Kreis Mettmann/Düsseldorf. Wirtschaft im Kreis Mettmann ist trotz Lockerungen weiter tief in der Krise. Das zeigt eine IHK-Umfrage. Starke industrielle Prägung hat Folgen.

Die Geschäftslage der Wirtschaft im Kreis Mettmann habe sich weiter eingetrübt, sie sei nur mit gedämpfter Stimmung ins Jahr gestartet, von einer Konjunkturkrise könne keine Rede sei. So lautete noch vor knapp fünf Monaten die eher entspannte Lagebeschreibung, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Düsseldorf aufgrund ihrer turnusmäßigen Umfrage ermittelt hatte. Seither haben sich die Ereignisse geradezu überstürzt, gab es dramatische Einbrüche, so dass die IHK nunmehr meldet: „Wirtschaft auch nach Lockdown in der Krise“.

Nachfrage stockt weiterhin

Gerd Helmut Diestler (li.), Konjunkturexperte der Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf, und der Leiter der IHK-Zweigstelle in Velbert Marcus Stimler – hier ein Archivbild – stellten die Ergebnisse der Befragung bei einer Video-Konferenz vor.
Gerd Helmut Diestler (li.), Konjunkturexperte der Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf, und der Leiter der IHK-Zweigstelle in Velbert Marcus Stimler – hier ein Archivbild – stellten die Ergebnisse der Befragung bei einer Video-Konferenz vor. © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

Die wirtschaftlichen Tätigkeiten seien trotz Lockerungen „nach wie vor erheblich eingeschränkt“. „Viele Branchen können die (Umsatz-)Verluste nicht wettmachen. Die Nachfrage gewerblicher und privater Kunden stockt immer noch. Darüber hinaus ist die eng verzahnte, arbeitsteilige und globalisierte Wirtschaft empfindlich gestört und kommt nur langsam wieder in Gang“, skizziert Gerd Helmut Diestler, Konjunkturexperte der Kammer, die aktuelle Lage der Wirtschaft im Neanderland.

Lage und Aussichten sind schlecht

An der jüngsten IHK-Konjunkturumfrage haben sich in den ersten beiden Juniwochen gut 180 Unternehmen mit zusammen rund 15.000 Beschäftigten beteiligt. Sie beurteilen insgesamt ihre Geschäftslage als schlecht: Fast jeder zweite Betrieb ist unzufrieden, bei den Vorleistungsgüter-Produzenten (Zulieferern) sogar fast drei von vier. Die kurzfristigen Aussichten sind ebenfalls mies: In den nächsten zwölf Monaten erwartet fast jeder zweite Betrieb einen (weiteren) Rückgang und nur jeder vierte eine Besserung seiner Geschäfte. „Eine baldige konjunkturelle Erholung oder gar Rückkehr zum Vor-Krisen-Niveau sieht die Wirtschaft aktuell nicht“, fasst Diestler das Stimmungsbild zusammen.

Das Wiederhochfahren dauert

„Wir registrieren eine leichte Aufwärtsbewegung.“ Das Vorkrisen-Niveau, so seine Einschätzung, werde man aber frühestens Mitte 2021 erreichen. Rein technisch habe das Ganze mit einem Angebotsschock begonnen und sich dann komplett ausgeweitet, blickt Diestler zurück. „Wir sitzen in einer Falle“, sagt er. Ein Lockdown gehe binnen Tagen, das Wiederhochfahren dauere allerdings ungleich länger. Zumal etwa 20 bis 25 Prozent der Lieferketten nach wie vor gestört seien.

Es gibt kaum Lichtblicke

Es gibt momentan nicht viele Lichtblicke. Nach Auskunft der IHK gehören Gartenmärkte jedoch eindeutig dazu.
Es gibt momentan nicht viele Lichtblicke. Nach Auskunft der IHK gehören Gartenmärkte jedoch eindeutig dazu. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Der Kreis Mettmann ist dem Befund der Kammer zufolge besonders hart von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen, weil er so stark industriell geprägt sei. Das gelte nicht zuletzt für den Norden mit zahlreichen Zulieferer-Betrieben. „Von den Vorleistungsgüter-Produzenten, zu denen auch die Zulieferindustrie zählt, befindet sich kaum einer in einer guten Geschäftslage, aber mehr als 70 Prozent berichten von einer schlechten“, heißt es im Bericht. Die einzigen Lichtblicke seien die Bauwirtschaft und Teile des Handels, z. B. Lebensmittel oder Bau- und Gartenmärkte.

Auslastung teils unter 60 Prozent

Die Auslastung von Maschinen und Ausrüstungen im produzierenden Bereich ist auf unter zwei Drittel eingebrochen. Als dramatisch bewertet die IHK die Situation bei den Vorleistungsgüter-Produzenten: Ihr Auslastungsgrad sei nämlich sogar knapp unter die 60-Prozent-Marke gerutscht.

Investitionen werden gekürzt

Situation und Aussichten schlagen sich in den Investitionsplanungen nieder. Bei den Inlandsinvestitionen sind mit 39 Prozent der Nennungen die Betriebe mit Budgetkürzungen vorherrschend und in der Industrie sogar 48 Prozent. Die Hälfte aller Befragten senkt ihre Investitionsbudgets für die kommenden zwölf Monate. Lediglich ein Drittel will an seinem bislang geplanten Aufwand festhalten; nur zwölf Prozent wollen auch während der Corona-Krise stärker als zuvor an ihrem Standort im Neanderland investieren.

Personalabbau droht

Die Corona-Krise hat auch Folgen für den Arbeitsmarkt: 33 Prozent aller Teilnehmer der IHK-Umfrage erwägen, Personal abzubauen. In der Industrie sind dies 47 und bei den Vorleistungsgüterproduzenten sogar 57 Prozent.

Lediglich in der Bauwirtschaft sind die Pläne bislang ausgeglichen. „Noch schlagen sich die Kürzungsabsichten der Unternehmen nicht in den Arbeitslosenzahlen nieder, sondern werden kurzfristig gut durch die Kurzarbeit aufgefangen“, kommentiert Gerd H. Diestler.