Langenberg. Am Berufskolleg Bleibergquelle werden angehende Lehrkräfte auf den Einsatz an internationalen Schulen vorbereitet.

Wie klassischer Unterricht sieht das eigentlich nicht aus, was da im Untergeschoss am Berufskolleg Bleibergquelle vor sich geht. Ganz offen diskutieren die Schüler über ein Thema, kritisieren sich gegenseitig, nehmen die Vorschläge auf. Lehrer Wolfgang Scheffler steht zwar vorne, moderiert aber eher, gibt Tipps und Hilfestellung. Und noch etwas ist anders: Die gesamte Diskussion findet auf Englisch statt.

Und das ist nicht nur in dieser einen Stunde so, der ganze Bildungsgang wird in der Fremdsprache unterrichtet. ITEPS+e nennt der sich. Die Abkürzung steht für International Teacher Education for Primary Schools, also internationale Lehrerausbildung für die Grundschule. Das zusätzliche „e“ steht für die Ausbildung zum Erzieher.

Zwei Jahre in Velbert, zwei Jahre in Meppel (NL)

Wolfgang Scheffler unterrichtet Teile des ITEPS-Angebots. Die Studierenden heben hervor, dass „sich das aber eher wie eine Fortbildung unter Kollegen“ anfühle, weniger wie klassischer Unterricht.
Wolfgang Scheffler unterrichtet Teile des ITEPS-Angebots. Die Studierenden heben hervor, dass „sich das aber eher wie eine Fortbildung unter Kollegen“ anfühle, weniger wie klassischer Unterricht. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die 19 Studierenden haben sich ganz bewusst für diesen Bildungsgang entschieden, der jeweils zwei Jahre an der Bleibergquelle und an der Universität Meppel in den Niederlanden stattfindet. „Ich habe vorher an der Uni Duisburg/Essen auf Lehramt studiert“, erzählt Kevin Kühn, mit 30 Jahren der Älteste in dem Kurs.

Eigentlich wollte er in Richtung Sekundarstufe 2, „habe mich aber dann doch für die Grundschule entschieden“, sagt er. Das Programm an der Bleibergquelle öffne die Türen für internationale Schulen, „sehr interessant“, sei das, findet Kühn.

Jede Menge Praxiserfahrung

Seine Kommilitonin Hanna Mechehrawi (21) stimmt ihm zu. Und hebt hervor, „dass hier ja sogar eine Erzieherausbildung dazu gehört.“ Außerdem biete der Studiengang jede Menge Praxiserfahrung, „das hat mir an der Uni schon gefehlt“. ergänzt Kevin Kühn.

Ein weiterer Vorteil sei die geringe Gruppengröße, findet Lea Zaun (20). Die Ratingerin ist durch ihre Eltern auf das Angebot aufmerksam geworden. „Der Kontakt ist viel enger, wir erarbeiten viel in Gruppenarbeit“, sagt sie. „Es ist auch nicht mehr ein so krasses Lehrer-Schüler-Verhältnis“, ergänzt Hanna Mechehrawi. „Alles ist persönlicher, es fühlt sich eher an wie eine Fortbildung unter Kollegen.“ Schließlich seien sie und ihre Kommilitonen ja angehende Lehrerinnen und Lehrer.

Englisch ist kein Problem

Klass Wybo van der Hoek (vorne Mitte, Direktor der Universität Meppel) und Markus Berg (Geschäftsführer Bildungszentrum Bleibergquelle) haben im November 2018 den Kooperationsvertrag zwischen Berufskolleg Bleibergquelle und der NHL Stenden University in Meppel unterschrieben. Mit dabei (v. l.): Wolfgang Scheffler (Studienleiter ITEPS+e), Ton Gelmers, Peter Elting, Jantime Kuipers, (alle NHL), Schwester Ilse Wenzel (ehemalige Leiterin des Berufskollegs Bleibergquelle), Dr. Ludwig Wenzel (Leiter Berufskolleg) und Martin Drueke (stv. Schulleiter).
Klass Wybo van der Hoek (vorne Mitte, Direktor der Universität Meppel) und Markus Berg (Geschäftsführer Bildungszentrum Bleibergquelle) haben im November 2018 den Kooperationsvertrag zwischen Berufskolleg Bleibergquelle und der NHL Stenden University in Meppel unterschrieben. Mit dabei (v. l.): Wolfgang Scheffler (Studienleiter ITEPS+e), Ton Gelmers, Peter Elting, Jantime Kuipers, (alle NHL), Schwester Ilse Wenzel (ehemalige Leiterin des Berufskollegs Bleibergquelle), Dr. Ludwig Wenzel (Leiter Berufskolleg) und Martin Drueke (stv. Schulleiter). © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Dass der Unterricht auf Englisch abläuft, ist für die drei – stellvertretend für den ganzen Kurs – „kein Problem“, sagen Hanna, Lea und Kevin: „Eine gewisse Überwindung hat es am Anfang schon gekostet, man spricht ja nicht jeden Tag Englisch in der Öffentlichkeit“, erinnert sich Kevin Kühn.

„Aber obwohl wir alle Deutsche sind, wird hier nichts übersetzt. Ganz selten müssen wir mal ein Wort nachschlagen“, ergänzt Lea Zaun. Und dann in der Regel einen Fachbegriff. „Naja, Politik oder Mathe auf Englisch zu unterrichten, ist schon eine Herausforderung“, sagt Hanna Mechehrawi, „aber ich liebe Herausforderungen. Dann lerne ich besser und mein Wortschatz erweitert sich.“

Lehrplan ist umfangreich

Der Lehrplan für die vier Jahre ist umfangreich und enthält neben Grundlagen – Entwicklung von Kindern, Lerntheorien oder die Funktion von Gruppendynamiken – auch Kurse wie „Democratic Citizenship“. Hier geht es zum Beispiel darum, interkulturelle Sensibilität aufzubauen, andere Kulturen kennen und verstehen zu lernen.

Dazu kommt der Praxisteil: Von Beginn an haben die Studierenden einen Praxistag pro Woche, insgesamt rund 3000 Stunden in zwei Jahren. Da es nicht so viele internationale Grundschulen in Deutschland gibt, darf der Praxisteil auch an regulären Grundschulen oder in den Klassen 5 und 6 einer Gesamtschule absolviert werden, da internationale Grundschulen oft ein anderes Spektrum abdecken.

Partnerstädte mit einbeziehen

Geht es nach dem Leiter des Berufskollegs Bleibergquelle, Dr. Ludwig Wenzel, dann bleibt das Programm nicht auf seine Schule und die niederländischen Partner beschränkt.

„Wir würden gerne die Partnerstädte von Velbert mit einbeziehen“, sagt er. Dazu gehöre etwa, „dass wir die Leute hierher einladen, damit sie diesen Ausbildungsgang kennenlernen.“

Ohne Corona, so Wenzel, wären die Pläne auch sicher schon weiter gediehen.