Neviges. Mitten im Corona-Lockdown auf Shoppingtour gehen: In Neviges ist das möglich. Dabei haben die Händler ebenso viel Spaß wie die vergnügten Kunden.

Die grauen Boots mit den schwarzen Blümchen drauf oder doch lieber klassisch braun? „Ich brauche auf jeden Fall etwas Weiches. Und der hier ist mir oben ein bisschen zu eng“, meint Cornelia Paga und streift sich den Blümchenschuh vom Fuß. Eigentlich wollte die Langenbergerin in Neviges nur zum Arzt. „Aber dann hab ich das hier gesehen, das ist so toll, das ist wie Urlaub“, ruft sie selig und schlüpft in den nächsten Schuh. „Hier, damit geht’s leichter“, meint Olaf Meier, Inhaber des gleichnamigen Schuhgeschäftes in der Fußgängerzone und reicht ihr einen langen Schuhanzieher. „Der ist zwar nicht ganz 1,50 Meter lang, aber immerhin“, witzelt der Geschäftsmann jenseits des Tisches, der an seinem Ladeneingang steht. Denn Abstand halten muss man natürlich auch bei seiner Aktion „Shoe to go“, wie auf dem Plakat zu lesen ist. Schuhe im Schaufenster aussuchen, draußen vor dem Laden anprobieren oder zur Auswahl mit nach Hause nehmen – alles ist möglich. Kreativ und mit viel Einsatz trotzen die Einzelhändler in Neviges der Krise. Wenn der Kunde nicht in ihren Laden darf, muss man sich eben etwas einfallen lassen.

In aller Ruhe zuhause anprobieren

Ware telefonisch vorbestellen

Der Verkauf vor dem Schuhhaus Maier, Elberfelder Straße 33, läuft montags bis samstag, jeweils von 10 bis 13 Uhr. Weitere Information und Bestellung per Telefon 0175 44 27 339.

Die Boutique Kati’s Fashion, Elberfelder Straße 46, nimmt Bestellungen und Anfragen telefonisch oder per Whats App entgegen unter der Nummer 015738151814, sowie über Facebook, Instagram oder auf der Homepage www.katis-fashion.de.

Bei Bücher Rüger kann man unter der Telefonnummer 02053/5389 oder per mail bestellen: Buchhandlung.Rueger@t-online.de.

„Ich brauche Turnschuhe, Größe 36 oder 37, mit weißer Sohle“, wünscht sich eine ältere Dame. Olaf Maier kommt mit einem ganzen Stapel Kartons zurück an den weißen Tisch. „Ich gebe Ihnen mal welche mit zur Auswahl, probieren Sie die in Ruhe zuhause an und bringen Sie sie mir dann wieder.“ Die Dame ist seit Jahren Stammkundin, da ist das Vertrauen groß. „Letzens kamen mal Leute aus Mönchengladbach, die hatte ich noch nie gesehen, dann geb ich Ware nur nach Vorkasse raus.“ Und schon geht’s weiter. „Haben Sie Fellpantoffel in Größe 42?“

Kunden sind dankbar

Die meisten hier sind Stammkunden, wie Anja Sonnenschein oder Christa Simmich. Beide finden den Straßenverkauf ganz wunderbar. Christa Simmich: „Den Maier, den müssen wir hier auch behalten. Ich käme gar nicht auf die Idee, woanders Schuhe zu kaufen.“ Es sind Kunden wie sie, für die Olaf Maier gern durch den großen Laden flitzt, nach anderen Farben sucht oder schaut, ob es einen ähnlichen Winterstiefel wie im Schaufenster vielleicht auch ohne Fell am Schaft gibt. „Die Leute sind so dankbar, das macht einfach Spaß. Das hier, das ist eben auch Service.“

Models bei „Kati’s Fashion“

Sie fotografierten sich gegenseitig mit ihrer Kollektion, die Fotos hängen im Schaufenster der Boutique „Kati’s Fashion“: Inhaberin Kati Maier (l.) und Filialleiterin Simone Brix wuppen mit Kreativität den Lockdown.
Sie fotografierten sich gegenseitig mit ihrer Kollektion, die Fotos hängen im Schaufenster der Boutique „Kati’s Fashion“: Inhaberin Kati Maier (l.) und Filialleiterin Simone Brix wuppen mit Kreativität den Lockdown. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Schräg gegenüber des Schuhhauses, in der Boutique „Kati’s Fashion“, hängen unzählige Fotos im Schaufenster. Sie zeigen, wie schön der dicke Wollmantel fällt, zeigen, wie man den bunten Pulli auf verschiedene Art und Weise tragen kann. Boutique-Besitzerin Kati Maier – die Namensgleichheit mit dem Schuhhaus-Inhaber ist rein zufällig – und ihre Filialleiterin Simone Brix zeigen ihr Sortiment. „Ja, wir wurden mal eben zu Models“, sagt Simone Brix und muss dabei lachen. „Viele, die uns kennen, sagen: Die Aktion, die passt irgendwie zu euch.“ Zwei Tage lang haben die beiden nichts anderes getan, als in Blusen, Jacken, Hosen und Mäntel zu schlüpfen und sich gegenseitig zu fotografieren. „Das hat schon Spaß gemacht.“ Und erleichtert den Verkauf.

Mehrere Größen zur Auswahl

Das Prinzip bei Kati’s Fashion ist einfach: Foto angucken, Nummer merken, anrufen oder schreiben und fragen, ob das gute Stück auch in der passenden Größe vorhanden ist. „Donnerstags, also am Markttag, sind wir immer hier. Da können wir das dann mitgeben. Aber ich komme auch ins Haus und bringe Ware“, sagt Kati Maier, die ebenfalls vor allem Stammkundinnen hat – man kennt sich eben in Neviges. So konnte Elke von Hagen ihren gewünschten Wintermantel gleich in mehreren Größen daheim ausprobieren. „Ja, das ist ein super Service. Anruf genügt“, sagt die Stammkundin, die gerade auf dem Markt war und an der offenen Tür nur mal schnell „Hallo“ sagt. Übrigens: Wer gern warme Füße hat und gleichzeitig etwas Gutes tun möchte: Bei Kati’s Fashion gibt’s noch Socken zugunsten der Rumänienhilfe, gestrickt von Monika Schlinghoff. Der Erlös kommt notleidenden Menschen in Rumänien zugute. An der offenen Ladentür kann man auch seine bestellte Bluse oder Hose abholen – oder sie sich eben bringen lassen.

Bücher-Abholservice

Einen Abholservice bietet auch die Buchhandlung Rüger in der Fußgängerzone an. Kunde Benno Häuser klopft kräftig an die Tür, zwei Minuten später zieht er mit dem neuen „Ostfriesenkrimi“ von dannen. „Ein schöner Service, ging ganz einfach, ich hatte vorher telefonisch bestellt.“ Auch Benno Häuser unterstützt aus Überzeugung den Handel vor Ort, ebenso wie Christa Simmich, die ihre Schuhe bei Maier und Bücher für ihren Enkel bei Rüger kauft. „Online, das kommt bei mir nicht in Frage. Was bringt das denn? Macht doch nur die Geschäfte hier kaputt.“