Velbert/Kreis Mettmann. Die Landwirte in Velbert und der Region sind doppelt gebeutelt: durch Trockenheit und Corona. Einige alte Gewohnheiten funktionieren nicht mehr.
„Den Klimawandel kann wirklich niemand mehr bestreiten.“ In dieser Einschätzung sind sich Martin Dahlmann und Michael Greshake absolut einig. Und auch sehr sicher. Aber die beiden Vorsitzenden – einmal von der Kreisbauernschaft Mettmann und zum anderen von der Ortsbauernschaft Velbert/Wülfrath – eint noch mehr. Schließlich sind beide Milchbauern, haben beide schon jeweils einige ihrer Tiere abgeschafft: von 65 auf 55 bzw. 70 auf 60. „Sonst wäre es schlecht.“ Das Futter für die Kühe ist bereits ein handfestes Problem. Und es wächst weiter.
Den Ausfall kompensieren
Die alten Vorräte seien aufgebracht, erzählt Greshake: „Man schiebt eigentlich immer ein halbes Jahr Futter vor sich her. Das ist die normale Vorratswirtschaft.“ Allerdings ist sie perdu, muss der 56-Jährige, der auf Gut Hixholz 60 Hektar – jeweils zu 50 Prozent eigenes und gepachtetes Land – bewirtschaftet und Milchviehhaltung als Schwerpunkt hat, immer mehr Mais und Gras anbauen, um die infolge der Trockenheit ausfallenden Futtermengen zu kompensieren. Dafür fehlt an anderer Stelle Fläche: „In normalen Zeiten kann ich 25 Tonnen Getreide verkaufen.“
Regen kommt zur falschen Zeit
Futter zuzukaufen sei problematisch, ergänzt Dahlmann. Das sei nur innerhalb eines bestimmten Radius’ praktikabel – „So etwa zehn Kilometer.“ – vor allem aber hätten ja in der Region alle die gleichen Probleme. „Zwischen Wupper, Rhein und Ruhr ist es mit Regen jetzt schon im vierten Jahr schwierig.“ Früher habe man hier im Niederbergischen 1200 Millimeter im Jahr gehabt, jetzt seien es maximal nur noch 800, setzt Greshake fort. „Und noch zur falschen Zeit.“ Nämlich im Winter, „wenn es den Berg runterfließt“. In diesem Jahr sei es zwar etwas mehr als zuletzt gewesen, „aber es hat ja immer noch nicht flächig geregnet“.
Milchpreis ist abgesackt
Der Ertrag pro Hektar schrumpft
Dieses Jahr wurden in NRW 3,83 Millionen Tonnen Getreide (ohne Körnermais) geerntet. Nach Auskunft des Landesbetriebs Information und Technik wurden damit 2,9 Prozent weniger Getreide eingefahren als im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2019. Gegenüber dem ebenfalls durch Hitze und Trockenheit beeinträchtigen Erntejahr 2019 sind es jedoch 0,1 Prozent mehr Getreide. Der Hektarertrag verringerte sich gegenüber 2019 um 1,6 Prozent auf 7,55 Tonnen.
Im Landesteil Nordrhein mit den beiden Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln blieb die Erntemenge mit 1,16 Millionen Tonnen um 1,6 Prozent unter dem Durchschnitt von 2014 bis 2019.
Hinzu kam Corona. Dadurch seien Lieferketten weggebrochen, das gelte hauptsächlich für den Export in den asiatischen Raum und hierbei vor allem für „spezialisierte Babymilch“. Aktuell bekämen die Produzenten im Schnitt 34 Cent pro Liter, berichten die beiden Milchbauern. „Der Preis-Tiefststand ist überwunden aber wir haben längst noch nicht wieder das Niveau wie in Vor-Corona-Zeiten.“
Klassische Fruchtfolge funktioniert nicht mehr
Die Getreideernte – Weizen, Gerste, Hafer – sei durchschnittlich ausgefallen, heißt es von der Kreisbauernschaft. Diese Pflanzen bräuchten nicht so viel Wasser und kämen mit der Winterfeuchte recht lange Zeit über die Runden. „Die Zuckerrüben wachsen ja noch, brauchen aber auch dringend Regen.“ Die Fruchtfolge der Vergangenheit funktioniere nicht mehr, erläutert Martin Dahlmannn. Das sei beim klassischen Ackerbau Raps, Weizen, Gerste so gewesen; der Rapsanbau werde jedoch zunehmend problematischer.
Jeder Unternehmer muss reagieren
„Wir müssen höllisch aufpassen und den Flächenverbrauch so niedrig wie möglich halten“, warnt Martin Dahlmann. „Eigentlich brauchen wir mehr Fläche, weil der Ertrag pro Fläche nachlässt.“ Zudem heize die Bebauung den Klimawandel zusätzlich an. „Nur noch produzieren, ist schwierig. Aber wir sind urban und jeder hat Ideen, wie er zurechtkommt.“ Er stellt Käse her, die Greshakes haben sich als zusätzliches Standbein ihren Erlebnisbauernhof aufgebaut. Andere Kollegen setzen z. B. auf Direktvermarktung oder Pferdehaltung. „Jeder Unternehmer muss auf Corona und Trockenheit reagieren“, fasst der Velberter die Lage zusammen. „Der Klimawandel wird auch den Strukturwandel beschleunigen.“
Zahl der Mitglieder und Betriebe schrumpft Jahr für Jahr
Der Bereich der Kreisbauernschaft Mettmann umfasst über den Kreis Mettmann hinaus die Städte Düsseldorf, Wuppertal, Remscheid und Solingen. Sie hat aktuell 750 Mitglieder und 450 Betriebe. Der jährliche Schwund liegt bei etwa einem Prozent und ist damit niedriger als hierzulande in anderen Regionen.