Langenberg. Sind Second-hand-Läden eine Gefahr für den Einzelhandel? Nein, sagt Anke Stamm vom „Ein Shop“ in Langenberg. Die Zielgruppe sei eine ganz andere.

Gebrauchtwarenhäuser erleben eine große Nachfrage – was selbstständigen Unternehmern durchaus Sorgen macht. Einerseits sind solche Einrichtungen als Hilfe für bedürftige Familien gedacht, andererseits könnten sie auch als Bedrohung für die Wirtschaft angesehen werden. Auch in Langenberg gibt es ein solches Kaufhaus.

Es ist erst neun Uhr morgens, doch vor dem Gebrauchtwarenladen „Ein Shop“ der Evangelischen Kirche steht eine lange Schlange. „Wir hatten schon immer reichlich Kunden“, sagt dessen Leiterin, Anke Stamm. „Zu uns kommen Menschen jeglichen Alters. Am häufigsten werden Hausartikel, Kinderkleidung oder warme Jacken für Erwachsene nachgefragt.”

Preiswerte Kleidung für Kinder

Die Inhaberin der Boutique „Annie Weber“, Renate Gabler, setzt darauf, dass es genug Kunden für Einzelhandel und Gebrauchtwarenhäuser gibt.
Die Inhaberin der Boutique „Annie Weber“, Renate Gabler, setzt darauf, dass es genug Kunden für Einzelhandel und Gebrauchtwarenhäuser gibt. © Editha Roetger

Anna Müller (Name der Redaktion bekannt) besucht den „Shop“ regelmäßig. Dort kauft sie Bekleidung für ihren Nachwuchs. „Die Kinder wachsen aus den Sachen so schnell raus. Neue Kleidung für Kinder ist nicht immer preiswert und wenn wir die Möglichkeit nicht hätten, hier gebrauchte Sachen zu kaufen , würde es sich bei unserem Familienbudget sehr bemerkbar machen.“ Doch Anna Müller kauft im „Shop“ nicht nur ein: „Wir bringen auch unsere nicht mehr passende Kleidung hierhin.“

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„Gebrauchtwarengeschäfte ermöglichen nicht nur einen preiswerten Einkauf, sondern schonen auch die Ressourcen und tun aktiv etwas gegen die Wegwerfgesellschaft“, fügt Anke Stamm hinzu. Doch solch eine hohe Nachfrage nach Second-Hand-Bekleidung macht Unternehmern Sorgen.

Angst vor Kundenverlust

„Diese Situation kann für die Wirtschaft schädlich sein“, sagt die Inhaberin des Bekleidungsgeschäfts „Annie Weber“, Renate Gabler. „Wenn die Menschen keine neue Kleidung kaufen, verlieren die Bekleidungsgeschäfte ihre Kunden. Dann können die Unternehmer keine Bestellungen beim Großhandel tätigen. Im Endeffekt würde es sich auf die ganze Wirtschaft auswirken.“

Die Sorgen sind nachvollziehbar, nimmt der Handel mit gebrauchten Waren doch seit einigen Jahren stetig zu (siehe Infobox). Hauptgrund für das Wachstum ist laut dem US-Branchenführer ThredUp die zunehmende Nachfrage nach ökologischer Nachhaltigkeit.

Unterschiedliche Zielgruppe

Anke Stamm beruhigt die Einzelhändler allerdings: „Unser Shop ist keine Konkurrenz für die Boutiquen“, sagt sie. „Obwohl Menschen aller Gesellschaftsschichten bei uns einkaufen dürfen, sind dennoch die Hartz IV Empfänger unsere häufigsten Kunden.“

Das zeigt auch die Analyse von ThredUp: Vor allem junge Leute kaufen gebrauchte Kleidung, ein gutes Viertel konzentriert sich dabei auf gebrauchte Artikel aus dem Luxussegment – und dieser Handel findet zu einem großen Teil im Internet statt.

Bedürftige Familien unterstützen

Mit dem „Shop“ wiederum sollen vor allem „sozial schwache Familien unterstützt werden, die sowieso nicht die Möglichkeit haben, in die Boutiquen zu gehen“, ist sich Anke Stamm sicher.

Was beide Seiten eint: Es sei wünschenswert, eine gesunde Verteilung der Kundschaft hinzubekommen. „Denn besonders in der Zeit der Pandemie benötigen die selbstständigen Unternehmer die Unterstützung der Kunden.“

Second-Hand ist Milliarden-Markt

Laut Statistischem Bundesamt ist der Umsatz des Einzelhandels mit gebrauchten Produkten seit Beginn des Jahrtausends um mehr als 2,5 Milliarden Euro gewachsen .

Laut dem ThredUp Resale-Bericht 2019 hat der Second-Hand-Markt derzeit einen Wert von 24 Milliarden US-Dollar und wird voraussichtlich in fünf Jahren auf 51 Milliarden US-Dollar ansteigen, bis 2028 sogar auf 64 Milliarden US-Dollar. Dies ist 1,5-mal mehr als der prognostizierte Wert des Fast-Fashion-Marktes.

ThredUp ist der derzeit führende UNS-Online-Marktplatz für Second-Hand-Mode und bringt jährlich einen Bericht zur Lage der Branche heraus, der sich auf Daten von Global Data und eigene Umfragen stützt.