockten. Zugleich waren die Modernisierungen so, dass die alten Bewohner nicht vertrieben wurden und Nachbarschaften erhalten blieben. Viele Mieter wohnen bereits seit 50 Jahren in den Häusern.
Ein neuer Treffpunkt
Weitere 1,5 Millionen gingen in den Bereich Zusammenleben, Arbeit, Freizeit und Kultur. Zum Start des Programmes lebten in Birth/Losenburg überdurchschnittlich viele Empfänger von Transferleistungen, zugleich gab es kaum Treffpunkte für Kinder und Jugendliche. Die von der evangelischen Gemeinde aufgegebene Erlöserkirche wurde zum Bürgerzentrum BiLo umgebaut. Hier ist ein Stadtteilzentrum beheimatet sowie ein Jugendzentrum. Im großen Saal finden kulturelle Veranstaltungen statt, das Zentrum kann aber auch von Privaten für Feierlichkeiten gemietet werden.
Das Programm „Soziale Stadt“
Das Programm „Soziale Stadt“ schenkt seit dem Jahr 1993 gerade Quartieren in den Städten besondere Aufmerksamkeit, die vom Strukturwandel und von sozioökonomischen Veränderungsprozessen stark betroffen sind.
Leitidee des Programms ist es, vorhandene Kräfte zu mobilisieren, um positive Veränderungsprozesse anzustoßen. Ziel ist es, in den Quartieren stabilisierende Entwicklungen und selbsttragende Prozesse in Gang zu bringen: Es muss gelingen, dass die Bewohnerschaft dieser Stadtteile oder Quartiere Teil der städtischen Gemeinschaft bleiben und die Gebiete von sich aus als Wohn-, Arbeits- und Lebensraum attraktiv und lebenswert bleiben.
Seit 1994 wurden in Nordrhein-Westfalen mehr als 140 Programmgebiete gefördert, bundesweit kam das Programm seit 1999 in über 850 Programmgebieten zum Einsatz. Ein Schwerpunkt bei der Gebietsauswahl liegt in Groß- und Mittelstädten.
Für 389.000 Euro wurde die lokale Ökonomie auf Vordermann gebracht. Das Einkaufszentrum wurde saniert, so dass zumindest in Birth die lokale Grundversorgung gewährleistet ist.
Regelmäßige Bürgersprechstunden
Zusätzliche 848 .000 Euro flossen in die soziale Reaktivierung. Ein regelmäßig stattfindendes Stadtteilfest erfreut sich großer Beliebtheit. Es wurde am Einkaufszentrum in einem ehemaligen Ladenlokal ein Stadtteiltreff eingerichtet. Hier gab es vor Corona auch regelmäßige Bürgersprechstunden. Und es gibt weiterhin die regelmäßig tagende Stadtteilkonferenz an der Vereine, soziale Einrichtungen, Wohnungswirtschaft und Verwaltung teilnehmen und über die Probleme im Stadtteil reden.
Es gibt noch einiges zu tun
Aber auf den Lorbeeren ausruhen sollten sich alles Akteure nicht, heißt es im Abschlussbericht, der jetzt vorgelegt wurde. So ist die Versorgungssituation vor allem für ältere, wenig mobile Menschen im Stadtteil Losenburg nicht befriedigend. Und es gibt immer noch Häuser, die eine Sanierung notwendig hätten. Birth /Losenburg braucht also auch noch weiter Aufmerksamkeit – und finanzielle Ressourcen, damit das Erreichte auch bleibt. Hans Küppers: „Nach Corona müssen die regelmäßigen Treffen und der Runde Tisch unbedingt weder stattfinden.“