Langenberg. Theaterensemble spielt Sebastian Fitzeks „Die Therapie“ im Alldiekunst-Haus Langenberg. Mit minimalem Aufwand gelingt eine spannende Inszenierung
Sebastian Fitzek ist bekannt für seine verschachtelten Psychothriller mit vielfach unerwarteten Wendungen. Drei Schauspieler führen sein Erstlingswerk „Die Therapie“ im Alldiekunst-Haus auf – und sowohl Veranstalter als auch Publikum fragen sich, ob das funktioniert. Um es vorweg zu nehmen: „Bravo“ tönt es nach der Aufführung aus dem Publikum.
Im Jahr 2006 erscheint der Debütroman des promovierten Juristen Fitzek, als Theaterfassung uraufgeführt aber erst vor rund vier Jahren. Auf der Alldie-Bühne stehen Mona und Kris Köhler sowie Nils Findling, der ebenfalls die Regie führt.
Rückzug auf eine kleine Insel
Worum geht es? Dr. Viktor Larenz ist Star-Psychiater. Als seine zwölfjährige, unheilbar kranke Tochter spurlos verschwindet, verkauft er seine Berliner Praxis und zieht sich für vier Jahre in sein Ferienhaus auf die (fiktive) Insel Pakum zurück, um den Verlust zu verarbeiten.
Dort beginnt das Stück: Larenz, dargestellt von Kris Köhler, wacht aus einem schrecklichen Alptraum auf. „Ich starb an dem Tag als meine Tochter verschwand“, sagt er. Welche Bedeutung der Satz hat, wird erst am Ende Stückes klar.
Die mysteriöse Kinderbuchautorin
In sein einsames Leben tritt Anna Spiegel, eine Kinderbuchautorin, die Hilfe bei ihm als Arzt sucht. Ihr Problem: Sie schreibt Geschichten, die wahr werden. Nur kann sie zurzeit keine zu Ende schreiben. Das letzte unvollendete Buch heißt „Die blaue Katze“ und handelt von einem zwölfjährigen kranken Mädchen, das zuhause ausbüxt.
Die vermeintliche Patientin spielt Mona Köhler. Ihre weiche liebevolle Stimme sowie ihr unschuldiges Aussehen betonen das Mysterium dieser Figur. Denn, der Pakumer Bürgermeister warnt Larenz vor der Frau, ebenso sein Privatdetektiv, der telefonisch mit im Spiel ist.
Die Erzählfäden finden zusammen
Kurz nach ihrem ersten Besuch bei Larenz verschwindet sein Hund. Der Fokus richtet sich noch einmal mehr auf die außerordentlich attraktive Anna. Das Erlebte der beiden Protagonisten deckt sich, fügt sich reißverschlussartig ineinander. Sie sprechen von derselben Person: Josy, die Tochter von Isabel und Viktor Larenz und Charlotte, das Mädchen aus Anna Spiegels Kinderbuch. Die für Anna Spiegels Buch titelgebende blaue Katze Nepomuk ist nämlich das Lieblingskuscheltier von Josy.
Die Bühne – mit Ofen, Bett und Schreibtisch ausgestattet – besticht durch ihre Einfachheit. Drei Bilder hängen an der schwarzen Wand: rechts ein idyllischer Strandkorb und eine Sanddüne als eher kleine Exemplare, links ein großes Bild. Es wirkt als sei etwas herausgerissen worden, alternativ ein in die Tiefe gehender leerer Raum. Gegensätze. Das Bild wirkt unheimlich, etwas verstörend.
Enorme Leistung des Regisseurs
Eine enorme Leistung in einer ehemaligen Aldi-Filiale diese mythische Insel-Atmosphäre zu schaffen. Regisseur Findling macht einen bemerkenswerten Job. Mit nur wenigen Requisiten erzählt er eine komplexe und vielschichtige Geschichte spannend und mitreißend. Das Stück fesselt das Publikum.
Dramatisch baut Findling eine Situation auf: Glaubt der Zuschauer die Erklärung zu haben, wendet sich das Blatt. Zurück bleibt ein erstauntes Publikum, neugierig, wie es weitergeht. Ein wichtiges Requisit ist das Telefon, über das neue Informationen ins Pakumer Ferienhaus gelangen. Wunderbar gelöst.
Erstmals wieder Pause in einer Alldie-Aufführung
Das haben auch die Veranstalter. Erstmals seit Wiedereröffnung erlaubt das Alldiekunst-Haus eine 15-Minuten-Pause während einer Aufführung. Die 70 Zuschauer, während der Corona-Situation bedeutet das „ausverkauft“, verhalten sich vorbildlich: Schlange mit Abstand, egal ob 18 oder 80 Jahre alt.
Sympathisch provisorisch aber effizient der „Bühnenumbau“. Larenz sitzt vor einem weißen Vorhang im Rollstuhl. Ort: Psychiatrische Klinik. Der Star-Psychiater ist zum Patienten geworden, der sich selbst therapiert hat. In dem in sich zerbrochenen, wenngleich genesenen Patienten, Larenz wird Kris Köhler zum Star. Er starb an dem Tag, an dem seine Tochter verschwand und möchte wieder nach Pakum zurück. „Dort war es so schön“.
Sebastian Fitzek ist Bestseller-Autor
Der gebürtige Berliner Sebastian Fitzek ist Bestseller-Autor mit mehr als 20 veröffentlichten Büchern.
Sein Erstlingswerk „Die Therapie“ hat sich bis heute rund acht Millionen Mal verkauft. Mehrere Wochen lag es auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste.
Einige seiner Bücher sind verfilmt worden. Neben Psychothriller veröffentlicht Sebastian Fitzek auch noch Sach- sowie Kinderbücher.