Corby. Die Velbert Partnerstadt liegt im coronagebeutelten England. Eine Einwohnerin kritisiert ihre untätige Regierung und hofft auf bessere Zeiten.

Corby ist eigentlich eine recht normale, beschauliche englische Stadt. 55.000 Einwohner zählt die Velberter Partnerstadt in der Grafschaft Northamptonshire in Zentralengland. Momentan aber ist im Vereinigten Königreich nichts mehr normal. Mehr als 300.000 Menschen sind seit Beginn der Pandemie an Corona erkrankt, mehr als 40.000 sogar daran verstorben, und die britische Regierung scheint der Herausforderung beinahe ohnmächtig gegenüberzustehen.

„Die Menschen haben das Gefühl, dass die Regierung nicht genug und das auch noch zu spät gemacht hat“, sagt Terri Meechan. Sie ist seit Jahren engagiert in den freundschaftlichen Beziehungen zwischen Velbert und Corby. „Viele Maßnahmen hätten viel, viel früher ergriffen werden sollen, um sowohl Arbeiter an der ‚Frontlinie’ als auch Risikopatienten zu beschützen.“

Heftige Kritik an der britischen Regierung

Meechan kritisiert die Regierung um Premierminister Boris Johnson scharf. „Nachdem einige Maßnahmen gelockert worden sind – wie etwa das Öffnen der Pubs –, war das Gefühl bei vielen in Corby, dass das zu früh gewesen sei“, sagt sie.

Meechan prangert außerdem die unklaren Auslegungen der Maßnahmen an. „Es gibt viel Frustration und Verwirrung um die Regeln. Die Leute können zum Beispiel in den Pub gehen – zwar mit Abstandsregeln –, aber ohne Mund-Nasenschutz. Der ist aber nun seit kurzem verpflichtend beim Einkaufen.“ Viele Leute, sagt Meechan, hätten einfach das Gefühl, diese Regeln machten keinen Sinn, wenn die Leben der Menschen noch derart gefährdet seien.

Menschen versuchen sich an die Regeln zu halten

„Grundsätzlich versuchen die Menschen, so gut sie können, sich und andere zu beschützen, indem sie sich an die Regeln halten“, sagt Meechan. „Sie akzeptieren, was sie tun müssen, um gesund zu bleiben und versuchen, ihr Leben so gut es geht weiterzuleben und sich trotzdem gegenseitig zu unterstützen.“

In normalen Jahren gibt es einen lebendigen Austausch Velbert-Corby. Auch in diesem Jahr waren die Karnevalsprinzessinnen aus Corby bei den Velberter Narren.. Die übrigen Austausche fielen jedoch Corona zum Opfer.
In normalen Jahren gibt es einen lebendigen Austausch Velbert-Corby. Auch in diesem Jahr waren die Karnevalsprinzessinnen aus Corby bei den Velberter Narren.. Die übrigen Austausche fielen jedoch Corona zum Opfer. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Und trotzdem gebe es eine Minderheit, die einfach nicht vorsichtig sei und die Abstandsregeln nicht einhalte oder keine Masken trage. „Obwohl es dafür eigentlich Strafen geben sollte, wird die Einhaltung der Regeln anscheinend nicht besonders gut überwacht.“

Lokale Parks sind sehr besucht

Trotzdem: Seit es vor einiger Zeit Sommerferien gegeben hat, scheinen viele Menschen zu versuchen, die freie Zeit so gut wie möglich zu nutzen. „Die Menschen genießen ihre Zeit, indem sie lokale Parks wie den ,East Carlton’ besuchen oder einen Tagesausflug zum nächsten Seebad in Skegness machen“, erzählt Meechan.

Eine intensive Freundschaft

Bereits seit vielen Jahren sind die Städte Corby und Velbert freundschaftlich verbunden. Zwischen den beiden Orten findet immer wieder ein reger Austausch statt, regelmäßig auch zu Karneval. Noch im Frühjahr war eine englische Karnevals-Delegation in Velbert zu Gast.

Die für dieses Jahr geplanten Austauschprogramme – wie etwa die Europawoche – mussten wegen der Pandemie allerdings abgesagt werden, sollen aber in Zukunft nachgeholt werden.

„Manche gehen auch Fahrradfahren in der wunderbaren Landschaft rund um Corby, wo sie mit ihrer Familie picknicken.“ Wie in Deutschland mussten viele Leute in Corby ihre Sommerurlaube im Ausland absagen und besuchen nun Ferienorte innerhalb des Vereinigten Königreichs. „Das ist gut, um zu versuchen, die britische Wirtschaft neu anzukurbeln.“

Bei nächsten Mal besser vorbereitet

Für die nahe Zukunft wünscht sich Meechan, dass die Menschen in Corby weiterhin die Regeln befolgen. „Ich hoffe, wir kehren zurück in eine Realität, in der wir in die Restaurants gehen können, ohne uns Sorgen zu machen.“

Persönlich hoffe sie, dass viele wichtige Lehren aus der Situation gezogen werden können, falls sie sich irgendwann wiederhole. „Ich hoffe, wir werden dann besser vorbereitet sein und können verhindern, dass derart viele Leben verloren werden. Abgesehen davon kann ich es persönlich nicht erwarten, wieder in ein Flugzeug zu springen und meine beste Freundin in Velbert zu besuchen.“