Neviges. Während der Corona-Krise mehren sich Anrufe von Betrügern, so die Verbraucherberatung. Karl-Uwe Schneider hat einen dreisten Trick durchschaut.
Es war kurz nach dem Frühstück, da klingelte bei Karl-Uwe Schneider in Tönisheide das Telefon. „Herr Schneider, herzlichen Glückwunsch. Sie haben 30.000 Euro im Lotto gewonnen. Wir bringen Ihnen den Gewinn am Samstag um elf Uhr vorbei, wenn Sie bei der Übergabe 900 Euro in bar dabei haben“, so hieß es am anderen Ende der Leitung. Der 79-Jährige ließ sich auf kein Gespräch ein, legte auf und rief sofort die Polizei. „Das war vorbildlich, Herr Schneider hat alles richtig gemacht“, lobt Daniel Uebber, Pressesprecher bei der Kreispolizei Mettmann. „Unser Motto lautet: Am besten sofort auflegen. Denn auflegen ist nicht unhöflich.“
Verdächtige Anrufe sind keine Seltenheit
Ausführliche Beratung zum Schutz
Die Polizei ist immer unter 110 ansprechbar. Wer eine ausführliche Beratung möchte, kann sich auch an die Kreispolizei Mettmann, Kriminalprävention/Opferschutz in Hilden , Kirchhofstraße 31, wenden. E-Mail: kriminalpraevention.mettmann@polizei.nrw.de oder 02104 982 7700.
Die Verbraucherberatung Velbert , Friedrichstraße 107, ist erreichbar unter 02051 80 90 18. Persönliche Beratungen erfolgen nach Termin.
Nun ist der 79-Jährige fast schon ein Profi, er bekomme häufiger verdächtige Anrufe, wie er erzählt. Mit seiner Geschichte möchte er auch andere warnen, denn er weiß aus Erfahrung: „Die sind so gerissen.“ Als er nach dem betrügerischen Anruf die Polizei verständigt hatte, setzten sich Beamte der Wache in Velbert direkt ins Auto und kamen persönlich bei ihm vorbei. „Das fand ich gut, die waren auch sehr nett und haben sich alles genau notiert.“ Während die Polizei unterwegs war, hatte Karl-Uwe Schneider noch einmal zum Telefonhörer gegriffen und auch bei der Lottozentrale Hamburg angerufen: „Die waren auch völlig entsetzt und sagten: Um Gottes willen, wir kommen doch nie mit Bargeld. Wir benachrichtigen Sie schriftlich und dann überweisen wir das Geld.“
Spitzbuben haben hier keine Chance
An jenem Samstag, an dem die Geldübergabe stattfinden sollte, hatten sich die Betrüger dann noch einmal bei Karl-Uwe Schneider gemeldet. „Dieses Mal fing es an mit: Zentrale Berlin. Ich habe nur gesagt: Hören Sie auf, Sie Betrüger, und hab aufgelegt.“ Spitzbuben haben bei dem pensionierte Diplom-Ingenieur keine Chance. Häufig fingen verdächtige Anrufe folgendermaßen an, erzählt er: „Bin ich mit Herrn Schneider verbunden?“ Der Rat des pfiffigen Seniors: „Ich sage dann noch nicht mal ja, denn das können die mitschneiden.“ Und dann habe er plötzlich etwas abgeschlossen oder gekauft, von dem er gar keine Ahnung habe.
Was den WAZ-Leser besonders ärgert: „Diese Gewinn-Anrufe kommen immer zeitgleich mit der Werbung der Fernsehlotterie, als wenn da ein Maulwurf sitzt.“ Da müsse jetzt nicht unbedingt ein Tippgeber am Werke sein, meint Daniel Uebber von der Kreispolizei Mettmann: „Die Täter sind sehr raffiniert, die baldowern alles mögliche aus: Was ist das für ein Mann, was bekommt der für Post? Das sollte man nicht unterschätzen.“
Mehr Telefontäter in der Corona-Krise
Betrüger am Telefon seien besonders jetzt während der Corona-Krise „ein Riesenproblem“, berichtet Andreas Adelberger, Leiter der Verbraucherberatung Velbert . Zwar sei ihm die Masche mit dem Lottogewinn noch nicht in der massiven Form untergekommen, aber dafür alle möglichen anderen Tricks. „Unser Eindruck ist: Es wird sich verstärkt ans Telefon gesetzt. Die wissen, dass die Leute mehr zuhause sind. Bei uns melden sich fast täglich Leute, die Anrufe bekommen wegen angeblicher Vertragsverlängerungen und ähnlichem.“ Die in der Pandemie empfohlene Minimierung von Kontakten treffe vor allem ältere Menschen, manche seien in diesen Tagen froh, wenigstens am Telefon ein wenig plaudern zu können. Lasse man sich erst auf ein Gespräch ein, schnappe die Falle ganz schnell zu: „Da wird dann Druck gemacht, die Leute werden verunsichert. Das ist eine ganz fiese Methode.“
Zettel am Telefon als Stütze
Gezielt nutzen Betrüger Höflichkeit und Anstand aus, so Andreas Adelberger. Sein Rat an Senioren: „Seien Sie kaltschnäuziger.“ Man dürfe sich keinesfalls in eine Rechtfertigungsposition bringen, das werde sofort ausgenutzt. Wer unsicher sei, dem helfe auch der Satz: „Wenn Sie mir etwas mitzuteilen haben, dann schreiben Sie mir das.“ Es sei auch keine Schande, sich einen solchen Zettel neben das Telefon zu legen. Ansonsten lautet auch der Rat der Verbraucherberatung: „Sofort aufzulegen ist nie falsch.“
Um gezielt an die Rufnummern von Senioren zu kommen, durchforsten Täter auch nach wie vor das Telefonbuch – Vornamen verraten häufig viel über das Alter. Wer immer wieder belästigt werde, sollte sich überlegen, den Eintrag löschen zu lassen oder zumindest den Vornamen. Oder sich eine ganz neue Nummer zuzulegen, die man nur Freunden und Bekannten mitteilt. Denn nicht jeder tritt am Telefon so beherzt Spitzbuben entgegen wie Karl-Uwe Schneider aus Tönisheide.