Neviges. Viel Mühe steckte die evangelische Gemeinde in das Jubiläum „800 Jahre Kirche in Neviges“. Die Feier fällt aus, einen Teil gibt’s hier zu lesen.
Drei Tage lang sollte gefeiert werden. Mit viel Musik, Lesungen, einem Bibelmarathon und natürlich viel Kirchengeschichte. Fröhlich und gleichsam würdevoll wollte die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde unter dem Motto „800 Jahre Kirche in Neviges“ an ein besonderes Jubiläum erinnern. Doch die Corona-Krise lässt auch dieses Fest ins Wasser fallen. Zum Vorbereitungsteam gehört neben vielen anderen Gregor Kremkus, engagiertes Gemeindemitglied und Hobby-Historiker. Der 62-Jährige hatte sich monatelang Stunde um Stunde um die Ohren geschlagen, um Kirchengeschichte einmal anders zu präsentieren. So geht es ihm auch um die Menschen, die auf dem Kirchplatz lebten und leben. Seine Arbeiten sind auszugsweise nachzulesen als Serie in der WAZ.
Kapelle des Grafen zu Hardenberg
Angefangen hatte alles beim Kirchcafé nach dem Gottesdienst im Herbst letzten Jahres. „Wir hatten einfach Lust, etwas Besonderes auf die Beine stellen“, sagt Jörg Sindt, Mitglied des Presbyteriums. Denn 800 Jahre Kirche in der Stadt, das ist wahrlich etwas Besonderes. Auch, wenn man nicht einfach „800 Jahre Stadtkirche“ feiern kann: Im Jahr 1220 wird erstmalig eine Kapelle des Hofes Neviges urkundlich erwähnt. Der „Hoff zo Neeveeghis“ des Grafen zu Hardenberg im Herzen der Altstadt wurde der Standort der Eigenkirche der Grafenfamilie. Die Kapelle gilt als die Vorläuferin der heutigen Stadtkirche. Dass sich Gregor Kremkus monatelang tief in die Geschichte hinein kniete, empfindet die Gemeinde als „absoluter Glücksfall“, so Jörg Sindt.
Von Beruf Maschinenbautechniker
„Ja, ich hab wohl ziemlich viel gelesen. Und mit der Vorsitzenden des Bergischen Geschichtsvereins, Dr. Jutta Scheidsteger, gesprochen, natürlich auch mit Christoph Schotten, dem Leiter des Stadtarchivs“, sagt Gregor Kremkus im Rückblick. Als Maschinenbautechniker, der für einen Automobil-Zulieferer tätig ist, näherte er sich dem Thema „Stadtkirche“ zudem auf einem ungewöhnlichen Weg: Anhand von Plänen und eines speziellen Software-Programms erstellte der 62-Jährige ein 3 D-Modell der ältesten Kirche in Neviges. „Es soll auch für Kinder sein, sie können es später anmalen, die Kirche meinetwegen auch so gestalten, wie sie es gern hätten.“ Also eine Möglichkeit, sich spielerisch mit dem Thema Stadtkirche auseinander zu setzen.
Kirche genau abfotografiert
Das 3 D-Modell hat Gregor Kremkus viel Spaß bereitet, machte aber auch sehr viel Arbeit. „Am Anfang hab ich viel fotografiert, unten die ganze Fläche am Sockel. Dann hab ich mir per Google-Earth das Kirchendach genau angeschaut.“ Als nächstes knöpfte er sich die Zeichnungen des Grundrisses vor, zudem hatte man bei der Renovierung der Fassade 2014 und 2015 die Kirche 3 d-mäßig gescannt. „Das Resultat waren Zeichnungen und Schnitte der Kirche, aber eben ohne Maße“, erzählt Kremkus. Der Ehrgeiz hatte ihn gepackt, von Berufs wegen kam ihm auch die ein oder andere Idee: „Ich hatte schließlich ein Programm gefunden, mit dem ich Zeichnungen messen kann.“ Es sei eben hilfreich, sich mit CAD – Computer Added Design – auszukennen. „Damit kann man Körper konstruieren, und das mach ich ja seit 30 Jahren.“
Der Chorraum war eine Herausforderung
Aufwändige Sanierungsarbeiten
Eine Pfarrkirche wurde erstmals 1391 in Neviges erwähnt. Seit der Reformation 1571 dient die Kirche als evangelisches Gotteshaus.
Von 2013 bis 2016 wurde die baufällig gewordene Stadtkirche für 1,3 Millionen Euro saniert und zeigt sich seitdem in hellem Sandstein. So, wie sie ursprünglich aussah.
Die Jubiläums-Feierlichkeiten wurden auch abgesagt, weil aufgrund der Corona-Bestimmungen nur ein Bruchteil der Kirchenplätze genutzt werden darf.
Eine besondere Herausforderung sei dabei der Chorraum gewesen. „Der ist von 1391, das älteste Bauteil. Von 1740 bis 1746 wurde das Mittelschiff erneuert, es ist breiter geworden. Und ungleich. Das war eine ziemliche Herausforderung bezüglich der Dachkonstruktion“, erzählt der Hobby-Historiker. Und „das Ding da“, sagt Kremkus und zeigt bei der Zeichnung auf die Kirchturmspitze, „das hat mich richtig Nerven gekostet.“ Da habe sich der Techniker auch baulich „erstmal reinfinden müssen“. Der Turm habe einen achteckigen Ansatz und obendrauf zwei Zwiebeln in Achteck-Form.
Umzug von Langenberg nach Neviges
Die Gemeinde kann froh sein, dass Gregor Kremkus 2002 von Langenberg nach Neviges zog und mit dem Wohnsitz auch die Kirchengemeinde wechselte: „Ich hab damals die Aufführungen des CVJM Dalbecksbaum zum Thema 400 Jahre erste Bergische Synode begleitet. Deshalb war ich jetzt auch gleich angefixt.“ Die Gemeinde plant, seine Ausarbeitungen in einer Sammelmappe interessierten Lesern zur Verfügung zu stellen. Vorgesehen sind zunächst 250 Stück.