Kreis Mettmann. Wer will (kleine) fleißige Handwerker sehen? – Schüler machen im Ferienkursus Holz bei der Kreishandwerkerschaft Mettmann mit.
Im Ausbildungszentrum der Kreishandwerkerschaft Mettmann ist die Lage eher ruhig. Doch oben in der Tischlerwerkstatt I stehen acht Mädchen und Jungen – die Real- und Förderschüler besuchen die neunte oder zehnte Klasse und sind so 14, 15 Jahre alt – jeweils mit gehörigem Abstand an einer Hobelbank und sind mit Feuereifer bei der Sache. Von wegen Herbstferien, ausschlafen, chillen und abhängen! Mitunter sind sie schon morgens um Sechs aufgestanden, um mit dem Bus nach Mettmann zu ihrem einwöchigen Ferienkursus „Holz“ zu juckeln. So wie Tim Wienandts aus Velbert, der sogar schon zum zweiten Mal hier ist.
Auch die Nachwuchswerbung im Blick
Die Kreishandwerkerschaft hat nämlich – als einziger Träger im Neanderland – schon in den letzten großen Ferien mit solchen gezielt zugeschnittenen Angeboten losgelegt. Nach dem Lockdown durfte das Zentrum Anfang Mai vorsichtig wieder öffnen. Man habe schließlich um die Corona-bedingten Schwierigkeiten bei Praktika sowie der Berufsorientierung und -erkundung gewusst, erzählt Gabriele Leßel und sei deshalb in die Bresche gesprungen. „Natürlich auch unter dem Aspekt der Nachwuchswerbung“, fügt die Abteilungsleiterin Berufsbildung hinzu. Schließlich gebe es im Handwerk freie Stellen. 40 Schüler tummelten sich zum Auftakt in den Bereichen Holz, Metall und Friseur.
Das Handwerkliche macht Spaß
Ausbildung ist auch in Teilzeit möglich
Mittlerweile kann auch die Berufsausbildung in Teilzeit durchgeführt werden. Darauf weist die Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf hin. Hierzu sei im Ausbildungsvertrag die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit zu vereinbaren. Diese dürfe aber nicht mehr als 50 Prozent betragen. Die HWK empfiehlt hier als Minimum 25 Wochenstunden.
Die Teilzeitausbildung führt zur Verlängerung der kalendarischen Gesamtausbildungsdauer, höchstens jedoch bis zum anderthalbfachen der regulären Dauer. Sowohl der Berufsschulunterricht als auch die überbetrieblichen Unterweisungsmaßnahmen müssen vollständig besucht werden.
Tim (14) war im Sommer bei den Metallern und hat einen Halter für einen Spiegel zusammengeschweißt. „Das Handwerkliche macht mit Spaß“, sagt er und erzählt, dass er seinem Vater schon öfter geholfen habe. Zuhause gebe es viele Projekte, das aktuellste sei ein Korb aus Holz für einen Fahrradanhänger. Ob er sich vorstellen kann, ein Handwerk zu seinem Beruf zu machen? „Nee, ich bin mehr technikbegeistert“, meint Tim und nennt z. B. Kfz-Berufe.
Erfahrungen für das Praktikum sammeln
Quasi „mitgeschleift“ hat er seinen Mitschüler Leon Kösters. Der Heiligenhauser (15) werkelt auch daheim gerne, hat schon mal ein Wandregal zum Aufhängen gemacht. Nun will er Erfahrungen für ein Praktikum sammeln, das für nächsten Februar ansteht. Seine Idee zum späteren Berufsleben? „Das könnte in die Richtung gehen“, sagt er, „ich möchte was mit meinen Händen tun.“
Betriebe schauen auf das Zertifikat
Und jetzt fertigen die Teilnehmer, die aus verschiedenen Städten kommen, einen Handyständer mit Lautsprecher an, zeigen sich dabei ziemlich kreativ. Aber nicht nur das. „Wir haben hier ne schnelle Truppe, die sind echt flott“, lobt Hans-Peter Jeschonek. Der Tischlermeister aus Hilden leitet die Jugendlichen an und hat als zusätzliche Aufgaben noch ein Solitaire-Spiel und einen Teelicht-Halter in der Hinterhand. Zum Abschluss bekommt jeder ein Teilnahme-Zertifikat. „Ihr wisst ja, was es damit auf sich hat“, ruft Leßel durch Mund-/Nasen-Maske und Maschinenlärm: „Die Handwerksbetriebe gucken später auf so etwas.“
Vermittlung in zusätzliche Lehrstellen
Die Ferienkurse gehören zu der NRW-Landesinitiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ und werden komplett gefördert. Seit dem Neustart läuft in dem Ausbildungszentrum die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung in extrem kleinen Gruppen; das Handwerk beteiligt sich seit Juni an dem „Ausbildungsprogramm NRW“, unterstützt nach Kräften das Bemühen, angehende Azubis in zusätzlich geschaffene Lehrstellen zu vermitteln. Darüber hinaus führt man Maßnahmen für die Arbeitsagentur durch.
Ausbildung auch noch später starten
„Corona ist zu meistern – die duale Ausbildung und die Zukunft des Fachkräfteangebots dürfen nicht gefährdet werden“, betonte Thomas Grünendahl bei dem Werkstattbesuch mit der WAZ. Der Kreishandwerksmeister ermuntert gemeinsam mit Gabriele Leßel angehende Lehrlinge, bloß nicht aufzustecken: „Es ist noch nicht zu spät. Man kann auch noch im Januar in die Ausbildung starten.“